Filesharingverfahren: LG Oldenburg zu den Nachforschungspflichten eines Anschlussinhabers

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Landgericht Oldenburg, Beschluss vom 28.08.2018, Az. 5 S 182/18

Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen

Der in erster Instanz vor dem Amtsgericht Oldenburg in Anspruch genommene Anschlussinhaber behauptete, den streitgegenständlichen Film nicht in einer Tauschbörse veröffentlicht zu haben. Er sei in dem streitgegenständlichen Zeitraum nicht zu Hause gewesen. Vielmehr hätten sich seine beiden volljährigen Kinder in seiner Wohnung aufgehalten, die auch grundsätzlich Zugang zu seinem Internetanschluss gehabt hätten. Diese habe er befragt, ob sie die Rechtsverletzung begangen hätten, was beide jedoch verneint hätten. Daher käme seiner Ansicht nach nur ein unbekannter Dritter als Täter in Betracht. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung behauptete er sodann ohne weitere konkrete Ausführungen, es käme ggf. eines der beiden Kinder als Täter der Rechtsverletzung in Betracht. Weiterhin bestritt der Beklagte auch die korrekte Ermittlung der Rechtsverletzung sowie die Zuordnung der IP-Adresse zu seinem Anschluss.

Das Amtsgericht Oldenburg gab der Klage der Rechteinhaberin vollumfänglich statt (AG Oldenburg vom 07.06.2018, Az. 1 C 1000/18).

Der Beklagte habe zunächst keine konkreten Anhaltspunkte dargelegt, die für eine fehlerhafte Ermittlung des Anschlusses oder Zuordnung der IP-Adresse sprechen könnten. Insoweit hätte es dem Beklagten oblegen, „konkrete Zweifel an der Richtigkeit des Ermittlungsergebnisses darzulegen“, was nicht der Fall gewesen sei.

Zudem bewertete das Amtsgericht den Vortrag zur Haftung des Beklagten als nicht ausreichend zur Erfüllung der sekundären Darlegungslast. Der Einwand, er sei nicht zu Hause gewesen, wurde vom Amtsgericht als „unerheblich“ angesehen, da die entsprechenden Programme keine Anwesenheit des Anschlussinhabers erfordern“.

Hinsichtlich der möglichen Täterschaft Dritter habe er zwar vorgetragen, seine beiden volljährigen Kinder seien zu Hause gewesen und hätten grundsätzlich Zugriff auf den Internetanschluss gehabt. Darüber hinaus mangele es jedoch an konkreten Anhaltspunkten, warum die Kinder auch tatsächlich als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen könnten. Dies gelte umso mehr, als die Kinder ihre eigene Verantwortlichkeit abgestritten hätten.

„Der Beklagte hat damit seiner sekundären Darlegungslast nicht entsprochen und keine konkreten Anhaltspunkte aufgezeigt, die einen abweichenden Geschehensablauf in Form der Alleintäterschaft eines Dritten mindestens ebenso wahrscheinlich wie seine eigene Täterschaft erscheinen lassen.

Die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt des Anschlussinhabers lebenden Dritten oder auch weiteren Dritten auf seinen Internetanschluss ist nicht ausreichend, um die sekundäre Darlegungslast zu erfüllen.“

Der nach Schluss der mündlichen Verhandlung erfolgte Vortrag, es käme das eine oder das andere Kind als Täter in Betracht, wurde als verspätet zurückgewiesen.

Den geltend gemachten Schadenersatz in Höhe von EUR 1.000,00 erachtete das Amtsgericht für angemessen.

Das Amtsgericht verurteilte den Beklagten daher antragsgemäß zur Zahlung von Schadenersatz, zum Ersatz der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten sowie zur Übernahme der gesamten Verfahrenskosten.

Der Beklagte legte gegen dieses Urteil Berufung zum Landgericht Oldenburg ein und rügte, das Amtsgericht habe bei seiner Entscheidung einen unrichtigen Maßstab in Bezug auf die Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast angelegt.

Das Landgericht Oldenburg erteilte hierauf einen umfassenden Hinweis nach § 522 Absatz 2 ZPO und bestätigte, dass der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast nicht in ausreichendem Maße nachgekommen sei. Die Täterschaft des Beklagten sei daher tatsächlich zu vermuten.

„Die übrigen Darlegungen des Beklagten reichen nach den obigen Vorgaben der Rechtsprechung indes nicht aus, um die sekundäre Darlegungslast hier als erfüllt anzusehen, mit der Folge, dass es bei der Tätervermutung bleibt. Es fehlt hier insbesondere an hinreichenden Darlegungen des Beklagten zu eigenen Nachforschungen nach Bekanntwerden des Verstoßes. Der Beklagte hat erstinstanzlich bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung insoweit lediglich vorgetragen, er selbst sei zum fraglichen Zeitpunkt nicht zu Hause gewesen.

Der Internetzugang – soweit der Zugriff über WLAN erfolgte – sei passwortgesichert gewesen. Angaben dazu, welche Endgeräte für die Internetnutzung zur Tatzeit im Haushalt des Beklagten vorhanden waren, fehlen. Es fehlt auch an erheblichem Vortrag zur Frage, ob auf den Geräten des Beklagten Filesharing-Software installiert gewesen ist und ob und mit welchem Ergebnis er seine eigenen Endgeräte nach Bekanntwerden des vorgeworfenen Urheberrechtsverstoßes überprüft hat.“

Die Kammer beabsichtigte daher, die Berufung durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

Der Beklagte nahm aufgrund dieses klaren Hinweises seine Berufung zurück und hat nunmehr auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

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