Dieselgate 2.0: VW ist im Abgasskandal zum Dieselmotor EA288 erneut verurteilt worden

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Die Volkswagen AG ist im zweiten Diesel-Abgasskandal um den Motor EA288 erneut zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt worden. Das Landgericht Aachen sah es mit Urteil vom 4. Mai 2021 als erwiesen an, dass in einem Golf VII 1,6 TDI zwei unzulässige Abschalteinrichtungen die Abgasreinigung des Motors manipulieren (Az. 10 O 353/20). Damit setzt sich die verbraucherfreundliche Trendwende an Gerichten fort. Zuvor hatten die Oberlandesgerichte Naumburg und Köln VW in Fällen zum EA288 ebenfalls verurteilt. 

Mit diesen neuen VW-Pleiten steigen nach Ansicht der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH die Erfolgsaussichten für Verbraucher vor Gericht enorm. Die Kanzlei gehört zu den führenden im Abgasskandal und rät von Dieselgate 2.0 betroffenen Verbrauchern zur anwaltlichen Beratung im kostenfreien Online-Check. Die Inhaber haben in der VW-Musterfeststellungsklage für 260.000 Verbraucher einen 830-Millionen-Euro-Vergleich ausverhandelt und damit Rechtsgeschichte geschrieben.

Landgericht Aachen erkennt im EA288 zwei Abschalteinrichtungen

VW kommt an Dieselgate 2.0 nicht mehr vorbei. Oberlandesgerichte und Landgerichte verurteilen derzeit den Autobauer aufgrund von Abgasmanipulationen. Betroffen ist das Nachfolgemodell des Skandal-Motors EA189 – der EA288. Mit einer Medienkampagne auf der Firmen-Website versucht VW derzeit, Stimmung gegen Verbraucheranwälte zu machen. Letztlich wirkt die Website scheinheilig und wie das Pfeifen im Wald. Denn anders als VW behauptet, wachsen die Chancen der Verbraucher enorm, ihre Ansprüche gegen den Autobauer vor Gericht durchzusetzen. Bereits zwei Oberlandesgerichte haben VW zum EA288 verurteilt. Die Zahl der verbraucherfreundlichen Urteile steigt monatlich an. Jüngstes Beispiel ist das aktuelle Urteil am Landgericht Aachen. Die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer hat hier die Eckdaten zum verbraucherfreundlichen Urteil zusammengefasst:

  • Der Kläger kaufte 2015 den VW Golf 1,6 TDI mit dem Dieselmotor EA 288 und der Abgasnorm Euro 5 als Neuwagen. Er bezahlte 23.097,55 Euro. Im März 2020 reichte der Verbraucher Klage gegen VW ein und verlangte die Rückabwicklung des Kaufvertrags.
  • Für das Modell liegt zwar kein Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) vor. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat jedoch generell klar gemacht, dass ein Rückruf nicht notwendig für eine Verurteilung ist.
  • Für das Landgericht stand außer Zweifel, dass der Golf mit dem EA288 über eine Prüfstandserkennung verfügt und darüber hinaus auf dem Prüfstand in einen anderen Modus schaltet. Beide Abschalteinrichtungen führen dazu, dass der Motor – ähnlich wie beim Skandalmotor EA189 – den Stickoxidausstoß reduziert. So kann auf dem Prüfstand die gesetzliche Abgasnorm eingehalten werden. Im Straßenverkehr wird dann die Umwelt verpestet und die Gesundheit der Menschen gefährdet.
  • Als Beweis für das Vorhandensein von Abschalteinrichtungen wertete das Gericht eine von der Klägerseite vorgelegte VW-interne Applikationsrichtlinie vom 18. November 2015. Daraus ergibt sich, dass sowohl NSK- und SCR-Technologie über eine Prüfstandserkennung verfügen. Auch ist in dem Dokument von „Umschalten“ die Rede. In der Urteilsbegründung des Gerichts heißt es dann wörtlich: „Die Beklagte hat (…) zugestanden, dass eine Prüfstandserkennung in allen EA288-Motoren verbaut sei, nicht nur bei den neueren Motoren mit NSK- und SCR-Technologie, sondern auch bei den älteren Modellen mit der früheren Abgasreduzierung, die nur die Abgasnorm Euro 5 erfüllen, wie es beim Klägerfahrzeug der Fall ist.“
  • Das Vorhandensein dieser im Verfahren diskutierten Fahrkurve hat VW auch unfreiwillig in einem Schriftsatz offenbart, der auch der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer vorliegt. Daraus lässt sich ablesen, dass VW auch im EA288 eine Strategie für die Einhaltung der Emissionsgrenzwerte entwickelt hat - allerdings ausschließlich auf dem Teststand. Diesen Umstand fand bereits das Landgericht Offenburg merkwürdig. In einem Verfahren der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer hat Audi letztlich diese Teststandserkennung beim EA288 nach langem Leugnen eingestanden und ist daraufhin verurteilt worden (Az. 3 O 38/18).
  • VW hat aus Sicht des Landgerichts nicht substantiiert erklären können, warum die Prüfstandserkennung auf die Abgasreinigung keinen Einfluss haben soll. Wenn dem so wäre, hätte die Prüfstandserkennung auch gar nicht verbaut werden müssen. Im Vergleich zum Klägervortrag war das dem Gericht zu wenig. Die vom Bundesgerichtshof aufgestellten und angewandten rechtlichen Grundsätze zum Skandalmotor EA189 von VW (Az. VI ZR 252/19) sind für das Gericht auch beim EA288 im vorliegenden Fall anwendbar.
  • Das Landgericht entschied daher, dass VW den Kläger vorsätzlich und sittenwidrig im Sinne von §826 BGB geschädigt hat. Der Kaufvertrag wird rückabgewickelt. Der Verbraucher muss sich jedoch eine Nutzungsentschädigung anrechnen lassen.
  • Die Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs setzte das Gericht auf 300.000 Kilometer fest.
  • Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Betroffene Fahrzeuge mit EA288-Motoren

