„Gelegentlicher“ Cannabiskonsum und Fahrerlaubnisentziehung

  • 4 Minuten Lesezeit

Die Voraussetzungen für eine Fahrerlaubnisentziehung bei Einnahme von Cannabis unterscheiden sich je nach Häufigkeit des Cannabiskonsums:

  • Bei regelmäßiger Einnahme von Cannabis ist Fahreignung regelmäßig ausgeschlossen und die Fahrerlaubnis wird ohne Anordnung eines Gutachtens entzogen.
  • Bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis liegt keine Fahrungeeignetheit vor, wenn der Konsum von Cannabis und Fahren getrennt werden kann.
  • Die einmalige Einnahme (einmaliger experimenteller Gebrauch) von Cannabis ist fahrerlaubnisrechtlich irrelevant und führt in keinem Fall zur Fahrungeeignetheit.

Wann liegt gelegentliche Einnahme von Cannabis vor?

Weder in der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) noch in der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung wird definiert, wann ein gelegentlicher Konsum von Cannabis vorliegt. Die Rechtsprechung geht davon aus, dass gelegentlicher Cannabiskonsum jedenfalls dann vorliegt, wenn dieses Betäubungsmittel öfter als in der Form eines einmaligen experimentellen Gebrauchs, aber weniger als regelmäßig eingenommen wird. Daraus folgt, dass bereits ein zweimaliger Cannabiskonsum ausreicht, um die Schwelle zur Gelegentlichkeit zu überschreiten.  

Wann kann zwischen Cannabiskonsum und Fahren nicht getrennt werden?

Bei gelegentlicher Cannabiseinnahme liegt fehlendes Trennungsvermögen – und damit Fahrungeeignetheit – vor, wenn ein Fahrzeug unter (fahreignungsrelevantem) Einfluss von Cannabis geführt wird. Eine Drogenfahrt in diesem Sinne ist gegeben, wenn eine THC-Konzentration von 1,0 ng/ml und mehr im Blutserum festgestellt wird.

Also Kurzfassung: Wenn Sie Auto fahren und Cannabis geraucht haben, liegt fehlendes Trennungsvermögen zwischen Fahren und Drogenkonsum regelmäßig vor. Dann steht die Fahrerlaubnisentziehung schon mal vor der Tür.

Was also tun?

In dem Fall des Führens eines Kraftfahrzeugs unter Cannabiseinfluss und einer THC-Konzentration von mindestens 1,0 ng/ml im Blut (was fast immer der Fall sein dürfte), können Sie sich immer noch auf einen einmaligen, experimentellen Cannabiskonsum berufen, der im Fahrerlaubnisrecht ohne Relevanz ist. Einmaliger (Probier-)Konsum bleibt folgenlos, da keine Wiederholungsgefahr besteht und davon keine Gefahr für die Verkehrssicherheit ausgeht.

Wichtig: Sie sollten daher keine Auskunft über Ihr Konsumverhalten geben. Machen Sie auch auf Nachfrage von Polizeibeamten keine Angaben darüber, dass Sie „schon mal“ oder „ab und zu“ Gras rauchen oder Ähnliches. Machen Sie am besten gar keine Angaben und berufen Sie sich auf Ihr Aussageverweigerungsrecht!

Lediglich die Behauptung des einmaligen Konsums reicht in manchen Fällen aber nicht aus, um seine Fahrerlaubnis zu behalten. So einfach ist es dann doch nicht und so „dumm“ sind die Behörden oder Gerichte natürlich nicht. 

Nachweis des gelegentlichen Cannabiskonsums durch Blutuntersuchung

Bei anlassbezogener Blutprobe, also zeitnah zur Verkehrsteilnahme (z.B. direkt nachdem Sie in eine Polizeikontrolle geraten sind), sieht die Rechtsprechung gelegentlichen Cannabiskonsum bei einem THC-COOH-Wert von mehr als 100 ng/ml im Blutserum ohne weitere Aufklärungsmaßnahmen als gegeben an.

Bei einem THC-COOH-Wert von unter 100 ng/ml im Blutserum ist die Abgrenzung zwischen einmaligen und gelegentlichen nicht so einfach möglich. Allerdings kann sich die gelegentliche Einnahme von Cannabis dann aus weiteren Tatsachen ergeben. Tatsachen, die dann auf einen gelegentlichen Konsum schließen lassen sind z.B. herumliegende angerauchte Joints im Aschenbecher, Aschereste von einem Joint, natürlich aufgefundenes Cannabis selbst oder dazugehörige Konsumutensilien. Diese Umstände können dann aussagekräftige Anhaltspunkte für mehrmaligem Konsum sein.

