Durch fingierten Tod des Angeklagten erschlichener Einstellungsbeschluss

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Auch ein Beschluss, durch den das Strafverfahren gem. § 206 a Abs. 2 StPO wegen der irrigen Annahme der tatsächlichen Voraussetzungen eines Verfahrenshindernisses eingestellt wurde, ist, jedenfalls dann, wenn der Irrtum durch eine dem Beschuldigten zurechenbare Täuschung verursacht worden ist, durch Beschluss des einstellenden Gerichtes aufzuheben und das Verfahren in diesem Fall in dem Verfahrensstand fortzusetzen, in welchem es sich vor der Einstellung befand.


Dies hat der BGH mit Beschluss vom 21.12.2007 (Aktenzeichen: 2 StR 485/06) in einem Fall entschieden, in dem während des Revisionsverfahrens eines u.a. wegen Urkundenfälschung und Betruges Angeklagten ein Schreiben bei Gericht einging, welchem eine Sterbeurkunde des Angeklagten beigefügt war. Daraufhin stellte der Senat das Verfahren wegen Eintritts eines Verfahrenshindernisses gem. § 206 a Abs. 1 StPO ein.


Weitere Ermittlungen der Staatsanwaltschaft hingegen ergaben, dass die Sterbeurkunde mit Hilfe einer gefälschten Todesbescheinigung erlangt wurde und der Angeklagte tatsächlich nicht verstorben, sondern lediglich flüchtig war. Daraufhin wurde u.a. gegen ihn ein Ermittlungsverfahren u.a. wegen Betrugs und Urkundenfälschung eingeleitet. Der Senat hingegen hob seinen Einstellungsbeschluss wieder auf und setzte das Revisionsverfahren fort. Maßgebend hierfür war, dass der Irrtum über die tatsächlichen Voraussetzungen eines Verfahrenshindernisses durch ein täuschendes Verhalten des Beschuldigten selbst, jedenfalls ein diesem zuzurechnendes täuschendes Verhalten eines Dritten verursacht worden war. Hierbei erachtete der BGH es als erwiesen, dass das angenommene Verfahrenshindernis tatsächlich nicht vorlag. Die entweder von dem Vater des Angeklagten oder unter dessen Namen von diesem selbst vorgelegte Todesbescheinigung des angeblichen Arztes war eine Fälschung. Eine Durchbrechung der Rechtskraft war hiernach nach dem Rechtsgedanken des § 362 StPO zulässig, aber auch geboten. § 362 StPO lässt die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens zuungunsten des Angeklagten u.a. dann zu, wenn eine in der Hauptverhandlung zugunsten des Angeklagten als echt vorgebrachte Urkunde unecht oder verfälscht war oder die Entscheidung sonst auf der Grundlage von Beweisergebnissen erfolgte, die sich nachträglich als auf täuschungsbedingt unrichtig erwiesen haben. Gleiches gilt nach Auffassung des BGH in dem vorliegenden Fall einer durch Täuschung herbeigeführten Verfahrensbeendigung durch Prozessentscheidung. Auch wenn eine ausdrückliche Regelung hierüber fehle, könne ein solcher Beschluss keine weiterreichende Rechtskraft Wirkung haben als ein freisprechendes oder verfahrenseinstellendes Urteil. Bereits in der Vergangenheit war dem Angeklagten eine Vielzahl von Fällen mit gefälschten, angeblich von Amtsträgern, Rechtsanwälten oder Verfahrensbeteiligten herrührenden Urkunden versucht worden, Einfluss auf verschiedene Strafverfahren zu nehmen. Einen Vertrauenstatbestand vermochte der Angeklagte aus dem vorangehenden Einstellungsbeschluss daher nicht für sich in Anspruch zu nehmen.


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