Gesellschafterstreit – Einziehung von Geschäftsanteilen aus wichtigem Grund (Teil I)

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Spannungen zwischen GmbH-Gesellschaftern sind nicht gerade selten, insbesondere bei Gesellschaften, die inhabergeführt sind und bei denen die persönliche Leistung der Gesellschafter im Vordergrund steht.

Oft eskalieren die Streitigkeiten zwischen den Gesellschaftern

Ein gemeinsames Gespräch zwischen den Parteien ist nicht mehr möglich. Beleidigungen, Vorhaltungen, Drohungen sind an der Tagesordnung. Die Kommunikation erfolgt ausschließlich nur noch über die Anwälte.

Schon aus Selbstschutz und im Interesse der Gesellschaft selbst sollte eine außergerichtliche Lösung gefunden werden, da bei Gericht ausgetragene Streitigkeiten meist sehr erbittert geführt werden und es letztlich keinen Sieger geben wird. 

Von besonderer Bedeutung ist die Kostenverteilung in einem Prozess

Der ausgeschlossene Gesellschafter hat die – aufgrund der vorhandenen Komplexität oft sehr hohen – Prozesskosten aus seinem Privatvermögen zu bestreiten, während andererseits die Prozesskosten durch die GmbH zu tragen sind. 

Die Schärfe in diesen Prozessen liegt fast immer daran, dass es nicht nur um vermögensrechtliche Auseinandersetzungen geht, sondern auch um verletztes Vertrauen und persönliche Enttäuschungen.

Sollte es wirklich nicht mehr weitergehen, so bieten sich Überlegungen hinsichtlich einer Einziehung der Geschäftsanteile des „lästigen“ Gesellschafters aus wichtigem Grund an. Diese Möglichkeit stellt aber die „ultima ratio“ dar und setzt aufgrund ihrer einschneidenden Wirkung für den „lästigen“ Gesellschafter wirklich sehr hohe Anforderungen voraus.

Nachfolgend möchte ich diese hohen Anforderungen in einem möglichen Prozess (Corporate Litigation) – aus der Sicht eines Prozessanwaltes – in zwei Teilen – näher darlegen:

Teil I. Formale Wirksamkeit des Einziehungsbeschlusses

Grundvoraussetzung ist, dass der Beschluss, die Geschäftsanteile des „lästigen“ Gesellschafters aus wichtigem Grund einzuziehen, formell wirksam zustande gekommen ist.

I. Nach § 34 Abs. 1 GmbHG ist eine „Satzungsgrundlage“ erforderlich

D. h. eine wirksame Vereinbarung der Einziehungsmöglichkeit im Gesellschaftsvertrag, beispielsweise:

„Ohne Zustimmung des betroffenen Gesellschafters kann ein Geschäftsanteil eingezogen werden, wenn in der Person des Gesellschafters ein wichtiger Grund eingetreten ist, der eine weitere vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Gesellschafter als unzumutbar erscheinen lässt.“

Die Einziehung erfolgt stets durch Gesellschafterbeschluss.

Der Einziehungsbeschluss ist gerichtlich voll überprüfbar und zwar im Wege der einer kassatorischen Anfechtungs- bzw. Nichtigkeitsklage, sofern eine verbindliche Feststellung erfolgt ist. 

Fehlt es an einer verbindlichen Feststellung des Einziehungsbeschlusses so ist die negative Feststellungsklage die richtige Klageart.

Die GmbH ist der richtige Klagegegner. Dass die Klage gegen die Gesellschaft zu richten ist, entspricht – s. z. B. Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Aufl., Anh § 47 Rz. 163 – zumindest der h. M.

Die GmbH wird durch den Geschäftsführer vertreten.

II. Weitere Voraussetzung ist die Volleinzahlung des jeweiligen Geschäftsanteils.

III. Zwingend erforderlich ist, dass die Erbringung der Abfindung aus dem Gesellschaftsvermögen (Gebot der Kapitalerhaltung) möglich ist.

