Güterstandsschaukel mit Immobilien – doppelte Steuervorteile?

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Immobilien zwischen Ehegatten ohne Schenkungsteuer übertragen und gleichzeitig die Gebäudeabschreibung erhöhen – funktioniert das? Ja, in bestimmten Konstellationen ist das mit der Güterstandsschaukel möglich. Welche Steuervorteile durch die Güterstandsschaukel mit Immobilien erzielt werden können, wie es funktioniert und was dabei zu beachten ist, erläutere ich in diesem Beitrag anhand eines Beispielfalls.

Steuervorteile – (keine) Schenkungsteuer und Gebäudeabschreibung

Bekannt ist die Güterstandsschaukel als beliebte Steuergestaltung, um im ersten Schritt Vermögen zwischen Ehegatten zu übertragen, ohne Schenkungsteuer auszulösen. Im zweiten Schritt können so im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge die persönlichen Freibeträge der Kinder in Höhe von 400.000 € je Elternteil optimal ausgenutzt werden. Relativ unbekannt ist die Möglichkeit, bei der Güterstandsschaukel gleichzeitig die Gebäudeabschreibung zu erhöhen, indem zur Erfüllung der Ausgleichsforderung vermietete Immobilien des Privatvermögens außerhalb der Spekulationsfrist übertragen werden. Das klingt erstmal sehr verlockend, allerdings darf nicht übersehen werden, dass es sich hierbei um eine sehr komplexe Steuergestaltung handelt. Praktisch führt kein Weg an einer individuellen Beratung vorbei, bei der sowohl die rechtlichen als auch die steuerlichen Auswirkungen im Einzelfall konkret geprüft werden. Damit Sie ein Gefühl dafür bekommen, wie es funktioniert und worauf es ankommt, möchte ich Ihnen das Prinzip anhand eines stark vereinfachten Beispiels erläutern.

Beispielsfall

Die Eheleute X und Y sind seit 40 Jahren verheiratet, leben im Güterstand der Zugewinngemeinschaft und haben zwei Kinder. Zu Beginn der Ehe hatten beide kein nennenswertes Vermögen. X hat jedoch 1990 ein vermietetes Mehrfamilienhaus in Berlin erworben, das inzwischen schuldenfrei ist, einen Wert von 5 Mio. € hat und jährlich nur mit 10.000 € abgeschrieben wird. Über weiteres Vermögen verfügen die Eheleute nicht. Bei einer Scheidung stünde Y aufgrund der Zugewinngemeinschaft ein Ausgleichsanspruch in Höhe von 2,5 Mio. € zu. 

Wie es funktioniert

Würde X das Mehrfamilienhaus zur Hälfte verschenken, müsste Y nach Abzug des persönlichen Freibetrags und einer 10%-igen Steuerbefreiung für vermietete Wohnimmobilien immer noch über 330.000 € Schenkungsteuer zahlen. Vereinbaren X und Y dagegen Gütertrennung, hat Y gegen X eine Zugewinnausgleichsforderung in Höhe von 2,5 Mio. €, die nicht der Schenkungsteuer unterliegt (§ 5 Abs. 2 ErbStG). Rechtlich handelt es sich bei der Ausgleichsforderung um eine Geldforderung, was für die weitere steuerliche Beurteilung von Bedeutung ist.

Wird diese Geldforderung vereinbarungsgemäß durch Übertragung des hälftigen Eigentums an dem Mehrfamilienhaus erfüllt, handelt es sich um eine Leistung an Erfüllung statt (§ 364 BGB). Zum besseren Verständnis der steuerlichen Folgen muss man sich klarmachen, dass dies quasi einem Verkauf der Immobilie gleichkommt, um mit dem Veräußerungserlös die Zugewinnausgleichsforderung in Geld begleichen zu können. Genau so wird die Leistung an Erfüllung statt auch für Zwecke der Einkommensteuer behandelt, nämlich als fiktive Veräußerung durch X und Anschaffung durch Y. Wie bei der Ehegattenschaukel führt die Anschaffung vom Ehegatten zur Neuberechnung der Gebäudeabschreibung. Ist der Wert des Gebäudes zwischenzeitlich gestiegen, kann Y höhere Abschreibungen geltend machen.


Bei einem angenommenen Gebäudeanteil von 60% würde sich die Gebäudeabschreibung im Beispielsfall für den hälftigen Anteil von Y auf 30.000 € p.a. erhöhen (2,5 Mio. € x 60% x 2%). Die Abschreibung für den verbleibenden Gebäudeanteil von X würde sich dagegen auf 5.000 € verringern. Insgesamt wäre die Gebäudeabschreibung um 25.000 € höher als bisher, was im Spitzensteuersatz einer jährlichen Steuerersparnis von 10.500 € entspricht (25.000 € x 42%). Über die gesamte Abschreibungsdauer von 50 Jahren summiert sich der Steuereffekt im Beispiel auf mehr als 500.000 €. Neben der höheren Gebäudeabschreibung wirkt sich Güterstandsschaukel auch positiv auf die Erbschaftsteuer bzw. die vorweggenommene Erbfolge aus. Denn durch die gleichmäßigere Verteilung des Vermögens auf die Ehegatten können die persönlichen Freibeträge der beiden Kinder in Höhe von 400.000 € je Elternteil besser genutzt werden.

Was zu beachten ist

So verlockend die Steuergestaltung klingen mag, warne ich eindringlich davor, diese ohne umfassende rechtliche und steuerliche Beratung umzusetzen. Denn jede Medaille hat zwei Seiten. Der Steuervorteil der erhöhten Gebäudeabschreibung kann sich nämlich zum Bumerang entwickeln, wenn der fiktive Verkauf beim übertragenden Ehegatten steuerpflichtig ist. Dies ist z.B. der Fall, wenn vermietete Immobilien innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist verkauft werden oder die Immobilie (ggf. unerkannt) zum Betriebsvermögen gehört. Werden zur Erfüllung der Ausgleichsforderung weitere steuerverstrickte Wirtschaftsgüter, wie z.B. Aktiendepots übertragen, kann dies ebenfalls Steuern auslösen.

Darüber hinaus muss die Höhe der Ausgleichsforderung genau berechnet werden, da sonst Querschenkungen zwischen den Ehegatten drohen, die oberhalb der persönlichen Freibeträge Schenkungsteuer verursachen. Damit die Güterstandsschaukel steuerlich anerkannt wird, muss sie notariell beurkundet werden. Vor dem Wechsel zurück in die Zugewinngemeinschaft empfiehlt es sich zudem, eine „Schamfrist“ abzuwarten.

Ohne Beratung geht's nicht

Die Güterstandsschaukel ist insbesondere dann eine interessante Steuergestaltung, wenn sich die Vermögensverhältnisse während der Ehe unterschiedlich entwickelt haben. Wie der Beitrag zeigt, lassen sich damit „doppelte Steuervorteile“ realisieren, sofern die Rahmenbedingungen stimmen. Damit die Güterstandsschaukel nicht im steuerlichen Fiasko endet, sondern die Steuervorteile auch tatsächlich bei Ihnen ankommen, stehe ich Ihnen als Rechtsanwalt und Steuerberater für eine individuelle Beratung zur Verfügung. Sprechen Sie mich gerne an. Übrigens, die Güterstandsschaukel kann selbst dann funktionieren, wenn bei Heirat Gütertrennung vereinbart wurde.

Foto(s): Christian Münch


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