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Schwerbehinderung - was Sie wissen und beachten müssen!

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Schwerbehinderung - was Sie wissen und beachten müssen!

Was ist eine Schwerbehinderung?

Eine gesetzliche Definition zum Begriff „Behinderung“ findet sich in § 2 Abs. 1 und 2 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX). Dort ist festgelegt: „Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Sie sind von Behinderung bedroht, wenn die Beeinträchtigung zu erwarten ist.“

Dies schließt nicht nur offensichtliche körperliche Behinderungen ein. Auch schwere chronische sowie seelische bzw. psychische Erkrankungen können als Behinderung gelten. Eine Schwerbehinderung liegt immer dann vor, wenn der Grad der Behinderung 50 oder mehr beträgt.

Laut Zahlen des Statistischen Bundesamts gab es im Juni 2018 in Deutschland insgesamt 7,8 Millionen Menschen mit Schwerbehinderung. Nur wenige davon – etwa 3 Prozent – haben diese Behinderung bereits seit ihrer Geburt. In 88 Prozent der Fälle entsteht eine Behinderung durch Krankheit, in nur zwei Prozent der Fälle durch einen Unfall. Fast die Hälfte (44 Prozent) aller Menschen mit Schwerbehinderung in Deutschland sind zwischen 55 und 75 Jahre alt.

Grad der Behinderung – GdB

Der sogenannte Grad der Behinderung, kurz GdB, drückt die Schwere einer Behinderung aus. Er wird in Zahlen zwischen 20 und 100 angegeben und ist in Zehnerschritten gestaffelt. Wichtig: Dabei handelt es sich nicht um Prozentangaben. Es heißt also z. B. nicht „ein GdB von 50 Prozent“, sondern richtig „ein GdB von 50“.

Der GdB wird anhand eines ärztlichen Gutachtens durch das Versorgungsamt festgelegt. Liegen bei einer Person verschiedene Beeinträchtigungen vor, wird daraus ein Gesamt-GdB berechnet. Der GdB kann sich im Laufe eines Lebens ändern. In dem Fall ist eine Überprüfung und erneute Feststellung möglich. Es kommt dabei sowohl eine Verbesserung als auch eine Verschlechterung in Betracht.

Alle Personen mit einem GdB von mindestens 50 gelten als schwerbehindert.

Gleichstellung

Für Personen, deren GdB weniger als 50, aber mindestens 30 beträgt, ist eine sogenannte Gleichstellung möglich. Sie können also in bestimmter Hinsicht mit schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden und entsprechende Ansprüche geltend machen.

Die Gleichstellung muss beim Versorgungsamt der Agentur der Arbeit beantragt werden. Wird sie anerkannt, bekommt man einen Feststellungsbescheid. Möglich ist die Gleichstellung immer dann, wenn man ohne sie aufgrund der Behinderung keinen Arbeitsplatz bekommen würde oder ein bestehendes Arbeitsverhältnis verlieren könnte.

Nach erfolgter Gleichstellung können betroffene Personen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gemäß dem Schwerbehindertenrecht in Anspruch nehmen. Dazu gehören z. B. besonderer Kündigungsschutz und das Recht, die Schwerbehindertenvertretung mitzuwählen. Keinen Anspruch haben Gleichgestellte – im Gegensatz zu Schwerbehinderten – hingegen auf Zusatzurlaub oder eine vorgezogene Altersrente.

Versorgungsmedizinische Grundsätze

Die versorgungsmedizinischen Grundsätze sind die wichtigste Grundlage zur Berechnung des GdB. Die sogenannte Versorgungsmedizin-Verordnung mit den versorgungsmedizinischen Grundsätzen gilt seit 1. Januar 2009. Wichtig zu wissen ist aber, dass die darin enthaltenen Kriterien nur einen Rahmen zur Orientierung bilden sollen. Die Höhe des GdB ist immer vom Einzelfall abhängig und seine Berechnung erfolgt stets individuell.

