Konsequenzen des Corona-Mietrechts: eine Übersicht für Vermieter und Mieter

  • 7 Minuten Lesezeit

Aufgrund der Corona-Pandemie ist es in der Bundesrepublik Deutschland bekanntlich zu ganz erheblichen Einschränkungen in allen Bereichen des Privat- und Wirtschaftslebens. Um einen massiven Anstieg der Infektionen mit dem Coronavirus einzudämmen, haben die Behörden seit März 2020 eine Vielzahl von Regelung angeordnet, die zu ganz erheblichen wirtschaftlichen Einschränkungen und Einkommensverlusten bei Personen und Unternehmen führen.

Unter anderem für den Bereich des Mietrechts, hat die Bundesregierung mit dem

Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz-und Strafverfahrensrecht vom 27.03.2020 (Bundesgesetzblatt Jahrgang 2020 Teil I Nr. 14)

ein Moratorium für die Erfüllung vertraglicher Ansprüche aus Dauerschuldverhältnissen eingeführt, das betroffenen Verbraucher und Unternehmen, die wegen der Covid-19-Pandemie ihre vertraglich geschuldeten Leistungen nicht erbringen können, ein Aufschub gewährt.

Die Regelungen das Mietrecht betreffend finden sich unter Art. 5, § 2 dieses Gesetzes.

Dieser lautet:

§ 2

Beschränkung der Kündigung von Miet- und Pachtverhältnissen

(1) Der Vermieter kann ein Mietverhältnis über Grundstücke oder über Räume nicht allein aus dem Grund kündigen, dass der Mieter im Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 trotz Fälligkeit die Miete nicht leistet, sofern die Nichtleistung auf den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie beruht. Der Zusammenhang zwischen Covid-19-Pandemie und Nichtleistung ist glaubhaft zu machen. Sonstige Kündigungsrechte bleiben unberührt.

(2) Von Absatz 1 kann nicht zum Nachteil des Mieters abgewichen werden.

(3) Die Absätze 1 und 2 sind auf Pachtverhältnisse entsprechend anzuwenden.

(4) Die Absätze 1 bis 3 sind nur bis zum 30. Juni 2022 anzuwenden.

Diese Regelung ist mit Wirkung ab 1. April 2020 Kraft getreten.

So klar diese Regelung auf den ersten Blick erscheint, umso mehr Fragen ergeben sich aber im Hinblick auf konkrete Einzelfälle. Dieser Rechtstipp gibt Vermietern und Mietern eine kurze Übersicht über Fragen und Konsequenzen dieser Gesetzesänderung.

Müssen Mieter die vereinbarte Miete bezahlen?

Auch die neue Regelung ändert nichts an der Pflicht des Mieters, die Miete zu bezahlen. Gemäß § 556b Abs. 1 BGB ist bei Mietverhältnissen über Wohnraum Mietzahlung spätestens am 3. Werktag eines jeden Monats zu bezahlen, diese Regelung findet sich in den meisten Mietverträgen, sei es über Wohnraum oder Gewerberaum. Das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie beinhaltet kein Recht des Mieters zur Nichtzahlung der Miete, sondern lediglich ein Kündigungsausschluss des Vermieters aufgrund von Mietrückständen für den Zeitraum 01.04. bis 30.06.2020. Grundsätzlich bleibt also die Zahlungspflicht des Mieters bestehen, er befindet sich daher in Verzug mit der Bezahlung der Miete. Dies hat zur Folge, dass z. B. Verzugszinsen entstehen, grundsätzlich hat der Vermieter auch das Recht hat, die ausstehende Miete gerichtlich geltend zu machen. Das neue Gesetz schützt den Mieter lediglich vor Verlust der Mietsache durch Kündigung des Mietvertrages aufgrund Zahlungsverzuges im Zeitraum 01.04. bis 30.06.2020 (wobei das Gesetz hier die Bundesregierung ermächtigt, die Kündigungsbeschränkung auf Zahlungsrückstände bis längstens zum 30.09.2020 durch Verordnung zu verlängern).

Was bedeutet die Kündigungsbeschränkung für den Vermieter?