„Steht im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Einziehung eines Geschäftsanteils fest, dass das freie Vermögen der Gesellschaft zur Bezahlung des Einziehungsentgeltes nicht ausreicht, ist der Einziehungsbeschluss auch dann nichtig, wenn die Gesellschaft über stille Reserven verfügt, deren Auflösung ihr die Bezahlung des Einziehungsentgeltes ermöglichen würde (Fortführung von BGH, Urteil vom 24. Januar 2012 – II ZR 109/11 , BGHZ 192, 236 ).

IV. Ordnungsgemäße Durchführung der Zwangseinziehung

  1. Ordnungsgemäße Ladung mit umfassender Ankündigung der Einziehungsgründe in der Tagesordnung. Im Streitfall ist die Ladung mit Zustellungsnachweisen und vorzulegen.
  2. Ordnungsgemäße Durchführung der Gesellschafterversammlung sowie ordnungsgemäße Beschlussfassung. Im Streitfall kommt es hier auf die Vorlage des Protokolls der Gesellschafterversammlung an.
  3. Ordnungsgemäße Bekanntgabe des Beschlusses an den „lästigen“ Gesellschafter. Im Streitfall ist die Zustellung des Protokolls mit Zustellungsnachweisen vorzulegen.

V. Die Anfechtungsfrist– in analoger Anwendung der aktienrechtliche Vorschriften – beträgt 1 Monat.

Vgl. Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Aufl., Anh zu § 47 Rz. 62 ff.

Maßgebend sind auch hier die Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages, die insoweit vorgehen. Sieht der Gesellschaftsvertrag eine längere Frist als einen Monat vor, so gilt diese Frist für die zu erhebende Anfechtungs- bzw. Nichtigkeitsklage.

Sofern der anfechtende Gesellschafter bei der Beschlussfassung anwesend war, beginnt die Frist vorrangig mit der Beschlussfeststellung und Verkündung durch den Vorsitzenden der Versammlung (Versammlungsleiter), andernfalls mit Zustellung der Beschlussniederschrift.

Im Teil II erfahren Sie die wesentlichen Grundsätze einer Einziehung, bzw. Ausschließung aus „wichtigem Grund“.

Aufgrund meiner Erfahrung aus zahlreichen erfolgreich begleiteten Streitigkeiten unter Gesellschaftern erstreckt sich meine Unterstützung auf:

  • die Vorbereitung von Gesellschafterversammlungen und Beschlüssen im Konfliktfall
  • die Begleitung in Gesellschafterversammlungen im Konfliktfall
  • die Planung von Trennungsstrategien (Fälle der Kündigung, des Ausschlusses und der Einziehung von Gesellschaftsanteilen) und Verteidigungsstrategien hinsichtlich des Verbleibens in der Gesellschaft
  • die außergerichtliche und gerichtliche Vertretung zur Durchsetzung bzw. Abwehr von Ansprüchen, insbesondere auch im Zusammenhang mit Abfindungszahlungen sowie
  • die Beratung und Vertretung bei der Abberufung bzw. Amtsniederlegung des Geschäftsführers

Gemeinsam mit meinen Mandanten entwickle ich eine erfolgversprechende Strategie bei Streitigkeiten unter Gesellschaftern und setze diese mit den verfügbaren rechtlichen und taktischen Mittel entsprechend um. Diese möglichen Strategien reichen von den Instrumenten des alternativen Konfliktmanagements und der Mediation zur Erreichung einvernehmlicher Lösungen bis zur gerichtlichen Durchsetzung und Abwehr von Ansprüchen.

Selbstverständlich stehe ich Ihnen auch persönlich für eine umfassende Beratung zur Verfügung. Weitere ausführliche Informationen finden Sie auf meiner Homepage.

V. i. S. d. P.:

Rechtsanwalt Jörg Streichert

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