Schwerbehindertenausweis

Der Schwerbehindertenausweis dient als offizieller Nachweis dafür, dass eine Person eine Schwerbehinderung hat. Ab einem GdB von 50 wird er vom Versorgungsamt ausgestellt und enthält sowohl die Höhe des GdB als auch die für die Person zutreffenden Merkzeichen:

GBewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich eingeschränkt
aGAußergewöhnliche Gehbehinderung
HHilflos
BlBlind
GlGehörlos
BBerechtigt zur Mitnahme einer Begleitperson
RFRundfunkbeitragsermäßigung und Telefongebührenermäßigung möglich
1. KlBerechtigt zur Nutzung der ersten Klasse der Deutschen Bahn mit Fahrkarte für die zweite Klasse (nur bei Versorgungsempfängern nach Bundesversorgungsgesetz oder Bundesentschädigungsgesetz)
TBlTaubblind

Der Ausweis wird im Scheckkartenformat ausgestellt. In Braille-Schrift ist auf ihm die Buchstabenfolge „sch-b-a“ zu lesen. Er hat im Normalfall eine grüne Grundfarbe. Ein grün-oranger Ausweis zeigt an, dass die Person berechtigt ist, den öffentlichen Personenverkehr kostenlos zu nutzen.

Ausgleichsabgabe

Arbeitgeber, die mehr als 20 Arbeitsplätze haben, sind in Deutschland verpflichtet, mindestens fünf Prozent davon für Schwerbehinderte bereitzustellen. Tun sie das nicht, müssen sie als Kompensation eine monatliche Ausgleichsabgabe zahlen. Liegt die Erfüllungsquote bei drei bis unter fünf Prozent, beträgt diese 125 Euro. Zwischen zwei und drei Prozent liegt sie bei 220 Euro, unter 2 Prozent bei 320 Euro.

Der Großteil dieser Gelder (80 Prozent) fließt den Integrationsämtern der Bundesländer zu. 16 Prozent gehen an die Bundesagentur für Arbeit, die damit besondere Leistungen für schwerbehinderte Menschen finanziert. Die verbleibenden vier Prozent erhält der Ausgleichsfonds beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Dieser setzt das Geld u. a. für Projekte zur Teilhabe schwerbehinderter Personen am Arbeitsleben ein.

Nachteilsausgleiche: Welche Rechte haben Schwerbehinderte?

Schwerbehinderte haben Anspruch auf bestimmte Leistungen. Diese müssen jedoch in der Regel beantragt werden. Meist ist dafür außerdem die Vorlage des Schwerbehindertenausweises notwendig. Folgende Rechte kommen u. a. infrage:

Vorzeitige RenteSchwerbehinderte können zwei Jahre früher in Altersrente gehen. Voraussetzung ist jedoch, dass sie mindestens 35 Jahre in die Rentenkasse eingezahlt haben.
ArbeitsverhältnisGemäß den §§ 85–92 SGB IX genießen Schwerbehinderte besonderen Kündigungsschutz. Außerdem haben sie Anspruch auf fünf Tage zusätzlichen Urlaub im Jahr.
ErmäßigungenGegen Vorlage des Schwerbehindertenausweises zahlen Betroffene meist einen ermäßigten Eintrittspreis, z. B. im Museum, Theater oder Kino.
KindergeldSchwerbehinderte, deren Behinderung bereits vor dem 25. Lebensjahr eingetreten ist und die nicht für ihren eigenen Lebensunterhalt aufkommen können, haben auch nach dem 25. Lebensjahr Anspruch auf Kindergeld.
RundfunkbeitragTaubblinde Menschen und Empfänger von Blindenhilfe sind von der Rundfunkgebühr befreit. Schwerbehinderte mit dem Merkzeichen RF müssen pro Monat nur 5,83 Euro zahlen.
StudiumDie BAföG-Förderungshöchstdauer gilt für Schwerbehinderte nicht. Sie können BAföG über einen längeren Zeitraum als regulär erhalten. Die maximale Dauer ist gesetzlich nicht festgelegt.
PostSehbehinderte Menschen haben die Möglichkeit, sogenannte Blindensendungen zu versenden. Sowohl im In- als auch im Ausland dürfen sie Schriftstücke in Brailleschrift kostenlos verschicken.
SonstigesInfrage kommen außerdem z. B. steuerliche Erleichterungen, Parkerleichterungen, Mehrbedarf bei Sozialhilfe oder Ermäßigungen im öffentlichen Personenverkehr.
Foto(s): ©Pixabay/Stefan_Schranz

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