Die Abnahme im Baurecht

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Die Abnahme bezeichnet im Allgemeinen im Werkrecht und Bauwerksrecht die

körperliche Hinnahme eines Werks.


Dies bedeutet, dass man im Großen und Ganzen das Bauwerk als erbracht ansieht. Es soll also im Wesentlichen die Hauptleistung des vereinbarten Werkvertrags erbracht worden sein.


Im Allgemeinen kann man sagen, dass die Abnahme des Werks im Bauwerksrecht dem Auftragnehmer, also dem Bauunternehmer, einen Vorteil bringt, während die Abnahme für den Auftraggeber in rechtlicher Hinsicht eine Verkürzung seiner rechtlichen Möglichkeiten bedeutet.


Das Gleiche gilt im Übrigen für das Handwerksrecht, also für kleinere Werkleistungen, die an Immobilien stattfinden.


Dem Grunde nach richtet sich die Abnahme nach § 640 BGB.


Modifiziert wird die Abnahme durch einige spezialgesetzliche Regelungen im Bauwerksrecht und in der VOB/B (Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B).


Vorliegend soll sich auf die Besonderheiten im Bauwerksrecht konzentriert werden, ohne Einbeziehung der konkreten Regelung aus der VOB/B. Diese werden ggf. in einem gesonderten Artikel dargestellt.


Anders als im normalen Werkrecht, geht es beim Bauwerksrecht speziell um die Errichtung von Bauwerken, also von Objekten, die fest mit dem Boden verbunden sind.


Die Abnahme eines Bauwerks kann auf mehrere Arten und Weisen erfolgen.


1.) Die ausdrückliche Abnahme

Die ausdrückliche Abnahme findet der Gestalt statt, dass zumeist der Auftragnehmer den Auftraggeber auffordert, die Abnahme bzgl. des erstellten Bauwerks oder bzgl. der Handwerksleistung zu erklären.


Die Abnahme kann dem Grunde nach formlos erklärt werden, sollte aber aus Beweisgründen immer schriftlich fixiert werden.


Häufig ist die Abnahme im Baurecht mit einer gemeinsamen Begehung des Bauwerks oder der erbrachten Handwerksleistung verbunden, dies ist allerdings nicht zwingend erforderlich. Empfehlenswert ist eine solche Begehung in jedem Fall. Zudem ist anzuraten, etwaige Mängel gemeinsam aufzunehmen und zu protokollieren.


2.) Die konkludente Abnahme

Die Abnahme kann auch durch schlüssiges Verhalten erfolgen.

Dies ist meist der Fall, wenn kleinere, handwerkliche Bauleistungen erbracht werden, bei welchen eine ausdrückliche Abnahme nicht immer üblich ist. Die Abnahme erfolgt hier dadurch, dass die Sache in Gebrauch genommen wird, also ihrem bestimmungsgemäßen Zweck zugeführt wird.


Der Zeitpunkt der konkreten Abnahme und ihrer Rechtswirkung wird dabei von Einzelfall zu Einzelfall bestimmt. So ist es zumeist so, dass nicht die Ingebrauchnahme selbst den Abnahmezeitpunkt darstellt, sondern dass erst durch den kontinuierlichen Gebrauch des Werks und nach Ablauf einer gewissen Zeit von einer konkludenten Abnahme zu sprechen ist.


Hintergrund ist, dass dem Auftraggeber bei der konkludenten Abnahme das Recht zugestanden wird, die Sache auch erst in Gebrauch zu nehmen und auszuprobieren.


3.) Die fiktive Abnahme

Gemäß § 640 Abs. 2 BGB kann der Auftragnehmer eine Fiktion der Abnahme herbeiführen.


Sollte der Auftraggeber sich, aus was für Gründen auch immer, gegen die Abnahme sperren, kann er dem Auftraggeber eine Frist zur Abnahme des Werkes gemäß § 640 Abs. 2 BGB setzen.


Nimmt der Auftraggeber innerhalb der gesetzten Frist nicht das Werk ab oder macht wesentliche Mängel geltend, dann tritt die Abnahmewirkung gemäß § 640 Abs 2 BGB trotzdem ein.


Gemeinsam haben alle oben dargestellten Abnahmen, dass die Abnahme nur aufgrund eines nicht unwesentlichen Mangels verweigert werden kann (vgl. § 640 Abs. 1 Satz 2 BGB). Mangel ist der Oberbegriff für Rechtsmängel und Sachmängel.