In welchen Fahrzeugen verbaute die Volkswagen AG und ihre Töchterunternehmen den umstrittenen EA288-Motor? Hier ein Überblick:

Audi-Modelle

  • Audi A1 8X
  • Audi A3 8V
  • Audi A4 B8
  • Audi A4 B9
  • Audi A5 F5
  • Audi A6 C7
  • Audi Q2 GA

VW-Modelle

  • VW Arteon
  • VW CC
  • VW Beetle
  • VW Caddy
  • VW Crafter
  • VW Golf VII
  • VW Golf Sportsvan
  • VW Jetta VI
  • VW Passat B8
  • VW Polo V
  • VW Polo VI
  • VW Scirocco III
  • VW Sharan II
  • VW Tiguan
  • VW Tiguan II
  • VW Touran II
  • VW T-Roc
  • VW T6 (California)

Seat-Modelle

  • Seat Alhambra II
  • Seat Arona
  • Seat Ateca
  • Seat Ibiza
  • Seat Leon III
  • Seat Tarraco
  • Seat Toledo IV

Skoda-Modelle

  • Skoda Fabia III
  • Skoda Karoq
  • Skoda Kodiaq
  • Skoda Kodiaq RS
  • Skoda Octavia III
  • Skoda Rapid
  • Skoda Superb III

Dr. Stoll & Sauer führte Musterfeststellungsklage gegen VW mit an

Bei der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH handelt es sich um eine der führenden Kanzleien im Abgasskandal. Die Kanzlei ist unter anderem auf Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisiert und führte mehr als 10.000 Klagen gegen Banken und Fondsgesellschaften. Im Widerrufsrecht bezüglich Darlehensverträge wurden mehr als 5.000 Verbraucher beraten und vertreten. Daneben führt die Kanzlei mehr als 20.000 Gerichtsverfahren im Abgasskandal gegen Hersteller, Händler und die Bundesrepublik Deutschland bundesweit, konnte bereits tausende positive Urteile erstreiten und über 10.000 Vergleiche zugunsten der Verbraucher abschließen.

In dem renommierten JUVE Handbuch 2017/2018, 2018/2019 und 2019/2020 wird die Kanzlei in der Rubrik Konfliktlösung - Dispute Resolution, gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten besonders empfohlen für den Bereich Kapitalanlageprozesse (Anleger). Die Gesellschafter Dr. Ralf Stoll und Ralph Sauer führten in der RUSS Litigation Rechtsanwaltsgesellschaft mbH für den Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) außerdem die Musterfeststellungsklage gegen die Volkswagen AG, handelten für 260.000 Verbraucher einen 830-Millionen-Vergleich aus und schrieben mit Abschluss des Verfahrens am 30. April 2020 deutsche Rechtsgeschichte. Im JUVE Handbuch 2019/2020 wird die Kanzlei für ihre Kompetenz beim Management von Massenverfahren als marktprägend erwähnt.

Foto(s): Pixabay

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