Grundsätzlich hat ein Vermieter das Recht, ein Mietverhältnis (fristlos) zu kündigen, sobald der Mieter sich mit der Zahlung der Miete oder einem Teil der Miete in Verzug befindet. Dieses Kündigungsrecht wird durch das neue Gesetz eingeschränkt. Zahlt der Mieter die im Zeitraum 01.04. bis 30.06.2020 fällig werdenden Mieten nicht oder nicht vollständig, darf der Vermieter aus diesem Grund das Mietverhältnis nicht kündigen. Dies gilt für die ordentliche wie auch für die außerordentliche (fristlose) Kündigung.

Welche Voraussetzungen hat dieser mietrechtliche Kündigungsschutz?

Dieser mietrechtliche Kündigungsschutz zugunsten des Mieters gilt jedoch nicht allgemein, sondern muss im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie stehen.

Das bedeutet:

  • die Nichtzahlung der Miete findet im Zeitraum vom 01.04. bis 30.06.2020 (vorbehaltlich einer möglichen Verlängerung) statt
  • die Nichtleistung der Miete beruht auf den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie
  • der Mieter muss diesen Zusammenhang zwischen Nichtleistung der Miete und der Covid-19-Pandemie glaubhaft machen

Liegen diese drei Voraussetzungen vor, darf der Vermieter nicht kündigen.

Wie kann der Mieter den Zusammenhang glaubhaft machen?

Der Mieter hat mehrere Möglichkeiten, den Zusammenhang zwischen Nichtleistung der Miete und der Covid-19-Pandemie machen.

Denkbar sind:

  • Verdienstbescheinigungen, die das Einkommen vor und während der Corona-Pandemie nachweisen
  • Bescheinigung des Arbeitgebers über Kurzarbeit, Verdienstausfall etc.
  • bei Selbstständigen: Umsatznachweise, die die Situation vor und während Pandemie, also einen erheblichen Umsatzrückgang bzw. Umsatzausfall, darstellen
  • ggf. Vorlage behördlicher Verfügungen, die dem Selbständigen seine Tätigkeit untersagen oder erheblich einschränken
  • Versicherung an Eides statt, dass infolge der Pandemie die Tätigkeit bzw. die Verdienstmöglichkeiten eingeschränkt bzw. ganz weggefallen sind
  • Nachweis, dass entsprechende staatliche Leistungen beantragt werden bzw. schon gewährt werden

Sind alle Kündigungsrechte des Vermieters ausgeschlossen?

Der Kündigungsausschluss des neuen Gesetzes bezieht sich ausschließlich nur auf den Umstand der Nichtzahlung der Miete im Zeitraum 01.04. bis 30.06.2020 aufgrund der Auswirkungen der Covid-19-Pandemie. D. h., dass alle weiteren Kündigungsrechte des Vermieters fortbestehen, z. B. Eigenbedarf, Kündigung wegen Nichtzahlung von Mieten, die bereits vor dem 01.04.2020 fällig geworden sind, sonstige Pflichtverletzungen, die zu einem Kündigungsrecht führen etc.

Hat der Mieter das Recht, die Miete zu mindern?

Grundsätzlich ändert das neue Gesetz nichts an dem Recht des Mieters, die Miete zu mindern, soweit Mängel vorhanden sind, die die Nutzung der Mietsache mehr als unerheblich beeinträchtigen. Behördliche Untersagungen, die das Betreiben des Geschäfts in den Mieträumen betreffen, stellen jedoch allgemein keinen mietrechtlichen Mangel dar, der zur Minderung berechtigt. Der Mangel ist hier nicht in der Mietsache zu finden, sondern liegt üblicherweise in der Art der Tätigkeit, die der Mieter betreibt. Entscheidend sind hier jedoch die Umstände des jeweiligen Einzelfalls, dringend zu empfehlen ist, hier anwaltlichen Rat einzuholen.

Ist der Vermieter verpflichtet, die Miete zu stunden?

Der Vermieter ist nicht verpflichtet, dem Mieter einen Zahlungsaufschub zu geben. Lediglich die Kündigungsmöglichkeit für den Vermieter ist durch das neue Gesetz eingeschränkt, der Mieter ist grundsätzlich verpflichtet, die Miete vollständig zu bezahlen.

