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Kur: Kein Urlaub auf Krankenschein

  • 5 Minuten Lesezeit
Esther Wellhöfer anwalt.de-Redaktion

Ob Übergewicht, Depression, Herzinfarkt oder eine Verletzung bei einem Arbeitsunfall - reicht in diesen Fällen die ärztliche Behandlung zur Genesung nicht aus, können Patienten eine Kur machen. Mit medizinischen Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen kann das körperliche und seelische Wohlbefinden wiederhergestellt oder verbessert werden. Dabei ist aktive Teilnahme des Erkrankten gefordert. Doch auch Entspannung und Erholung kommen meist nicht zu kurz. Wer hat Anspruch auf eine Kur, wie stellt man den Antrag, welche Kosten werden erstattet und was ist zu tun, wenn der Kurantrag vom Kostenträger abgelehnt worden ist? Die Antworten gibt das Redaktionsteam von anwalt.de.

Alle Kuren werden nur in Kurorten mit Prädikat (Heilbad, Kneippkurort, Seebad, Luftkurort etc.) erbracht, das vom Landesministerium erteilt wird. Kuren sind Maßnahmen zur Vorsorge und Rehabilitation. Neben der gesundheitlichen Vorbeugung, Wiederherstellung und Verbesserung dienen sie auch der körperlichen und seelischen Erholung. Eine Kur kommt in Frage, wenn die ärztliche Behandlung im Krankenhaus allein nicht für eine vollständige Genesung ausreicht. Hinweis: Maßnahmen der medizinischen Vorsorge und Rehabilitation dürfen nicht auf den Urlaub angerechnet werden (§ 10 Bundesurlaubsgesetz).


[image]Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen

Medizinische Vorsorgemaßnahmen sollen eine Erkrankung oder bei leichterer Gesundheitsbeeinträchtigung schwere Folgen verhindern, so etwa bei bestimmten Risikofaktoren (Übergewicht, Bewegungsmangel, Fehlernährung). Sie werden ambulant oder stationär in Kurkliniken erbracht. Es gilt der Grundsatz: „ambulant vor stationär", d.h. stationäre Präventionsmaßnahmen sind nur möglich, wenn ambulante Vorsorge nicht ausreicht oder nicht erfolgreich war. Die stationäre Vorsorgemaßnahme dauert im Regelfall höchstens drei Wochen, bei Kindern vier bis sechs Wochen. Eine Kostenerstattung erfolgt nur einmal innerhalb von vier Jahren, es sei denn eine weitere stationäre Behandlung ist dringend medizinisch notwendig. Ambulante Vorsorgemaßnahmen bezahlt die Krankenkasse nur einmal innerhalb von drei Jahren - außer sie sind medizinisch dringend erforderlich.

Kostenerstattung: Bei ambulanter Vorsorge erstattet die Krankenkasse grundsätzlich die medizinischen Behandlungskosten. Es ist aber möglich, einen Zuschuss für sonstige Kosten zu beantragen, die in diesem Zusammenhang entstehen. Für chronisch kranke Kleinkinder beträgt der Zuschuss pro Tag bis zu 21 Euro, für Erwachsene bis zu 13 Euro. Bei stationärer Vorsorge zahlt die Kasse die medizinischen Behandlungskosten und die Kosten für Unterkunft und Verpflegung. Fahrtkosten werden zu 10 Prozent erstattet, mindestens 5 und höchstens 10 Euro.

Auch Maßnahmen zur medizinischen Rehabilitation gehören seit der Gesundheitsreform zu den Pflichtleistungen der gesetzlichen Krankenkassen. Sie werden ebenfalls stationär oder ambulant erbracht. Nach dem Motto „Reha vor Rente" zielt die medizinische Rehabilitation darauf ab, den Patienten wieder fit für das Erwerbsleben und den Alltag zu machen. Behandelt werden in der Reha alle Gesundheitsbeeinträchtigungen angefangen von chronischen Erkrankungen (z.B. Asthma, Rückenerkrankungen, Hauterkrankungen) bis hin zu den Folgen eines Arbeitsunfalls. Wie bei der medizinischen Vorsorge werden stationäre Maßnahmen erst erstattet, wenn ambulante Rehabilitationsmaßnahmen nicht ausreichen, um eine Wiederherstellung oder Verbesserung zu erzielen (§ 40 Absatz 2 SGB V), wobei der Kostenträger Art, Dauer, Umfang und Durchführung der Reha-Maßnahmen in jedem Einzelfall prüft und festlegt.

Kostenerstattung: Bei medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen ist keine Eigenbeteiligung der Patienten erforderlich. Hier werden alle Kosten komplett übernommen, bei einer stationären Rehabilitation also alle Behandlungs-, Unterkunfts- und Verpflegungskosten, bei ambulanten Maßnahmen insbesondere auch die Fahrtkosten.


