Ermittlungsverfahren: Vorladung erhalten – Muss ich zur Polizei?

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In der Regel keine Pflicht zum Erscheinen

Eine Vorladung ist die Aufforderung, zum Zwecke einer Vernehmung persönlich vor der Polizei, einem Richter oder der Staatsanwaltschaft zu erscheinen. Oftmals wird irrtümlich angenommen, als Beschuldigter müsse man einer Vorladung der Polizei Folge leisten. Das ist eindeutig falsch. Eine Pflicht zum Erscheinen besteht nur dann, wenn Sie die Staatsanwaltschaft oder der Ermittlungsrichter zur Vernehmung vorgeladen hat.

Keine Aussage ohne vorherige Befragung eines Anwalts

Unabhängig von der Frage, ob Sie auf eine Vorladung erscheinen müssen oder nicht, haben Sie als Beschuldigter immer das Recht zu schweigen, egal ob Sie sich einem Polizisten, Staatsanwalt oder Richter gegenübersehen. Von diesem Recht sollten Sie unbedingt und umfassend Gebrauch machen, solange Sie nicht einen Verteidiger befragt und mit diesem das Vorgehen abgestimmt haben. Umfassend bedeutet: mit Ausnahme Ihrer Personalien (Namen, Geburtsdatum und Geburtsort, Staatsangehörigkeit, Familienstand, Meldeanschrift, Beruf), zu denen Sie verpflichtet sind Angaben zu machen, sagen Sie gar nichts, weder zur Sache noch zu ihren persönlichen und finanziellen Verhältnissen. Das Gleiche gilt übrigens auch, wenn Sie schriftlich vernommen werden sollen und Ihnen die Polizei einen Anhörungsbogen zuschickt. Antworten Sie auch auf diesen Anhörungsbogen nicht!

Der Impuls, den Tatvorwurf schnellstmöglich aus der Welt räumen zu wollen, ist nachvollziehbar und allzu menschlich. Die auf Vernehmungstechnik geschulten Ermittlungsbeamten kennen und versuchen ihn gezielt auszunutzen. Bleiben Sie in dieser schwierigen Situation dennoch standhaft und bestehen Sie auf Ihr Schweigerecht auch dann, wenn Sie glauben, der Vorwurf ließe sich in Ihrem Fall einfach entkräften.

An dieser Stelle Fehler zu machen, kann Sie teuer zu stehen kommen. Im schlimmsten Falle tragen Sie durch eine unbedachte Einlassung zu Ihrer eigenen Überführung selbst aktiv bei. Ob bestimmte Einlassungen klug oder unklug sind, kann zu diesem Zeitpunkt, ohne Kenntnis der Ermittlungsakte, niemand hinreichend zuverlässig abschätzen.

Zumindest Ersteinschätzung von Anwalt einholen

Nachdem Sie (in der Regel durch die Vorladung) erfahren haben, dass Ermittlungen gegen Sie laufen, sollten Sie nicht länger zuwarten und einen Verteidiger befragen. Vereinbaren Sie zumindest ein Erstgespräch, um abzuklären, ob eine umgehende anwaltliche Intervention bereits im Ermittlungsverfahren angezeigt ist (Regelfall).

Vorgehen bei Beauftragung

Im Falle meiner Beauftragung sage ich den Vernehmungstermin für Sie ab und beantrage Akteneinsicht. Nach Eingang der Akte studiere ich diese und werte entlastende Indizien sowie Schwachstellen in den Ermittlungen aus. Anschließend besprechen wir das Ergebnis gemeinsam, um eine Verteidigungsstrategie abzustimmen. Dabei erörtern wir selbstverständlich auch die Frage, ob Sie sich – nunmehr in Kenntnis der Ermittlungsakte – zum Tatvorwurf äußern oder besser auch weiterhin von Ihrem Schweigerecht Gebrauch machen sollten.


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