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Haarausfall - Krankenkasse zahlt Perücke nur in bestimmten Fällen

  • 2 Minuten Lesezeit
Christian Günther anwalt.de-Redaktion

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Haarausfall ist nicht gleich Haarausfall. Das zeigt sich besonders bei der Kostenübernahme einer Perücke durch die Krankenkasse. Unterschiede bestehen nicht nur zwischen Mann und Frau, sondern auch zwischen Jung und Alt, wie das Bundessozialgericht nun entschied.

Vererbter Haarverlust bei Männern keine Krankheit

Für alle Männer, die unter erblich bedingtem Haarausfall leiden und auf die Bezahlung einer Perücke durch ihre Krankenkasse hoffen, vorweg eine schlechte Nachricht. Ihr Haarverlust stellt in den Augen der Rechtsprechung keine Krankheit oder Behinderung dar. Eine solche setzt der Anspruch eines gesetzlich Krankenversicherten auf Versorgung mit einem sogenannten Hilfsmittel – in diesem Fall einer Perücke – aber voraus.

Als krank oder behindert gilt, wer unter einer körperlichen oder geistigen Störung leidet oder so stark von der Norm abweicht, dass dies entstellend wirkt. Ein erwachsener Mann, dem ganz oder teilweise die Haare fehlen, ist in unserer Gesellschaft jedoch nichts Außergewöhnliches: „Man(n) fiele nicht besonders auf.“ Ohne Auffälligkeit gibt es daher keinen Anspruch, so die Begründung.

Für Männer, deren Kopf etwa durch Narben entstellt ist, heißt das aber, dass sie selbst bei hormonell-erblichem Haarausfall gute Aussichten auf Kostenübernahme für ein Toupet haben. Wer im Übrigen meint, die Krankenkasse müsse wenigstens die Kosten für eine andere Kopfbedeckung übernehmen, hat Pech. Mütze, Kappe oder Hut gelten als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens, die der den Versorgungsanspruch regelnde § 33 SGB V nicht umfasst.

Frauen fällt dagegen im Alter wesentlich später und seltener das Haar aus. Ihr Aussehen beeinträchtigt ein kahler Kopf im Alltag daher erheblich. Aus diesem Grund können sie die Kostenübernahme für eine Perücke beanspruchen. Dasselbe gilt – unabhängig von ihrem Geschlecht – auch für Kinder und Jugendliche mit einer Glatze.

Selbst bei krankhaftem Haarverlust nur für junge Männer

Das Bundessozialgericht (BSG) hat nun allerdings auch den Anspruch eines seit Jahrzehnten unter krankheitsbedingtem, völligem Haarverlust, sog. Alopecia areata universalis, leidenden Mannes verneint. Durch die Krankheit fehlen dem Mann Haare nicht nur am Kopf, sondern am ganzen Körper. Bis 2006 hatte ihm seine Krankenkasse die Versorgung mit einer Perücke bewilligt und dann eingestellt. Dieses Vorgehen hielten die Richter für rechtmäßig. Die Krankenkasse muss keine Perücke mehr zahlen, da der Mann mit mittlerweile über siebzig Jahren ein Alter erreicht habe, in dem ihn sein Aussehen im Vergleich zu anderen älteren Männern nicht besonders entstelle.

Bei jüngeren Männern, die unter einem völligen Haarausfall leiden, gehe ein vollkommener Haarverlust dagegen über den typischen männlichen Haarverlust im Alter hinaus. Abhängig von Alter und Aussehen könne daher eine Krankheit vorliegen, wie sie der Hilfsmittelanspruch voraussetzt.

Auf die drohende psychische Beeinträchtigung, die der Mann im Übrigen geltend machte, kam es den Richtern bei der Entscheidung nicht an. Deren Kosten müsste die Krankenkasse gegebenenfalls aber übernehmen.

(BSG, Urteil v. 22.04.2015, Az.: B 3 KR 3/14 R)

(GUE)

Foto(s): ©Fotolia.com

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