Die Berechnung der spanischen Wertzuwachssteuer ("Plusvalía municipal")

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Im Juli 2018 versetzte der spanische Oberste Gerichtshof Hunderten von Steuerzahlern einen echten Schock. Grund dafür war eine Entscheidung, die diejenigen Steuerzahler betraf,die die Rückzahlung der Wertzuwachssteuer für städtische Grundstücke aus Immobilienverkäufen sowohl mit Verlust als auch mit Gewinnbesser bekannt als städtische Wertzuwachssteuerbeantragt hatten oder dies zu tun beabsichtigten.

In seinem Urteil sprach sich das Gericht zugunsten der Städte und Gemeinden aus, für die ein gegenteiliges Urteil ein enormes finanzielles Problem bedeutet hätte, da sie sich einer durchschnittlichen Rückzahlung von 4.520 Euro pro Steuerpflichtigem hätten stellen müssen. Es steht jedoch eine weitere bedeutende Stellungnahme des Obersten Gerichtshofes aus, aus der sich neue Forderungen ergeben könnten.

Dabei geht es um das Rechtsmittel, mit dem – wie auch im Fall der Vermögensübertragungssteuer – die Formel in Frage gestellt wird, die von den Stadt- bzw. Gemeindeverwaltungen zur Berechnung dieser Steuer verwendet wird. Es könnte hierdurch zu einer Rückzahlung von bis zu 40 % der Steuern kommen, da die Steuer, so laut den Kritikern, „in sämtlichen Fällen nicht korrekt berechnet“ worden war.

Im Gesetz, in dem diese Steuer verankert ist – dem Gesetz über Lokale Finanzverwaltungen – wird ein objektives System zur Ermittlung der Berechnungsgrundlage festgelegt, das vom Verfassungsgericht und vom Obersten Gerichtshof als verfassungsrechtlich gültig betrachtet wird, sofern damit reelle oder potentielle finanzielle Kapazitäten besteuert werden. Wie die beiden Gerichte sind auch wir der Ansicht, dass das objektive Berechnungssystem vollkommen rechtskonform ist, da die Besteuerungsgrundlage unter Einbeziehung des Katasterwerts des Bodens zum Zeitpunkt der Fälligkeit mit den von den Stadt- bzw. Gemeindeverwaltungen festgesetzten Prozentanteilen ermittelt wird und dabei die Dauer des Eigentums in Jahren einbezogen wird.

Der spanische Oberste Gerichtshof muss sich nun zu der Methode äußern, die die Stadt- und Gemeindeverwaltungen in ganz Spanien zur Erhebung dieser Steuer einsetzen.

Das Gesetz lege jedoch nicht ausdrücklich fest, dass die mathematische Ermittlung der Wertzuwachssteuer anhand einer Multiplikation erfolgen muss. Wir sind der Ansicht, dass sich aus der Multiplikation nicht der Wertzuwachs über den Zeitraum des Eigentums der Immobilie ergibt, wie dies in der Definition des Tatbestands vorgegeben wird, bei dem es ja darum geht, eben diesen Wertzuwachs über die Eigentumsdauer hinweg zu besteuern.

Warum ist die Formel nicht korrekt? Nach Aussage der Experten wird die Besteuerungsgrundlage durch Multiplikation des Katasterwerts mit dem jeweiligen von der Stadt- bzw. Gemeindeverwaltung in ihrer entsprechenden Verordnung angegebenen Prozentsatz ermittelt. Aus diesen beiden Variablen ergibt sich der Wertzuwachs der Immobilie während der Eigentumsdauer. Tatsächlich wird aber mit der Formel zur Ermittlung der Besteuerungsgrundlage nicht der tatsächliche Wertzuwachs für die Eigentumsdauer berechnet, sondern der zukünftige Wertzuwachs.

