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Grundschulempfehlung Baden-Württemberg - Geschichte aktueller Stand und Ausblick

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Als Grundschulempfehlung bezeichnet man die Stellungnahme der Grundschulen in Baden-Württemberg, welche weiterführende Schule das Kind in Zukunft besuchen soll. Für Baden-Württemberg kommen aktuell in Betracht:

  • Grundschulempfehlung Gymnasium
  • Grundschulempfehlung Realschule
  • Grundschulempfehlung Werkrealschule
  • Grundschulempfehlung Gemeinschaftschule

Mit dieser Grunschulempfehlung melden Eltern dann ihre Kinder in der weiterführenden Schule an.

Geschichte der Grundschulempfehlung in Baden-Württemberg:

Die Grundschulempfehlung ist seit jeher in der Aufnahmeverordnung geregelt.

Bis zum Jahr 2011 war die Grundschulempfehlung in Baden-Württemberg tatsächlich keine bloße Empfehlung, sondern verbindlich.

D.h. wenn ein Kind "nur" eine Realschulempfehlung erhalten hatte, dann durften die Eltern dieses Kind nicht an einem Gymnasium anmelden.

Weitere Möglichkeiten sich über die Grundschulempfehlung der Schule hinwegzusetzen, waren das erfolgreiche Durchlaufen eines Beratungsverfahrens bzw. das Bestehen eines Aufnahmetests, wobei die Erfolgsquoten sehr gering waren.

Dies führte zu zahlreichen Beschwerdeverfahren gegen die Grundschulempfehlung, da die Chance am größten war, diese noch abzuändern, anstatt die vagen Chancen des Beratungsverfahrens sowie des Aufnahmetests wahrzunehmen.

Eine Ausnahme bildeten damals die Privatschulen: Diese nahmen oftmals auch Kinder ohne entsprechende Grundschulempfehlung auf und dienten daher als Fluchtweg, wenn man die Grundschulempfehlung nicht erfolgreich anfechten konnte.

Aktuelle Regelung der Grundschulempfehlung in Baden-Württemberg:

Im Jahr 2011 änderte sich diese Rechtslage zugunsten einer bloßen unverbindlichen Empfehlung, d.h. seither dürfen Eltern ihr Kind beispielsweise auch an einem Gymnasium anmelden, wenn es "nur" eine Realschulempfehlung aufweist:

§ 3 Entscheidung der Erziehungsberechtigten, Vorlage der Grundschulempfehlung

Die Erziehungsberechtigten entscheiden, welche weiterführende Schulart ihr Kind besucht. Sie legen die Grundschulempfehlung nach § 5 Absatz 2 Satz 5 SchG der aufnehmenden Schule bei der Anmeldung vor.

Dies führte zu einer weitgehenden Beruhigung der Situation in den 4. Klassen, da die Eltern ja nunmehr die weiterführende Schule frei wählen konnten.

Anmeldung mit der Grundschulempfehlung an öffentlichen Schulen:

Allerdings verlagerte sich der Druck nunmehr zusehends auf die weiterführenden Schulen. Diese versuchten zunächst durch allerlei Tricks an die Grundschulempfehlungen zu gelangen, um dann oftmals Eltern ohne entsprechende Empfehlung abzuwimmeln. Später wurde die Rechtslage sogar dahingehend abgeändert, dass Eltern die Grundschulempfehlung vorlegen mussten, was den Druck zusätzlich erhöhte, eine Aufnahme des Kindes ohne entsprechende Grundschulempfehlung abzulehnen.

Fakt ist indes, dass die öffentlichen Schulen die Aufnahme eines Kindes in ihre Schule trotz anderslautender Grundschulempfehlung nicht ablehnen dürfen.

