Droht Lebensversicherungen nun eine Widerspruchswelle?

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Wie in der Vergangenheit bereits mehrfach berichtet droht Lebensversicherungsgesellschaften erhebliches Ungemach.

Der Bundesgerichtshof hat nunmehr in einer aktuellen Entscheidung vom 07.05.2014 – IV ZR 76/11 – festgestellt, dass Versicherungsnehmer, welche in Form sog. Policen-Modelle Lebens- und Rentenversicherungsverträge eingegangen sind, im Falle einer nicht ordnungsgemäßen Widerspruchsbelehrung bzw. einer nicht erfolgten Zusendung der Allgemeinen Versicherungsbedingungen oder der Verbraucherinformation den Versicherungsvertrag durch Widerspruch beseitigen und ihre Versicherungsprämien zurückverlangen können.

Dies erscheint insbesondere für Versicherungsnehmer eine Option zu sein, welche mit der Entwicklung ihres Vertrages unzufrieden sind.

Bei den sog. Policen-Modellen handelt es sich um Lebensversicherungsverträge, bei denen der Versicherungsnehmer einen Antrag auf Abschluss eines Versicherungsvertrages bei der Versicherungsgesellschaft einreicht und diese durch Zusendung der Police sowie der Allgemeinen Versicherungsbedingungen und der Verbraucherinformation die Annahme dieses Angebots erklärt, wobei das Zustandekommen des Versicherungsvertrages noch unter dem Vorbehalt steht, dass der Versicherungsnehmer nicht innerhalb der 14 tägigen Widerspruchsfrist sich von dem Vertrag durch Widerspruch löst.

Nachdem der EuGH bereits mit seiner Entscheidung vom 19.12.2013 die bis Ende 2007 geltende deutsche Gesetzesregelung für unwirksam erklärte, nach welcher das Widerspruchsrecht des Versicherungsnehmers spätestens ein Jahr nach erster Prämienzahlung erlischt, hat nun auch der BGH in Umsetzung dieser Rechtsprechung entschieden.

Ist ein Versicherungsnehmer nicht ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht aufgeklärt worden und/oder hat er die Versicherungsbedingungen oder eine Verbraucherinformation nicht erhalten, so gilt das Widerspruchsrecht fort. Er kann sich also auch noch nach Ablauf der Frist von seinem Vertrag lösen.

Eine zwischenzeitliche Kündigung steht der Ausübung des Widerspruchsrechts nicht entgegen, da der Versicherungsnehmer über sein Widerspruchsrecht nicht ausreichend belehrt worden ist und daher nicht ordnungsgemäß zwischen der Ausübung beider Rechte wählen konnte. Auch kommt es nicht zu einem Erlöschen des Widerspruchsrechts nach beidseitig vollständiger Leistungserbringung.

Der BGH lässt auch den Einwand einer Verwirkung nicht gelten, da aus dem Verhalten des Versicherungsnehmers regelmäßig nicht geschlossen werden könne, dass dieser nicht doch noch von seinem Widerspruchsrecht Gebrauch machen würde. Schließlich bestehe, so der BGH in seiner Urteilsbegründung, kein schutzwürdiges Vertrauen der Versicherungsgesellschaft, weil diese durch die unzutreffende Belehrung die Situation selbst herbeigeführt hat.

Mit Ausübung des Widerspruchs kann der Versicherungsnehmer die von ihm gezahlten Prämien zurückverlangen.

Inhaber von Lebensversicherungsverträgen sollten prüfen lassen, ob dieses Urteil auf ihren Versicherungsvertrag Anwendung findet und es ihn ihrem Fall wirtschaftlich sinnvoll ist, von dem Widerspruchsrecht Gebrauch zu machen.

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Rechtsanwalt Siegfried Reulein, Inhaber der KSR | Kanzlei Siegfried Reulein, ist seit mittlerweile 10 Jahren schwerpunktmäßig auf dem Gebiet des Bank- und Kapitalmarktrechts tätig. Er berät ausschließlich geschädigte Anleger und Bankkunden aus ganz Deutschland und vertritt deren Interessen vor Gerichten deutschlandweit insbesondere gegen Anlageberater, Banken und Sparkassen sowie Prospektverantwortliche. Dabei konnte er bereits für viele Mandanten Urteile vor Amts-, Land- und Oberlandesgerichten (auch schon durch den BGH bestätigt) sowie positive gerichtliche und außergerichtliche Vergleiche erstreiten.

Im Bereich des Kapitalanlagerechts ist Rechtsanwalt Reulein hauptsächlich mit der Geltendmachung von Ansprüchen im Zusammenhang mit der Vermittlung von geschlossenen Fondsanlagen (z. B. Schifffonds, Immobilienfonds, Film- und Medienfonds, Lebensversicherungsfonds), Genussrechten, (Mittelstands-)Anleihen, partiarischen Darlehen, atypisch stillen Gesellschaften sowie der Geltendmachung von Ansprüchen im Zusammenhang mit dem Kauf einer Schrottimmobilie und der Eingehung von Swap-Geschäften befasst. Im Bereich des Bankrechts berät und vertritt Rechtsanwalt Reulein in allen Fragen des Bankrechts, insbesondere im Zusammenhang mit dem Abschluss und der Beendigung von Darlehensverträgen. Daneben ist Rechtsanwalt Reulein in den Bereichen des Versicherungs- und des Erbrechts tätig.


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