Also: Auch wenn Sie sonst nicht besonders ordnungsliebend sind, sollten Sie solche Hinweise auf Cannabiskonsum nicht offen herumliegen lassen. Der Aschenbecher sollte möglichst nicht vor Joints über quellen und die Aschereste davon überall verteilt sein.  

Gelegentlicher Cannabiskonsum bei weit auseinanderliegenden Konsumvorgängen

Nicht einheitlich beantwortet die Rechtsprechung die Frage, wann gelegentlicher Cannabiskonsum noch angenommen werden kann, wenn die Konsumvorgänge weit auseinanderliegen. Werden Sie also jetzt bei einer Drogenfahrt erwischt und haben lediglich vor Jahren zuletzt Cannabis eingenommen, kann durchaus noch gelegentlicher Konsum angenommen werden. Auch wenn die Einnahmen von Cannabis also Jahre auseinanderliegen, können sie fahrerlaubnistechnisch im Zusammenhang stehen und die Gelegentlichkeit begründen, die zur Entziehung der Fahrerlaubnis führt.

Wichtig wird die Frage, wenn Sie bereits das zweite Mal bei einer Fahrt unter Drogeneinfluss erwischt werden.

Wann der Relevanzzusammenhang zwischen den Konsumhandlungen unterbrochen wird, ist auf jeden Fall nicht an einer starren zeitlichen Grenze festzumachen. Ausreichend ist daher nicht, dass zwischen den Konsumvorgängen mehrere Jahre liegen um Gelegentlichkeit zu verneinen. In einer aktuellen Entscheidung des Verwaltungsgerichts Ansbach wurde ein gelegentlicher Konsum bejaht, wobei der Abstand zwischen den Konsumvorgängen über zwei Jahre lag. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat selbst bei einem fünfjährigen (!) Abstand zwischen den Konsumakten Gelegentlichkeit angenommen. Hier erscheint mir doch sehr fraglich, ob von einem gelegentlichen Konsum tatsächlich noch gesprochen werden kann.

Für die Gelegentlichkeit kommt es nach der Rechtsprechung darauf an, ob insbesondere nach „Art, Umfang und Dauer des Drogenkonsums hinreichende Anhaltspunkte für einen Gefahrenverdacht“ bestehen.  

Es kommt also auf Ihre „Drogen-Vita“ an. Haben Sie zeitweise, auch wenn dies schon lange her ist, regelmäßig Cannabis konsumiert, wird eine weitere, Jahre später erfolgte Einnahme von Cannabis zur Bejahung der Gelegentlichkeit führen. Probierkonsum ist dann nicht mehr schlüssig darzulegen.

Handelte es sich jedoch um zwei einzelne Konsumakte, besteht kein innerer und zeitlicher Zusammenhang, wenn sie Jahre auseinanderliegen.

So hat das Oberverwaltungsgericht Lüneburg entschieden, dass bei einer zweimaligen Einnahme von Cannabis im Abstand von fünf Jahren keine Gelegentlichkeit anzunehmen ist. Trotz wiederholter Drogenfahrt wurde die Entziehung der Fahrerlaubnis durch die Fahrerlaubnisbehörde aufgrund fehlender Gelegentlichkeit des Cannabiskonsums durch das Gericht daher für rechtswidrig erklärt.

Also: Nicht jeder beliebig weit in der Vergangenheit liegende Drogenkonsum kann als Grundlage für die Annahme eines gelegentlichen Konsums herangezogen werden und rechtfertigt eine Fahrerlaubnisentziehung.

Wichtig: auch hier gilt, dass Sie keine Aussagen über Ihr Konsumverhalten machen sollten. Angaben wie „früher habe ich mal viel Gras geraucht, aber das war jetzt wieder das erste Mal“, können Sie die Fahrerlaubnis kosten.

Also: Machen Sie keine Aussagen, niemals!

Schweigen ist Gold. Punkt! Tun Sie Ihrem Anwalt einen Gefallen und sagen Sie einfach gar nichts! 


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Simone Fischer

Beiträge zum Thema