Gemeinsame elterliche Sorge für nichteheliche Väter

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Die Hürde für die Übertragung der gemeinsamen Sorge auf den nichtsorgeberechtigen Elternteil ist seit der Einführung der gesetzlichen Neuregelung des § 1626a BGB wesentlich niedriger als noch nach der Entscheidung des BVerfG vom 21.07.2010 und der darin aufgestellten Übergangsregelung. Nunmehr geht der Gesetzgeber davon aus, dass die gemeinsame Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern grundsätzlich dem Kindeswohl entspricht, so dass diese auf Antrag zu übertragen ist, wenn diese nicht dem Kindeswohl widerspricht. D. h., der bisher alleinsorgeberechtigte Elternteil (oder das auf Antrag zu beteiligende Jugendamt) muss im Verfahren gewichtige Gründe vorbringen, die einer gemeinsamen Sorge und damit dem Kindeswohl widersprechen.

In einem Fall hat das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg einem Vater das gemeinsame Sorgerecht (unter Ausklammerung des Aufenthaltsbestimmungsrecht) mit der Kindesmutter zugesprochen, obwohl dieser in Norwegen und Kind und Mutter seit dem ersten Geburtstag des Kindes in Deutschland leben, der Vater lediglich einmal im Jahr persönlichen Kontakt mit seinem Kind hat und auch sonst bislang kein gesteigertes Interesse an seinem Kind gezeigt hat. Die Mutter hat im Verfahren eingewandt, dass eine Kommunikation mit dem Kindesvater praktisch nicht stattfinde, dieser sich nicht von sich aus nach dem Befinden des Kindes erkundige und er auch bei Aufenthalten in Deutschland an Umgängen nicht interessiert sei. Darüber hinaus habe er seinen Antrag lediglich damit begründet, dass er sich im Rahmen seines Sorgerechts Informationen über das Kind bei Kita und anderen Einrichtungen selbst beschaffen wolle. Er müsse jedoch nur die Mutter fragen, dann erhalte er jede Information, die er haben möchte. Das habe er jedoch in der Vergangenheit nicht getan. Das Jugendamt wies in seiner Stellungnahme darauf hin, dass die gestörte bzw. nicht stattfindende Kommunikation potentiell kindeswohlgefährdend sei und lehnte die gemeinsame elterliche Sorge ab.

Das alles war für das Familiengericht jedoch nicht ausreichend, um eine Kindeswohlgefährdung durch die gemeinsame elterliche Sorge anzunehmen. Es stellte zwar fest, dass die Kommunikation nicht gut läuft und eine Verbesserung dem Kindeswohl zuträglich wäre und auch der Umgang nur sporadisch stattfindet. Jedoch hat das Gericht nicht gesehen, dass es durch eine gemeinsam Sorge zu zusätzlichen Streitpunkten kommen würde, zumal die Kindesmutter gem. § 1687 Abs. 1 S. 2 BGB die Befugnis hat, in Angelegenheiten des täglichen Lebens für das Kind allein zu entscheiden.

Die Entscheidung ist deswegen aus Sicht der Autorin „bahnbrechend", weil die sonst in den Fällen gestörter Kommunikation auch nach der neuen Rechtslage übliche Aussetzung des Verfahrens mit der Auflage, die Kommunikation in entsprechenden Beratungsgesprächen zu verbessern, wegen der praktischen Undurchführbarkeit zwischen Berlin und Norwegen nicht erfolgt ist. Das macht Mut für alle Väter, die bislang am gemeinsamen Sorgerecht nur gescheitert sind, weil die Mutter dieses unter fadenscheinigen Gründen abgelehnt hat.

Die Entscheidung ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Es ist anzunehmen, dass die Kindesmutter Beschwerde einlegt. Vielleicht gibt es dann eine erste Entscheidung eines Obergerichts (Kammergericht Berlin) zur neuen Rechtslage.


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