Kein faktisches Überholverbot aufgrund Geschwindigkeitsbegrenzung

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Auch wenn ein Überholen nur mit Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit möglich ist, begründet dies kein faktisches Überholverbot. Das hat das OLG Hamm entschieden.

Das OLG Hamm hatte einen Fall zu entscheiden, in welchem es zu einem Unfall zwischen einem aus einem Parkplatz auf die Straße einfahrenden Pkw und einem auf der Straße befindlichen Motorrad kam. Letzterer überholte gerade unter Überschreitung der dort zulässigen Höchstgeschwindigkeit an anderes Fahrzeug und es kam zur Kollision.

Dabei hatte sich das OLG im Rahmen der Abwägung der jeweiligen Verschuldensbeiträge gemäß § 17 Abs. 1 und 2 StVO mit der Frage zu beschäftigen, ob der Überholvorgang unter Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit zulasten des auf der Straße befindlichen Fahrzeugs zu berücksichtigen sei. Das OLG verneinte diese Frage.

Dem Fahrer könne nicht angelastet werden, dass er nur unter Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h überholen konnte.

Mehrere OLG hatten zuvor aus dem Umstand, dass ein Überholvorgang nur unter Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit möglich ist, auf ein sog. faktisches Überholverbot geschlossen (vgl. OLG Schleswig, Urteil vom 29.11.1995 - 9 U 50/95; OLG München NJW 1966, 1270). Dieser Auffassung trat das OLG Hamm – mit überzeugender Argumentation – entgegen.

Eine solche Konzeption fände nämlich nach Auffassung des Senats keine Stütze im Gesetz: Insbesondere finde sich eine solche nicht in § 5 StVO. Dieser normiere lediglich, dass neben dem Ausschluss einer Behinderung des Gegenverkehrs mit wesentlich höherer Geschwindigkeit zu überholen ist. Der Katalog der Überholverbote in § 5 Abs. 3 StVO greift ebenfalls nicht.

Nach der Konzeption der §§ 5 und 3 StVO träfe denjenigen, der nur unter Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit überholt, „lediglich“ der Vorwurf, gegen § 3 StVO zu verstoßen.

Damit ließe sich die Konzeption eines „faktischen Überholverbots“ allein damit begründen, dass der Unfall sich nicht ereignet hätte, wenn der Kläger die zulässige Höchstgeschwindigkeit eingehalten hätte, schlicht, weil er dann geschwindigkeitsbedingt nicht hätte überholen können. Eine solche Sichtweise vernachlässige aber im konkreten Fall, dass sich die Kollision nach den Feststellungen des Sachverständigen auch bei Einhalten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit durch den Kläger ereignet hätte, die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit also gerade nicht kausal geworden ist. Bei einer solchen Konstellation verbietet sich nach Auffassung des Senats jedenfalls die Annahme eines faktischen Überholverbots.

Letztlich könne dies aber auch dahinstehen, da die gesetzlich normierten Überholverbote nur den nachfolgenden und den Gegenverkehr (vgl. OLG Hamm, vom 23.04.13 – 9 U 12/13; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. A. § 5 StVO Rn. 33, vgl. auch KG NZV 1998, 376 f.) schützen, nicht jedoch den aus dem ruhenden in den fließenden Verkehr Einfahrenden.

Das Urteil ist rechtskräftig geworden.

(OLG Hamm, Urteil vom 04.02.2014, Az.: 9 U 149/13)



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