Eigentumszuordnung nach Abriss eines Überbaus

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Bei einem zu duldenden Überbau führt der vollständige Abbruch des Gebäudes auf dem Stammgrundstück „nur“ dazu, dass die Duldungspflicht des Nachbarn entfällt. Dagegen bleibt die eigentumsrechtliche Zuordnung des auf dem Nachbargrundstück befindlichen Gebäudeteils zum Stammgrundstück unverändert.


Dem Urteil des BGH vom 10.07.2020 – V ZR 156/19 – lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Auf dem Grundstück der Klägerin war im Jahr 1989 ein sog. Versuchsplattenbau errichtet worden, von dessen insgesamt 10 Segmenten sich 3 auf dem benachbarten Grundstück befanden, u.a. die Wohnung der Beklagten im Erd- und Kellergeschoss, deren Herausgabe sie verweigerte. Nach Aufteilung in Wohnungseigentum und Abriss der Plattenbausegmente auf ihrem Grundstück verlangte die Klägerin die Herausgabe der Wohnung in dem nicht abgerissenen Plattenbaurest.


Der BGH bejahte einen solchen Anspruch aus § 985 BGB. Insbesondere war der gesamte Plattenbau wesentlicher Bestandteil dieses Grundstückes und stand damit im Eigentum der Klägerin, die ihr Eigentum hieran auch nicht mit dem Abbruch der Plattenbausegmente verloren hatte. Bei einem – wie hier – sog. entschuldigten Überbau führt der Wegfall der Zweckbestimmung durch den Abbruch des Gebäudes auf dem Stammgrundstück nicht zum Verlust des Eigentums. Der vor der Wiedervereinigung entstandene Gebäudeteil ist ein nach wie vor zu duldender Überbau. Sowohl aus baulicher als auch funktionaler Sicht stellte der Versuchsbau ein einheitliches Gebäude dar. Zwar können die Vorschriften über die Duldungsverpflichtung ihren Zweck nicht mehr erfüllen, weil der in dem Gebäude verkörperte wirtschaftliche Wert, der hierdurch gerade vor einer Zerschlagung geschützt werden soll, beseitigt wird. Dies hat indes allein den Wegfall der Duldungspflicht zur Folge, ist jedoch auf die eigentumsrechtliche Zuordnung ohne Einfluss. Nur durch den Fortbestand dieser sachenrechtlichen Zuordnung ist auch gesichert, dass der Eigentümer des Stammgrundstückes für den Abbruch verantwortlich bleibt und diesen auch realisieren kann (§ 903 BGB).


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