Die Ansprüche des Handelsvertreters nach einer fristlosen Kündigung des Handelsvertretervertrages

  • 3 Minuten Lesezeit

Die Kündigung des Handelsvertretervertrages ist ohne einen Kündigungsgrund jederzeit für beide Parteien möglich. 

Aber gilt dies auch für die außerordentliche Kündigung?

Wie sollte der Handelsvertreter auf eine fristlose Kündigung des Unternehmers reagieren?

Feststellungklage auf Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist:

Die gesetzlichen Kündigungsfristen sind in § 89 Abs. 1 HGB geregelt. Die Kündigungsfristen sind gestaffelt nach der Dauer des Handelsvertreterverhältnisses. Es handelt sich hierbei um Mindestkündigungsfristen, die vertraglich verlängert werden können. Eine Verkürzung der Kündigungsfrist ist deshalb nur dann möglich, wenn gemäß § 89a Abs. 1 HGB ein wichtiger Grund für die fristlose Kündigung vorliegt.

Durch die Abkürzung der Kündigungsfrist verliert der Handelsvertreter die Möglichkeit, bis zum Ende der regulären Laufzeit des Vertrages Provisionen zu erwirtschaften. Der Handelsvertreter muss deshalb auf eine fristlose Kündigung reagieren. Er kann eine Feststellungsklage erheben, die auf eine Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses erst zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist abzielt. Da für den Handelsvertreter kein gesetzlicher Kündigungsschutz gilt, muss er für die Klage auch nicht wie im Arbeitsverhältnis eine Klagefrist von drei Wochen einhalten.

Schadensersatzanspruch auf Zahlung entgangener Provisionen:

Des Weiteren steht dem Handelsvertreter ein Schadensersatzanspruch in Höhe der entgangenen Provisionsgewinne zu. Dies gilt für die Provisionen, die er aufgrund der fristlosen Kündigung nicht mehr innerhalb der Kündigungsfrist erwirtschaften konnte, sowie gegebenenfalls für nachlaufende Provisionen, die er noch nach der regulären Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses erzielt hätte.

Erfahrungsgemäß verlaufen gerichtliche Auseinandersetzungen im Handelsvertreterrecht über mehrere Monate oder sogar Jahre. Nachdem der Handelsvertreter die Klage auf Feststellung erhoben hat, dass der Vertrag erst innerhalb der ordentlichen Kündigungsfrist beendet wird, kann er deshalb auch noch zu einem späteren Zeitpunkt seine Provisionsansprüche als entgangener Gewinn im Wege einer Klageerweiterung geltend werden. Die Höhe der Provisionen kann dabei entweder prognostiziert oder aufgrund des bisherigen Durchschnitts geschätzt werden.

Ausgleichsanspruch:

Häufig zielen außerordentliche Kündigungen der Unternehmen darauf ab, das Entstehen eines Ausgleichsanspruches des Handelsvertreters zu verhindern. Dabei sind die Voraussetzungen der fristlosen Kündigung und des Ausschlusses des Ausgleichsanspruches  jedoch nicht identisch. Zur Verhinderung des Ausgleichsanspruches muss neben dem wichtigen Grund hinzukommen, dass die fristlose Kündigung durch ein schuldhaftes Verhalten des Handelsvertreters verursacht wurde. Die Darlegungs- und Beweislast trifft hierfür grundsätzlich der Unternehmer. Sofern der Unternehmer das schuldhafte Verhalten nicht nachweisen kann, steht deshalb dem Handelsvertreter der Ausgleichsanspruch zu.

Wichtig ist, dass der Ausgleichsanspruch innerhalb eines Jahres seit der Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses durch den Handelsvertreter geltend gemacht werden muss. Ansonsten verfällt der Ausgleichsanspruch. Unabhängig davon, ob die Kündigung des Unternehmers das Handelsvertreterverhältnis sofort oder erst innerhalb der ordentlichen Kündigungsfrist beendet, sollte der Handelsvertreter deshalb den Ausgleichsanspruch unverzüglich geltend machen. Eine vorzeitige Geltendmachung des Ausgleichsanspruches schadet dabei nicht, da das Vertragsende in jedem Falle absehbar ist.

Eine bestimmte Form ist für die Geltendmachung des Ausgleichsanspruches zwar nicht vorgeschrieben. Für den späteren Nachweis des Verlangens ist aber dringend zu raten, den Anspruch schriftlich einzufordern. Der Ausgleichsanspruch kann dann auch erst zu einem späteren Zeitpunkt eingeklagt werden. Bitte beachten Sie, dass der Ausgleichsanspruch innerhalb von drei Jahren verjähren kann.

Buchauszug:

In vielen Fällen ist es darüber hinaus ratsam, dass der Handelsvertreter auch seinen Buchauszug gemäß § 87c Abs. 2 HGB gegenüber dem Unternehmen einfordert. Die Erstellung des Buchauszuges ist für die Unternehmen meist aufwendig. Ein Anspruch auf die Erstellung eines Buchauszuges besteht aber nur dann, wenn die laufenden Provisionsabrechnungen nicht bereits die Anforderungen eines Buchauszuges erfüllt haben, und der Buchauszug für die Durchsetzung von offenstehenden Provisionsansprüchen erforderlich ist.

Tipps für die praktische Durchsetzung der Ansprüche:

Ich rate in jedem Falle dazu, die Klage auf Feststellung zu erheben, dass der Handelsvertretervertrag erst mit der ordentlichen Kündigungsfrist endet. Im Rahmen der Feststellungsklage wird das Gericht klären, ob überhaupt ein wichtiger Grund für die fristlose Kündigung vorliegt oder nicht. Sofern der wichtige Grund verneint wird, stehen dem Handelsvertreter auch die Provisionsansprüche und der Ausgleichsanspruch zu. Im Verlauf des Gerichtsverfahrens kann dann entschieden werden, ob die weiteren Ansprüche bereits gerichtlich geltend gemacht werden, oder Gegenstand einer vergleichsweisen Einigung sein können.

Sofern Sie in der Angelegenheit weitere Fragen haben, stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

Dr. Stefan Reiß, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht

www.mannheim-arbeitsrecht.com


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Dr. Stefan Reiss

Beiträge zum Thema