Ein Sachmangel liegt vor, wenn dem Werk die vereinbarte Beschaffenheit fehlt (§ 633 Abs. 2 Satz 1 BGB). Ist eine Beschaffenheit nicht vereinbart, so besteht ein Sachmangel, wenn das Werk sich nicht für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung eignet (§ 633 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BGB) oder wenn es sich nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet und es keine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die der Besteller nach der Art des Werkes erwarten kann (§ 633 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BGB).


Die Frage, wann ein Mangel wesentlich ist, ist von Einzelfall zu Einzelfall zu beantworten.

Grundsätzlich ist ein Mangel dann wesentlich, wenn der Mangelunwert eine gewisse Höhe im Vergleich zu dem Wert des gesamten Werts erreicht. Weiter ist ein Mangel dann wesentlich, wenn die bestimmungsmäßige Verwendung der Sache nicht gegeben ist oder wenn die Sache nicht ohne eine Gefährdung anderer Rechtsgüter verwendet werden kann.


Bezüglich des Bauwerksrechts bestimmt § 650g BGB noch, dass, soweit der Auftraggeber die Abnahme des Werkes ablehnt, der Auftragnehmer das Recht hat, eine Zustandsfeststellung mit dem Auftraggeber durchzuführen.

Auch hier besteht die Möglichkeit, den Auftraggeber dadurch unter Druck zu setzen, dass der Auftragnehmer ihm einseitig eine Frist setzt, bis wann die Zustandsfeststellung geschehen muss.


Nach Ablauf dieser Frist kann der Auftragnehmer die Zustandsfeststellung alleine durchführen.


Die Zustandsfeststellung hat ebenfalls eine vorteilhafte Wirkung für den Bauunternehmer bezüglich eines etwaigen, späteren Mangelprozesses.


Wirkung der Abnahme

Die Abnahme hat diverse rechtliche Wirkungen. Es sollen hier nur einige davon genannt werden:


Zum einen löst die Abnahme die endgültige Fälligkeit des Werklohnes aus.


Waren bis zur Abnahme Teil- und Ratenzahlungen vereinbart, wird mit der Abnahme die Schlussrechnung und damit die gesamte Summe fällig.


Der Bauunternehmer darf nach der Abnahme keine Teilrechnungen mehr stellen, sondern ist verpflichtet, eine Schlussrechnung zu stellen.


Gleichfalls beginnt die Verjährung mit der Abnahme, welche je nach hergestelltem Werk unterschiedlich sein kann.


Ebenso ist mit der Abnahme und nach Vorlage einer entsprechenden Rechnung der Werklohn verzinslich.


Weiter gehen teilweise die Mängelansprüche wegen nicht vorgehaltener Mängel verloren. An dieser Stelle sei angemerkt, dass es anscheinend ein großes Missverständnis bei der Wirkung der Abnahme bezüglich der Mängelrechte gibt. Der Auftraggeber verliert tatsächlich nur seine Mängelrügerechte bezüglich Mängeln, die ihm vor der Abnahme bekannt waren und die er nicht vorbehalten hat.


Nicht entscheidend ist, ob der Mangel von ihm vor Abnahme entdeckbar war oder nicht. Es kommt einzig auf die Frage an, ob der Auftraggeber den Mangel kannte oder nicht.


Insofern ist der Begriff „versteckter Mangel“ etwas missverständlich, da es nicht darum geht, ob der Mangel an sich versteckt war oder nicht, sondern ob der Auftraggeber diesen positiv zur Kenntnis genommen hat oder nicht.


Weiter geht das Risiko des zufälligen Untergangs über. Bis zur Abnahme ist der Werkunternehmer verpflichtet, das Werk, so wie es bestellt worden ist, herzustellen.


Dies bedeutet: Sollte das Werk zufällig untergehen, also von einem Blitz getroffen werden oder was im Baurecht wahrscheinlicher ist, dass ein anderer Handwerker bei der Herstellung seiner Gewerke die Leistung eines ebenfalls beauftragten Handwerkers beschädigt, so ist der Bauunternehmer grundsätzlich bis zur Abnahme verpflichtet, das Werk erneut herzustellen, was natürlich mit einer erheblichen finanziellen Belastung einhergehen kann.


Anders herum geht dieses Risiko des zufälligen Untergangs nach der Abnahme auf den Auftraggeber über.


Ebenfalls kehrt sich die Beweislast um. Während vor der Abnahme der Werkunternehmer beweisen muss, dass ein bestimmter Mangel nicht vorliegt, muss nach der Abnahme der Auftraggeber beweisen, dass ein bestimmter Mangel vorliegt.


Ggf. wird das hier dargestellte Recht durch die zwischen den Parteien vereinbarte VOB/B modifiziert. Hier wird in einem gesonderten Artikel drauf eingegangen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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