Ein Rentner stellte die Formel in Frage

Im Rahmen des von einem Steuerpflichtigen eingelegten Rechtsmittels gab ein Richter im Jahre 2010 diesem Argument statt, weshalb ein Gericht in Cuenca eine Wertzuwachssteuerveranlagung widerrief, da es die von der Stadtverwaltung verwendete Berechnungsformel der Steuer für nicht korrekt hielt. Der Richter traf seine Entscheidung auf der Grundlage einervom Steuerpflichtigen selbst beigebrachten mathematischen Untersuchung, in der dieser angab, die mathematische Formel, anhand derer die Gemeinde- und Stadtverwaltungen den Wertzuwachs ermitteln, ergäbe den Wertzuwachs des Grundstücks in denkommenden Jahren, jedoch nicht in den Jahren, in denen die Immobilie sich im Vermögen des Steuerpflichtigen befand.

Bei dem Rechtsmittelführer handelt es sich um Antonio Escribano, einen Mathematiker und Architekten im Ruhestand mit Wohnsitz in der Stadt Cuenca,der in seinem Einspruch darauf verwies, dass aufgrund der zur Berechnung der Steuer verwendeten mathematischen Formel 40 % mehr Steuern als tatsächlich fällig erhoben werden. Escribano hatte im Jahr 2010 eine Zusatzveranlagung der Wertzuwachssteuer für den Verkauf einer Immobilie im Jahr 2005 erhalten. Die Stadtverwaltung verlangte darin einen zusätzlichen Betrag von knapp über 18.000 Euro von ihm. Damit begann eine gerichtliche Auseinandersetzung von zwei Jahren, die mit einem Sieg für ihn endete, als er von der Zahlung der geforderten 18.000 Euro freigesprochen wurde.

Im Jahre 2010 erhob ein Mathematiker und Architekt im Ruhestand mit Wohnsitz in der Stadt Cuenca Einspruch gegen die zur Berechnung dieser Steuer verwendeten mathematischen Formel, durch die 40 % mehr Steuern als tatsächlich angefallen erhoben werden.

Auf seinem Feldzug durch die Justiz überzeugte der 72-jährige Rentner zunächst das Verwaltungsgericht Nr. 1 von Cuenca und dann das Tribunal Superior de Justicia von Castilla-La Mancha. Er argumentierte hauptsächlich damit, dass es sich bei dem berechneten Wertzuwachs tatsächlich um den Wertzuwachs der kommenden Jahre handele und nicht um den der vergangenen. Um dies zu beweisen, zog er zahlreiche mathematische Formeln und Erklärungen heran, die die Rechtsanwälte der Stadtverwaltung Cuenca nicht widerlegen konnten.

Sein Argument wird nun vor dem Obersten Gerichtshof debattiert und kann zu einer Entscheidung führen, durch die erneut die Berechnung dieser Steuer durch die Stadt- und Gemeindeverwaltungen in ganz Spanien in Frage gestellt wird und sie zur Rückzahlung von Beträgen in Millionenhöhe verpflichtet werden können.

Mit der Methode wird der Wertzuwachs des Bodens für die kommenden 20 Jahre berechnet und nicht der der vergangenen 20 Jahre

Escribano hat damit die Stadt- und Gemeindeverwaltungen in ganz Spanien schachmatt gesetzt, da er mit seinen Argumenten eine ihrer Hauptfinanzierungsquellen in Gefahr gebracht hat. Tatsächlich hat das Urteil des Tribunal Superior de Justicia von Castilla-La Mancha anderen gerichtlichen Entscheidungen als Inspiration gedient und der „Schwarze Peter“ befindet sich nun auf der Seite des Obersten Gerichtshofes, der den Stadt- und Gemeindeverwaltungen vergangene Woche eine Verschnaufpause einräumte, als er erklärte, dass die Wertzuwachssteuer der Gemeinden nur in den Fällen zurückgefordert werden kann, in denen bei der Übertragung der Immobilie – durch Kauf aber auch durch Erbschaft – ein Verlust entstanden ist und dieser belegt werden kann.

