Infos zu den aktuellen Änderungen des Urheberrechtsgesetzes in Bezug auf urheberrechtliche Abmahnungen

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Die nachfolgenden Fragen und Antworten geben einen Überblick darüber, was sich durch das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken (abgedruckt in BT-Drucksache 17/14192) seit dem 9.10.2013 bei urheberrechtlichen Abmahnungen geändert hat:

Ist das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken schon in Kraft getreten bzw. hat es schon Geltung?

Das Gesetz ist am 9.10.2013 in Kraft getreten. Für die Frage, welches Recht in einer Angelegenheit anwendbar ist, kommt es bei urheberrechtlichen Abmahnungen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes auf die Rechtslage an, die zum Zeitpunkt der Abmahnung Geltung hatte (vgl. BGH, Urteil v. 19.5.2010, I ZR 140/08, GRUR 2010, 1120 Rn. 17; BGH, Urteil v. 18.11.2010, I ZR 155/09, GRUR 2011, 617 Rn. 29). Im Falle des Inkrafttretens der Änderungen des Urheberrechtsgesetzes am 9.10.2013 sind folglich Rechtsstreitigkeiten, bei denen die Abmahnung bis einschließlich zum 8.10.2013 ausgesprochen wurde, nach alter Rechtslage und Abmahnungen, die ab dem 9.10.2013 ausgesprochen wurden, nach neuer Rechtslage zu beurteilen.

Wurden durch das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken die Streitwerte bei urheberrechtlichen Abmahnungen gedeckelt?

Nein. Die ursprünglich vorgesehene gesetzliche Streitwertfestlegung, die in § 49 GKG-E eingefügt werden sollte (BT-Drucksache 17/13057, S. 8), wurde im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens bewusst zu Gunsten einer Regelung, die lediglich die Beschränkung des Erstattungsanspruches bezüglich der erstattungsfähigen außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in bestimmten Fällen auf Grundlage eines (fiktiven) Gegenstandswertes von 1.000,- € vorsieht, aufgegeben (vgl. Artikel 10 des Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken). Die Regelung bezieht sich aufgrund des ausdrücklichen Wortlautes auch nicht auf gerichtliche Streitwerte und Rechtsanwaltsgebühren (BT-Drucksachen 17/14192, S. 4 sowie 17/14216, S. 7). Die nunmehr in § 97a Abs. 3 S. 2 UrhG geregelte Beschränkung der erstattungsfähigen Rechtsanwaltskosten greift allerdings nur, wenn der Abgemahnte eine natürliche Person ist und der Gegenstandswert von 1.000,- € im Einzelfall nicht unbillig ist (§ 97a Abs. 3 S. 4 UrhG n.F.).

Wann ist die Beschränkung der Höhe des Erstattungsanspruches hinsichtlich der erstattungsfähigen außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten auf den sich aus einem Gegenstandswert von 1.000,- € zu berechnenden Betrag nach § 97a Abs. 3 S. 4 UrhG n.F. unbillig?

Die Ausnahmeregelung, wonach die erstattungsfähigen Rechtsanwaltskosten nicht auf einen sich auf Grundlage eines Gegenstandswertes von € 1.000,- berechnenden Betrages begrenzt sind, greift ein, wenn dies im Einzelfall unbillig ist (sog. „Unbilligkeitsklausel" nach § 97a Abs. 3 S. 4 UrhG n.F.). Dies ist immer dann der Fall, wenn entweder eine besonders hohe Anzahl an Rechtsverletzungen vorliegt oder die Schwere der Rechtsverletzung es rechtfertigt, den Abgemahnten (Rechtsverletzer) nicht zu privilegieren (vgl. BT-Drucksache 17/14216, S.7). Letzteres ist beispielsweise dann der Fall, wenn nicht nur ein einzelnes Musikstück heruntergeladen, sondern ein „ganzer Container" (umfangreiches Dateiarchiv) im Wege des Filesharing für Dritte zum kostenlosen Abruf verfügbar gemacht wird oder wenn ein besonders aktuelles und erfolgreiches Werk in eine Tauschbörse zum kostenlosen Herunterladen eingestellt wird (vgl. Plenarprotokoll, Deutscher Bundestag, 250. Sitzung, Donnerstag, den 27. Juni 2013, S. 31972; Gutachten von Rechtsanwalt Christian Solmecke vom 14.5.2013 - Link Gutachten RA Solmecke).

