Identitätsdiebstahl ("Identity Theft") im Internet - wettbewerbsrechtliche Abmahnung unter Anwälten

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Mainz, 2010: Das LG Mainz (Az.: 4 O 132/10) hatte sich kürzlich mit einem Fall eines angeblichen Wettbewerbsverstoßes einer Rechtsanwältin in einem Internetforum zu beschäftigen.

Ein Rechtsanwalt hatte eine Kollegin wegen eines angeblichen Verstoßes gegen § 8 UWG i. V. m. § 43b BORA anwaltlich abmahnen lassen. Der Vorwurf lautete, die Kollegin habe sich im Internet-Forum eines Tierfuttermittelherstellers unter einem Nicknamen angemeldet und behauptet, den Fachanwaltstitel für "Gefahrenhundeverordnung" zu besitzen. Nach Ansicht des Abmahnenden war es bewiesen, dass die Kollegin die Urheberin des Forumsbeitrags gewesen sei, da der User in dem Beitrag behauptete, die abgemahnte Rechtsanwältin zu sein. Zudem war in diesem Beitrag ein Link auf die berufliche Internetpräsenz der Rechtsanwältin gesetzt worden. Da die Kollegin keinen Fachanwalt für Gefahrenhundeverordnung inne habe (Anm.: einen "Fachanwalt für Gefahrenhundeverordnung" gibt es auch nicht), dennoch damit werbe, habe sie wettbewerbswidrig gehandelt.

Die Abgemahnte wies die Abmahnung unverzüglich zurück. Sie erstattete gegen den unter ihrem Namen agierenden User Strafanzeige und bewirkte beim Forenbetreiber die unverzügliche Löschung.

Der abmahnende Rechtsanwalt stellte daraufhin Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung beim LG Mainz und beantragte, der Antragsgegnerin aufzugeben, Hinweise auf nicht erteilte Fachanwaltschaften zu unterlassen.

Die Antragsgegnerin versicherte im mündlichen Termin an Eides Statt, sich in dem betreffenden Forum nicht angemeldet zu haben und keinen Beitrag eingestellt zu haben, in dem sie behauptete, einen Fachanwaltstitel für Gefahrenhundeverordnung inne zu haben.

Das Gericht wies den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sodann kostenpflichtig zurück.

Das Verfahren veranschaulicht einmal mehr die Gefahren des Identitätsdiebstahls („Identity Theft") im Internet. Während sich die Problematik des Identitätsklaus zunächst auf Phänomene wie das „Phishing" beschränkte, sich also um vermögensrechtlich wirksame Handlungen drehte, treten in der Praxis nun zunehmend Fälle auf, in denen das Internet dazu missbraucht wird, Mitmenschen beruflich und/oder gesellschaftlich zu schädigen, indem unter Verwendung des Namens und der Kontaktdaten (private und berufliche Anschrift, Verlinkung auf Domains) des Opfers in schädigender Weise agiert wird. Indem die Benutzer des Internets unter Web 2.0 Inhalte in quantitativ und qualitativ entscheidendem Maße selbst erstellen können, also interaktiven Anwendungen unterstützt werden, wurden zudem für die Nutzer des Internets und damit auch für die Täter völlig neue Möglichkeiten geschaffen.

Die Verfasserin studiert im LL.M-Masterstudiengang „Medienrecht" am Mainzer Medieninstitut und arbeitet aktuell an ihrer Masterarbeit zum Thema „Identitätsdiebstahl im Internet". Der geschilderte Fall fand neben weiteren Praxisbeispielen Eingang in diese Arbeit.


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