Bis zu diesem Urteilsspruch des spanischen Obersten Gerichtshofes vergangene Woche hatten Hunderte von Steuerzahlern und Unternehmen die Rückzahlung dieser Steuer eingeklagt, und dies sogar in Fällen, in denen bei der Übertragung ein Gewinn entstanden war. Die Grundlage für die Forderung war die Verfassungswidrigkeit der besagten Artikel. Eine Verfassungswidrigkeit, die der Oberste Gerichtshof jetzt als nur teilweise korrekt betrachtet und die nur auf die Fälle zutrifft, in denen ein Verlust entstanden ist und nachgewiesen werden kann.

„Es kann auch weiterhin gerichtlich nicht nur die Wertzuwachssteuer mit Vermögensverlust bei der Übertragung geltend gemacht werden, sondern auch die, bei der trotz einem Vermögensgewinn anhand eines Sachverständigengutachtens belegt werden kann, dass der Wert des Bodens sich über die Dauer des Eigentums hinweg nicht erhöht hat“, so David García Vázquez, Verantwortlicher für Steuerfragen des Consultingunternehmens Ayming.

„Bis sich der Oberste Gerichtshof zu dieser Frage äußert, ist es empfehlenswert, sämtliche in den vergangenen vier Jahren abgeführten Selbstveranlagungen anzufechten, um deren Verjährung zu verhindern. So können die unrechtmäßig erhobenen Beträge größtenteils wiedererlangt werden. Die fehlerhafte Berechnung könnte zu 30 % mehr Rückforderungen führen“, erklärt García Vázquez.

Praktisches Beispiel

Wie bereits dargestellt ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt, dass es sich bei der Formel zur Berechnung des Wertzuwachses um eine Multiplikation handeln muss. Die Stadt- und Gemeindeverwaltungen gehen jedoch davon aus, dass dieser durch Multiplikation des Katasterwerts mit dem Gesamtprozentsatz des Zuwachses zu ermitteln ist.

Besteuerungsgrundlage = Katasterwert x (% Gesamtzuwachs)

Mit dieser Formel wird jedoch der Wertzuwachs des Vermögensgegenstandes in der Zukunft berechnet und nicht der, der im Laufe des Eigentumszeitraums entstanden ist.

Wie ist also dann der Wertzuwachs zu berechnen?

Bei reclamador.es wird die Ansicht vertreten, dass der Wertzuwachs über den Zeitraum des Eigentums der Immobilie mathematisch nicht mittels Multiplikation errechnet werden kann, was jedoch in der Definition des Tatbestands zur Besteuerung des Wertzuwachses über die Eigentumsdauer erfordert wird.

Die vom Webportal reclamador.es vorgeschlagene Formel gestaltet sich folgendermaßen:

Besteuerungsgrundlage = Katasterwert x (% Zuwachs)

                                                               1 + (% Zuwachs)

Praktisches Beispiel zur Erläuterung der fehlerhaften Formel

Im Juli 1984 erworbene Immobilie, die im November 2016 übertragen wurde.

Katasterwert der Immobilie: 270.339,38 Euro.

Besteuerungszeitraum: + de 20 Jahre.

Gesamtprozentsatz Zuwachs: 60 %.

Steuersatz: 29 %.

Zu zahlender Betrag = Besteuerungsgrundlage x Steuersatz.

Berechnung der Stadt- bzw. Gemeindeverwaltung

Besteuerungsgrundlage = Katasterwert x (% Gesamtzuwachs)

BG = 270.339,38 x 60 % = 162.203,63

Zu zahlender Betrag = 162.203,63 x 29 %

Zu zahlender Betrag = 47.039,05 Euro.

Berechnung reclamador.es

BG= Katasterwert x (% Zuwachs)

                  1 + (% Zuwachs)

BG= 270.339,38 x (60 %)

                   1 + (60 %)

BG = 101.377,27

Zu zahlender Betrag = 101.377,27 x 29 %

Zu zahlender Betrag = 29.399,41 Euro.

Die Differenz ist beträchtlich: 17.639,64 Euro (47.039,05 - 29.399,41), dies entspricht 37,5 % des gezahlten Betrags.



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