Kündigung auch bei Bagatelldelikt möglich

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Auch Bagatelldelikte mit einer geringen Schadenshöhe können die sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen. Dies entschied einmal mehr das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 22.09.2016 – 2 AZR 848/15) in Bezug auf einen eingelösten Pfandbon.

Ähnlich wie im bekannten Fall der Kassiererin Emmely (BAG, Urteil vom 10. 6. 2010 – 2 AZR 541/09, NZA 2010, 1227) war die Klägerin seit 15 Jahren in einem Supermarkt und zuletzt als stellvertretende Filialleiterin beschäftigt. Als bei der Warengruppe „Tabak/Zigaretten“ ein zu vorherigen Inventuren zehnfacher Inventurverlust festgestellt worden war, installierte der Arbeitgeber in Abstimmung mit dem Betriebsrat eine Videoüberwachung im Bereich der Kassen. Die Auswertung der Aufnahmen brachte zwar keine Erkenntnisse zu den Inventurdifferenzen. Dafür aber wurde die Klägerin dabei gefilmt, wie sie eine „Musterpfandflasche“ über den Scanner zog. Daraufhin entnahm sie Geld der Kasse, legte das Geld zunächst neben diese, um sich später das Geld in die eigene Tasche zu stecken. Es handelte sich um eine Barauszahlung von 3,25 EUR, also um eine vergleichsweise geringe Schadenshöhe (Stichwort Bagatellkündigung).

Zufallsfund kann nach Bundesdatenschutzgesetz verwertet werden

Die Verwertung der Erkenntnisse der verdeckten Videoüberwachung hielt das BAG zunächst für zulässig. Da es kein milderes Mittel als die Videoüberwachung gegeben habe, sei der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht gerechtfertigt. Die Verwertung eines Zufallsfundes könne nach § 32 Abs. 1 Satz 1 Bundesdatenschutzgesetz zulässig sein.

Vertrauensbruch auch bei geringer Schadenshöhe

Zum eigentlichen Kündigungssachverhalt führt das Bundesarbeitsgericht aus, dass auch Vermögensdelikte mit geringer Schadenshöhe einen wichtigen Grund für eine Kündigung im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB darstellen können. Die gegenseitige Rücksichtnahmepflicht sei erheblich verletzt, wenn man sich zu Lasten des Arbeitgebers einen Vermögensvorteil verschaffe. Handlungen wie Diebstahl oder Unterschlagung, aber auch sonstige, nicht strafbare, gegen das Vermögen des Arbeitgebers gerichtete Handlungen (z.B. bedingt vorsätzlich negative Währungsgeschäfte) sind typischerweise fristlose Kündigungsgründe. Dabei betonte das BAG nochmals, dass dies unabhängig von der Schadenshöhe gilt. Allein maßgeblich ist der mit der Handlung verbundene Vertrauensbruch.

Die langjährige Beschäftigung half hier der Klägerin nicht. Der Schaden war zwar mit 3,25 EUR relativ gering. Allerdings geschah das Einstecken des Geldes bewusst, heimlich und gezielt. Dadurch sei das Vertrauen jedenfalls gebrochen, auf welches man aber unbedingt bei einer stellvertretenden Filialleiterin und Kassiererin zurückgreifen können müsse.

Als Fazit lässt sich daher festhalten, dass unter Umständen bei Videoüberwachungen festgestellte Sachverhalte kündigungsrechtlich relevant werden können. Ebenso ist klargestellt, dass auch jedes noch so kleine Vermögensdelikt mit geringer Schadenshöhe ein auch langjähriges Arbeitsverhältnis beenden können.

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