Sind die Kosten bei urheberrechtlichen Abmahnungen auf € 155, 30 begrenzt?

Nein. Eine Begrenzung der Rechtsanwaltsgebühren nach § 97 Abs. 3 S. 2 UrhG n.F. greift nur, wenn dies im Einzelfall nicht unbillig ist (siehe oben). Die Vorschrift hat daher nur einen begrenzten Anwendungsbereich. Selbst dann, wenn die Begrenzung der erstattungsfähigen Rechtsanwaltskosten in Betracht kommt, ist der in der Presse kursierende Betrag von 155,30 € falsch bzw. missverständlich. Dieser Betrag umfasst nämlich nur die erstattungsfähigen Rechtsanwaltskosten, nicht die gesamten üblicherweise in einer Abmahnung geltend gemachten Ansprüche. Sonstige Rechtsverfolgungskosten (z. B. Kosten der Ermittlung und Auskunft) sowie Schadensersatz sind nicht mit eingerechnet, kommen also noch hinzu. Darüber hinaus basiert der Betrag von 155,30 € auf einer fehlerhaften Berechnung, da das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), wie es vor dem 1.8.2013 gültig war, zu Grunde gelegt wurde, dieses sich jedoch geändert hat. Da zu den erstattungsfähigen Rechtsanwaltskosten ggf. weitere Positionen (Schadensersatz, Ermittlungskosten, Auskunftskosten etc.) hinzuzurechnen sind, ist auch in künftigen Abmahnungen wegen Urheberrechtsverletzungen mit Forderungen zu rechnen, die deutlich über diesem Betrag liegen.

Muss einer urheberrechtlichen Abmahnung eine Vollmacht bzw. eine Vollmacht im Original beiliegen?

Nein. Hierfür hat der Gesetzgeber in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH, Urteil v. 19.05.2010, I ZR 140/08 = GRUR 2010, 1120) keine praktische Notwendigkeit gesehen. Das zunächst im Regierungsentwurf vorgesehene Erfordernis der Vorlage einer Vollmacht (im Original) wurde daher im Gesetzgebungsverfahren bewusst wieder aufgegeben (Bundestag-Drucksache 17/14216 vom 26.6.2013, S. 7). Eine Vollmacht des Mandanten muss einer Abmahnung weder im Original, noch in Kopie beiliegen. Abmahnungen sind auch nach neuer Rechtslage - außer, dass sie den Anforderungen des § 97a Abs. 2 UrhG n.F. genügen müssen - nicht an Formvorschriften geknüpft. Sie müssen beispielsweise auch nicht handschriftlich unterzeichnet sein und können beispielsweise auch per Email oder sogar mündlich ausgesprochen werden.

Hat der „Abgemahnte" einen Gegenanspruch gegenüber demjenigen, der ihn mittels Abmahnung in Anspruch nimmt?

Nur in Ausnahmefällen, nämlich dann, wenn die Abmahnung unwirksam oder unberechtigt war und dies „für den Abmahnenden zum Zeitpunkt der Abmahnung erkennbar war. Damit sollen Fälle erfasst werden, in denen der jeweils zutreffend ermittelte Anschlussinhaber abgemahnt wird, sich sodann jedoch herausstellt, dass dieser nicht der Verletzer war" (BT-Drucksache 17/14216 v. 26.6.2013, S. 9). Der Abmahnende müsste also zum Zeitpunkt der Abmahnung positive Kenntnis davon gehabt haben, dass eine Haftung des Abgemahnten nicht besteht. Bei Abmahnungen wegen illegalem Filesharing besteht allerdings gegenüber dem Anschlussinhaber stets die tatsächliche Vermutung, dass dieser für Rechtsverletzungen, die über seinen Internetanschluss erfolgt sind, verantwortlich ist. Eine Verantwortlichkeit kann sich daraus ergeben, dass der Anschlussinhaber die Rechtsverletzung selbst begangen hat (was vermutet wird), oder, dass er für die Rechtsverletzung zumindest unter dem Gesichtspunkt der Störerhaftung einzustehen hat. Es obliegt dem Anschlussinhaber die gegen ihn streitende Vermutung zu entkräften (BGH, Urteil v. 10.5.2010, I ZR 121/08, Rz. 12; BGH, Urteil v. 15.11.2012, I ZR 74/12, Rz. 33; OLG Köln 6 U 10/13).

(c) Rechtsanwalt Christian Weber 2013


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