ICCT-Studie im Abgasskandal – Diesel mit verdächtigen Abgaswerten

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Nachdem der EuGH vor wenige Tagen festgestellt hat, dass Käufer im Abgasskandal grundsätzlich Anspruch auf Schadenersatz haben, wenn der Autohersteller auch nur fahrlässig eine unzulässige Abschalteinrichtung verwendet, hat das International Council on Clean Transportation (ICCT) Abgastests von Dieselfahrzeugen noch einmal genau unter die Lupe genommen. „Die Ergebnisse legen nah, dass der Abgasskandal noch ein weit größeres Ausmaß hat als bisher angenommen“, sagt Rechtsanwalt Frederick M. Gisevius, BRÜLLMANN Rechtsanwälte.

Der EuGH hatte bereits mehrfach festgestellt, dass Abschalteirichtungen nur dann ausnahmsweise zulässig sein können, wenn sie dem unmittelbaren Schutz des Motors vor Beschädigung dienen. Ein Thermofenster bei der Abgasreinigung gehört beispielsweise nicht zu diesen zulässigen Ausnahmen.

Unter diesen Maßstäben hat der Umweltforschungsverbund ICCT, der auch schon maßgeblich an der Aufdeckung des VW-Dieselskandals im Herbst 2015 beteiligt war,  Abgastests von Diesel-Fahrzeugen mit der Abgasnorm Euro 5 und Euro 6, die zwischen 2009 und 2019 insgesamt rund 53 Millionen Mal in Europa verkauft wurden, erneut ausgewertet. Dazu wurden Labor- und Praxismessdaten von offiziellen Regierungsbehörden, Praxistests von unabhängigen Organisationen und eine umfangreiche Datenbank von Remote Sensing Messungen (Abgasmessungen am Straßenrand) analysiert. Die Studie umfasst die Angaben zu ca. 700.000 Pkw aus verschiedenen europäischen Ländern. Die Ergebnisse zeigen, dass ein großer Teil der Dieselfahrzeuge mehr gesundheitsschädigende Stickoxide ausstößt als gesetzlich zugelassen.

So stellte das ICCT fest, dass bei mindestens 77 Prozent der offiziell getesteten Dieselfahrzeuge „verdächtige“ Stickoxid-Emissionswerte gemessen wurden. Dies sei ein Hinweis auf die wahrscheinliche Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung. Mindestens 40 Prozent der Fahrzeuge wiesen bei den offiziellen Abgasmessungen sogar „extreme“ Werte beim Stickoxid-Ausstoß auf. Das deute darauf hin, dass mit „ziemlicher Sicherheit eine verbotene Abschalteinrichtung vorhanden ist“, so die Macher der Studie.

Die Studie zeige, dass Funktionen die zu einem erhöhten Stickoxid-Ausstoß bei Dieselfahrzeugen mit der Schadstoffklasse Euro 5 bzw. Euro 6 führe, weit verbreitet sind, es aber vergleichsweise nur geringe Korrekturmaßnahmen gebe, so das ICCT. Nachdem der EuGH geklärt habe, dass Abschalteinrichtungen nur in Ausnahmefällen zulässig sind, hätten die Behörden nun die Grundlage, um gegen verbotene Abschalteinrichtungen vorzugehen.

Die Deutsche Umwelthilfe hatte bereits Widerspruch gegen Zulassungsbescheide des Kraftfahrt-Bundesamts erhoben. Eine erste Klage vor dem Verwaltungsgericht Schleswig hatte schon Erfolg und das Gericht erklärte, dass auch das Software-Update bei einem VW Golf unzulässig sei, weil es eine unzulässige Abschalteinrichtung enthalte. Weitere 118 Klagen sind anhängig.

Der Abgasskandal ist noch lange nicht vorbei. „Die Chancen Schadenersatzansprüche durchzusetzen, sind nach dem EuGH-Urteil vom 21. März 2023 erheblich gestiegen. Denn der EuGH hat deutlich gemacht, dass den Autoherstellern bei der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen keine Betrugsabsicht mehr nachgewiesen muss, sondern schon Fahrlässigkeit für Schadenersatzansprüche ausreicht“, so Rechtsanwalt Gisevius.

Die Kanzlei BRÜLLMANN Rechtsanwälte ist Kooperationspartner der IG Dieselskandal und bietet Ihnen eine kostenlose Ersteinschätzung Ihrer Möglichkeiten an. Sprechen Sie uns an.


Mehr Informationen: https://bruellmann.de/abgasskandal




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