Mutter-Kind-Kuren, Vater-Kind-Kuren, §§ 24, 42 SGB V

Seit der Gesundheitsreform gehören Mutter-Kind- und Vater-Kind-Kuren zum Katalog der Pflichtleistungen der gesetzlichen Krankenkassen (Medizinische Rehabilitation für Mütter und Väter, § 41 SGB V). Bei diesen Kuren speziell für Eltern gilt der Grundsatz „ambulant vor stationär" nicht. Grund hierfür ist, dass früher Mutter-Kind-Kuren häufig von den Krankenkassen mit dem Verweis auf mögliche ambulante Maßnahmen abgelehnt wurden. Durch die Reform wurde diese Praxis eingeschränkt, um so der besonderen Belastung gerecht zu werden, der Eltern ausgesetzt sind bzw. der besonderen Gefährlichkeit der Gesundheitsschäden für Kinder. Allerdings muss auch hier die Kur medizinisch indiziert sein. Der Arzt prüft vorab, ob die Voraussetzungen vorliegen. So sind z.B. Vorsorgemaßnahmen (§ 24 SGB V) erforderlich, wenn bei dem Elternteil bestimmte Risikofaktoren bestehen, die in absehbarer Zeit zu einer Erkrankung führen können oder wenn die gesundheitliche Entwicklung des Kindes gefährdet ist. Besteht bereits eine Schädigung körperlicher oder seelischer Art, die voraussichtlich dauerhaft zu Beeinträchtigungen führt, kann auch eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme in Betracht kommen. Mutter-Kind-Maßnahmen bzw- Vater-Kind-Maßnahmen werden in Einrichtungen des Müttergenesungswerkes oder anderen geeigneten Einrichtungen angeboten.


Zuzahlungen, Antrag und Widerspruch

Für stationäre medizinische Maßnahmen müssen Patienten über 18 Jahren pro Tag 10 Euro Eigenbeteiligung an die jeweilige Einrichtung zahlen. Bei einer Anschlussrehabilitation, die direkt nach einem Krankenhausaufenthalt erfolgt (Beginn spätestens 14 Tage danach), wird die Zuzahlung für längstens 14 Tage bzw. 28 Tage pro Kalenderjahr erhoben. Menschen mit geringem Einkommen können sich ganz oder teilweise von der Zuzahlungspflicht befreien lassen.

Nehmen Erwachsene stationäre Reha-Maßnahmen in Form von Mutter- bzw. Vater-Kind-Kuren in Anspruch, müssen sie ebenfalls eine Zuzahlung in Höhe 10 Euro je Kalendertag bezahlen. Ist die persönliche Zuzahlungsgrenze erreicht (1 oder 2 Prozent des Jahreseinkommens), kann man sich im Voraus von der Zuzahlung befreien lassen. Kinder sind generell von der Zuzahlung befreit.

Nachdem der Arzt ein entsprechendes Attest ausgestellt hat, muss bei allen Kurarten zunächst ein Antrag gestellt werden. Das Antragsformular ist bei der Deutschen Rentenversicherung bzw. bei der Krankenkasse erhältlich und sollte zusammen mit dem behandelnden Arzt ausgefüllt werden. 

Behandlungsziel und Krankheitsursache entscheiden, welcher Träger die Kosten übernimmt. Für die Rehabilitation von rentenversicherten Erwerbstätigen ist in den meisten Fällen die Deutsche Rentenversicherung Bund (früher: BfA/LVA) zuständig (§ 15 SGB V). Für die Rehabilitation nach einem Arbeitsunfall (Wegeunfall, Unfall beim Schulbesuch etc.) oder einer Berufskrankheit sind die Berufgenossenschaften und die Unfallversicherung Kostenträger. Die gesetzliche Krankenkasse ist nur zuständig, wenn es keine Zuständigkeit eines anderen Kostenträgers gibt, also beispielsweise für gesetzlich krankenversicherte Kinder und Hausfrauen. Wird der Antrag auf Rehabilitationsleistungen beim falschen Kostenträger abgegeben, hat das keine Nachteile für den Betroffenen. Denn der Sozialversicherungsträger muss den Antrag an den zuständigen Kostenträger weiterleiten. Achtung: Das gilt aber nur für Rehabilitationsmaßnahmen. Alle Vorsorgemaßnahmen und Mutter-Kind- oder Vater-Kind-Kuren sind bei der Krankenkasse zu beantragen.

Der Kostenträger prüft dann den Antrag, bewilligt ihn, schlägt alternative Maßnahmen vor, kann ein Sachverständigengutachten einholen oder die Kostenübernahme ablehnen. Ist der Antrag nicht bewilligt worden, kann man gegen die Entscheidung Widerspruch einlegen. Bleibt dieser erfolglos, so steht der Rechtsweg zu den Sozialgerichten offen. Spätestens hier ist dann jedoch eine kompetente rechtliche Beratung von Seiten eines Rechtsanwalts dringend anzuraten.

(WEL)

Foto(s): ©iStockphoto.com

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