Anmeldung mit der Grundschulempfehlung an Privatschulen:

Eine Änderung der praktischen Situation trat zudem überraschenderweise für Eltern ein, die ihre Kinder an eine Privatschule anmelden wollten und nicht über eine entsprechende Grundschulempfehlung verfügten (bspw. "nur" Realschulempfehlung aber Anmeldung an einem Gymnasium). Diese werden von Privatschulen häufig abgelehnt, so dass diese eine 180-Grad-Wendung gegenüber ihrem früheren Verhalten einlegten.

Ich halte dies persönlich für falsch, da zumindest staatlich anerkannte Schulen auch an die Aufnahmeverordnung gebunden sein sollten, die Schulämter halten sich jedoch komplett raus, so dass es auf eine (unangenehme) rechtliche Auseinandersetzung mit einer Privatschule hinauslaufen würde.

Beschwerde gegen Grundschulempfehlung:

Insofern spielen rechtliche Mittel gegen die Grundschulempfehlung zumindest nach wie vor dann eine Rolle, wenn Eltern ihr Kind an eine Privatschule anmelden wollen und diese das Kind nur mit einer Grundschulempfehlung aufnehmen.

Die Voraussetzungen für eine Grundschulempfehlung sind in § 1 Aufnahmeverordnung geregelt und bestehen aus 3 Kriterien:

  • Den schulischen Leistungen (wobei ein Schnitt aus Deutsch und Mathematik bis 2,5 für ein Gymnasium und bis 3,0 für eine Realschule spricht).
  • Dem Lern- und Arbeitsverhalten.
  • Der bisherigen Entwicklung des Kindes.

Im Ergebnis geht es bei einem Rechtsstreit demnach vor allem darum, die erzielten Noten in Frage zu stellen und anzugreifen, wie dies auch bei Nichtversetzungsfällen getan wird. Und daneben das Kind in den "weichen Kriterien" des Lern- und Arbeitsverhaltens sowie der bisherigen Entwicklung als tauglich für die angestrebte Schulform zu portraitieren.

In der Praxis spielen naturgemäß auch nicht berücksichtigte Teilleistungsstörungen eine Rolle wie LRS, Dyskalkulie, AVWS, ADHS, Autismus.

Ausblick auf die Grundschulempfehlung in Baden-Württemberg:

Im Zusammenhang mit der geplanten Rückkehr zu G9-Gymnasien in Baden-Württemberg traten nunmehr Befürchtungen auf, dass zu viele Kinder künftig ein Gymnasium besuchen wollen.

Aus diesem Grunde steht die Rückkehr zu einer verbindlichen Grundschulempfehlung im Raum.

Diskutiert wird, dass die Grundschulempfehlung künftig aus 3 Komponenten bestehen soll:

  • Lehrerempfehlung
  • Leistungstest
  • Elternwunsch

Hierbei waren folgende Überlegungen zu lesen:

Stimmem 2 aus 3 der benannten Kriterien überein, soll das den Ausschlag geben. Im Ergebnis würde dies freilich bedeuten, dass wir wieder in die Nähe der alten Rechtslage der verbindlichen Grundschulempfehlung gelangen, denn regelmäßig wird es dann so sein, dass auch der Lehrer nicht die gewünschte Grundschulempfehlung erteilen wird, wenn der Leistungstest nicht die gewünschte Schulform hergibt.

Wollen die Eltern ihr Kind dann dennoch auf die gewünschte aber nicht empfohlene Schule schicken, soll dies vom Bestehen eines weiteren Tests abhängen. Auch dies geht in die Richtung der alten Rechtslage mit einem zusätzlichen Aufnahmetest zurück.

Im Ergebnis steht demnach zu erwarten, dass die neue Rechtslage sich wieder deutlich in die Richtung der verbindlichen Grundschulempfehlung entwickeln wird, bei der es zunächst vom Wohlwollen des Lehrers abhängt und wenn nicht einem weiteren Aufnahmetest. Im Ergebnis werden auch hier wieder Rechtsbehelfsverfahren gegen die Grundschulempfehlung primär durchzuführen sein und wenn dies nichts bringt, der weitere Aufnahmetest.


Andreas Zoller

Anwalt für Schulrecht


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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