Wie lange gilt die Kündigungseinschränkung?

Die neue gesetzliche Regelung gilt bis zum 30.06.2022. Das bedeutet, dass der Vermieter bezüglich eines Mietrückstandes im Zeitraum 01.04. bis (vorläufig) 30.06.2020 keine (ordentliche oder außerordentliche) Kündigung des Mietverhältnisses aussprechen darf. Die Konsequenz ist, dass der Mieter bis zum 30.06.2022 Zeit hat, die im Zeitraum 01.04. bis 30.06.2020 aufgelaufenen Mietrückstände an den Vermieter zu bezahlen, um eine Kündigung des Mietverhältnisses aus diesem Grund abzuwenden. Wichtig ist, dass der vollständige ausstehende Mietzins bis zu diesem Zeitpunkt zu bezahlen ist. Anzuraten ist, dass sich Ihr Vermieter und Mieter zusammensetzen und eine Tilgungsplan erarbeiten, der für beide Seiten tragbar ist.

Handlungsempfehlungen

Erfahrungsgemäß wirft ein neues Gesetz in der Praxis viele Probleme auf, die der Gesetzgeber im Zeitpunkt des Erlasses nicht gesehen oder nicht bedacht hat. Die Rechtsprechung wird sicherlich viele Fallgruppen näher regeln. So wird sich die Frage stellen,

  • ob dieses Gesetz auch zugunsten großer Konzerne oder wohlhabende Privatpersonen (die Mieter sind) anzuwenden ist
  • wie die Anforderungen an die Glaubhaftmachung des Zusammenhangs zwischen Nichtleistung und der Covid-19-Pandemie zu gestalten sind
  • wie umfassend der Einkommensausfall oder die Gehaltseinbußen sein müssen
  • ob es eine Pflicht gibt, sich um staatliche Hilfen zu bemühen, bevor für ein Mieter die gesetzliche Regelung greift
  • ob ein Mieter gehalten ist, auch private Rücklagen einzusetzen etc.

Grundsätzlich ist daher Mietern davon abzuraten, die Mietzahlungen nunmehr vorschnell auszusetzen.

Vielmehr ist dazu zu raten, dass der Mieter aktiv mit seinem Vermieter Kontakt aufnimmt und mit diesem die aktuelle Situation erörtert. Abzuklären wäre insbesondere die Möglichkeit einer Stundung der Mietzahlung für einen gewissen Zeitraum, einer ratierlichen Abzahlung der ausstehenden Mieten über einen gewissen Zeitraum oder möglicherweise sogar eine grundsätzliche Reduzierung der Miete für einen bestimmten Zeitraum. Aus Sicht des Vermieters sprechen vielleicht auch einige Gründe für ein solches Entgegenkommen, so haben z. B. viele Vermieter (insbesondere bei langlaufenden Mietverhältnissen) ein Interesse daran, den Mieter grundsätzlich zu halten, sei es, weil das Verhältnis bisher vertrauensvoll war, sei es, weil ein neuer Mieter nur schwer zu finden ist etc.

Nach hiesiger Einschätzung ist grundsätzlich davon auszugehen, dass in den meisten Fällen auf Seiten des Vermieters Gesprächsbereitschaft vorhanden sein dürfte.

Mieter wie auch Vermieter sollten solche Gespräche jedoch nicht ohne anwaltliche Unterstützung führen, da rechtliche Fragen mit einer erheblichen wirtschaftlichen Tragweite zu regeln sind. In jedem Fall sollte sich Rat bei einem spezialisierten Rechtsanwalt eingeholt werden, um Fehler im Vorfeld zu vermeiden.

Kompetente Sofortberatung durch einen Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht der Kanzlei Bellmann Rechtsanwälte

Ihr Vorteil

Ein Fachanwalt prüft zeitnah Ihre Rechtsfrage und legt Ihnen dar, welche Rechte und Ansprüche Sie haben und welche Handlungsoptionen für Sie infrage kommen



Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Philipp Bellmann

Beiträge zum Thema