Keine Verjährungshemmung durch Mustergüteanträge - Haftungsfolgen für Rechtsanwälte

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Häufig werden kurz vor Ablauf der Verjährung außergerichtliche Güteverfahren von geschädigten Kapitalanlegern eingeleitet, mit dem Ziel, die drohende Verjährung zu hemmen. Nach § 204 I Nr.4 BGB kann die Verjährung u.a. auch durch einen Antrag auf Einleitung eines Güteverfahrens vor einer staatlichen Gütestelle gehemmt werden. Die Hemmung der Verjährung endet sechs Monate nach der „Beendigung“, also dem Scheitern, des Güteverfahrens (§ 204 II S.1 BGB).

Am 18.06.2015 hat der Bundesgerichtshof nun entschieden, dass eine Hemmung der Verjährung durch sog. „Mustergüteanträge“ nicht möglich ist (Urteile vom 18.06.2015 - III ZR 189/14, 191/14, 198/14 und 227/14).

Im zugrundeliegenden Fall hatten die Anleger zur Hemmung der Verjährung einen Musterantrag verwendet, der außer ihrem Namen und dem gezeichneten Fonds keine individuellen Angaben enthielt. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs waren diese Güteanträge nicht geeignet, um eine Hemmung der Verjährung herbeizuführen. Die Schadensersatzansprüche der dortigen Anleger wurden daher als „verjährt“ zurückgewiesen.

In der Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 18.06.2015 heißt es hierzu:

„Der Bundesgerichtshof hat jetzt entschieden, dass Güteanträge in Anlageberatungsfällen regelmäßig die konkrete Kapitalanlage zu bezeichnen, die Zeichnungssumme sowie den (ungefähren) Beratungszeitraum anzugeben und den Hergang der Beratung mindestens im Groben zu umreißen haben; ferner ist das angestrebte Verfahrensziel zumindest soweit zu umschreiben, dass dem Gegner und der Gütestelle ein Rückschluss auf Art und Umfang der verfolgten Forderung möglich ist.“

Diese Voraussetzungen waren im zugrundeliegenden Fall nicht erfüllt, dort waren dem Güteantrag keine Angaben zur Zeichnungssumme, zum Beratungszeitraum oder Hergang der Beratung zu entnehmen. Nach Einschätzung des Bundesgerichtshofs

„erweist sich damit eine große Zahl der derzeit laufenden Klagen von Kapitalanlegern als unbegründet“.

Für betroffene Anleger stellt sich nun die Frage, ob hier eine Haftung des verantwortlichen Rechtsanwalts in Betracht kommt.

Grundsätzlich ist ein Rechtsanwalt verpflichtet, den „sichersten Weg“ zu gehen, d.h., er darf bei der Vertretung des Mandanten keine unnötigen Risiken eingehen.

Verwendet der Rechtsanwalt aus Vereinfachungsgründen einen allgemeinen Mustergüteantrag, der praktisch keine Angaben zum individuellen Schadensfall enthält, dürfte es sich hierbei nach unserer Auffassung nicht um den „sichersten Weg“ zur Hemmung der Verjährung handeln. Es wäre für den verantwortlichen Rechtsanwalt ohne weiteres möglich, die erforderlichen Angaben (Zeitpunkt der Beratung, Hergang der Beratung etc.) bei seinem Mandanten zu erfragen. Nach unserer Auffassung dürfte die Verwendung eines allgemeinen Mustergüteantrags daher eine Pflichtverletzung des Rechtsanwalts darstellen.

Dies allein führt allerdings noch nicht zu einer Haftung des verantwortlichen Rechtsanwalts. Zusätzlich ist erforderlich, dass der Anleger den Prozess bei ordnungsgemäßer anwaltlicher Vertretung gewonnen hätte. Hierüber entscheidet grundsätzlich das Gericht des Regressprozesses. Steht fest, dass bei ordnungsgemäßem Vorgehen des Anwalts der tatsächlich verloren gegangene Prozess gewonnen worden wäre, hat der Anwalt sämtliche entstandenen Verfahrenskosten sowie den geltend gemachten Anspruch zu ersetzen.

Nach § 51 VI S. 2 BRAO kann der betroffene Mandant von der Rechtsanwaltskammer Auskunft über den Namen und die Adresse der Berufshaftpflichtversicherung des verantwortlichen Rechtsanwalts sowie die Versicherungsnummer verlangen.

Ein „Direktanspruch“ des Mandanten gegen die Vermögensschadenshaftpflicht des Anwalts besteht jedoch in aller Regel nicht. Eine Ausnahme gilt allerdings für den Fall der Insolvenz des verantwortlichen Rechtsanwalts bzw. für den Fall, dass der verantwortliche Rechtsanwalt „unbekannt verzogen“, also „untergetaucht“, ist (vgl. § 115 VVG).

Autor: Rechtsanwalt Dr. Christoph Sieprath


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