Lizenz auf Insolvenz?
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Gerade in Zeiten der Wirtschaftskrise gewinnt der Schutz des geistigen Eigentums große Bedeutung. Vor allem technologiestarke Unternehmen nutzen über Lizenzverträge das Know-how, um innovative Produkte und Dienstleistungen zu veräußern, z.B. bei Software, Filmen, Rezepturen, Design oder High-Tech-Produktionsverfahren. Allerdings sind in Deutschland die Lizenzen nach dem Gesetz nicht insolvenzfest. Und dieser lückenhafte Schutz kann gravierende Folgen für die betroffenen Unternehmen mit sich bringen, insbesondere, wenn der Lizenzgeber in Insolvenz geht.
[image]Die Redaktion von anwalt.de zeigt die Probleme in der Praxis auf, gibt einen Überblick zur geplanten Reform des Insolvenzrechts für Lizenzen und verrät einige Tricks, wie sich Lizenznehmer gegen eine Insolvenz des Lizenzgebers absichern können.
Lizenzverträge im Überblick
Nicht nur im hochtechnologischen Bereich werden Lizenzverträge für Patente, Gebrauchsmuster, Marken und anderes geistiges Eigentum geschlossen, auch der Mittelstand nutzt Lizenzen oder verwertet eigene innovative Entwicklungen durch sie. In den meisten Fällen wird der Lizenzvertrag bereits in einem relativ frühen Entwicklungsstadium eines Produkts oder eines Verfahrens geschlossen und zeichnet sich als sog. Dauerschuldverhältnis durch seine langfristige Laufzeit aus, die durchaus Jahrzehnte betragen kann.
Mit dem Lizenzvertrag überträgt der Lizenzgeber auf den Lizenznehmer das Nutzungsrecht an seinem Schutzrecht. Im Gegenzug zahlt der Lizenznehmer für die Nutzung eine Lizenzgebühr. Das Nutzungsrecht kann exklusiv nur an einen Lizenznehmer (exklusive Lizenz) oder mehrere Lizenznehmer übertragen werden. Ebenfalls möglich sind Sublizenzen, bei denen der Lizenznehmer seinerseits die Nutzungsrechte an weitere Lizenznehmer überträgt, sog. Verwertungsketten.
Wesentliche Regelungspunkte in einem Lizenzvertrag sind:
- Lizenzgegenstand
- Marktsegment und Region, in der die Lizenz genutzt wird
- Lizenzlaufzeit
- Lizenzentgelt
- Evtl. Vertragsstrafen bei Verstößen
Probleme bei Insolvenz
Problematisch ist derzeit die Rechtslage für Lizenzverträge, wenn der Lizenzgeber in Insolvenz geht. Die maßgebliche Norm im Insolvenzverfahren ist § 103 Insolvenzordnung (kurz: InsO). Bei einem Lizenzvertrag handelt es sich nämlich nach herrschender Meinung um einen pachtähnlichen Vertrag, für den § 103 InsO zur Anwendung kommt: Danach steht dem Insolvenzverwalter bei laufenden Verträgen, also auch bei bestehenden Lizenzverträgen, ein Wahlrecht zu, ob das Vertragsverhältnis weiterhin von beiden Seiten erfüllt werden soll. Dem Lizenznehmer bleibt nur die Hoffnung, dass der Insolvenzverwalter den Lizenzvertrag weiter laufen lässt.
Doch es kann durchaus vorkommen, dass sich der Insolvenzverwalter gegen das Fortbestehen des Lizenzvertrages entscheidet, etwa weil er beispielsweise eine höhere Lizenzgebühr durch einen erneuten Verkauf erzielt als sie im laufenden Vertragsverhältnis anfallen würde. Hinweis: Der Insolvenzverwalter ist verpflichtet, möglichst viel Insolvenzmasse zu erzielen, so dass die Beendigung eines laufenden Lizenzvertrages aus diesen Gründen gerechtfertigt sein kann. Aus Sicht des Lizenznehmers verkehrt sich dann jedoch das oberste Gebot des Insolvenzrechts - wirtschaftlichen Schaden weitgehend abzuwenden - in das genaue Gegenteil.
Schadensersatzanspruch des Lizenznehmers
Denn entscheidet sich der Insolvenzverwalter dazu, den Lizenzvertrag nicht weiter fortzusetzen, hat der Lizenznehmer ein Problem: Er hat keinen Nutzungsanspruch mehr und ist auf Schadensersatz beschränkt, den er lediglich als Insolvenzgläubiger geltend machen kann. In der Praxis wird er häufig keinen angemessenen Ersatz für den Wegfall der Lizenz erhalten. Dabei hat er in vielen Fällen wegen des geschlossenen Lizenzvertrages Investitionen in den Bereichen Entwicklung oder Produktion getätigt, die er nun nicht mehr für sein Unternehmen nutzen kann. Der Lizenznehmer muss also alleine das Risiko tragen, dass der Lizenzgeber insolvent geht.
Verhängnisvoll ist auch die rechtliche Position von Lizenznehmern in Verwertungsketten: Gerät der Lizenzgeber in Insolvenz, hat dies für alle anschließenden Lizenzverträge Folgen, so dass alle anderen Lizenznehmer ebenfalls mit den für sie nachteiligen Rechtsfolgen rechnen müssen.
Möglichkeiten bei Vertragsgestaltung
Diesen nachteiligen Folgen für Lizenznehmer kann häufig durch eine entsprechende Vertragsgestaltung begegnet werden, wenn eine mögliche Insolvenz des Lizenzgebers bereits bei Vertragsschluss miteinbezogen wird. Einen Ausweg können beispielsweise Sublizenzen bieten, bei denen der Lizenznehmer zur Finanzierung seine Lizenz auf die Bank als Sicherheit überträgt. In diesem Fall darf der Insolvenzverwalter gemäß § 108 InsO den laufenden Lizenzvertrag nicht ablehnen, sondern muss ihn fortführen. Weitere Lösungen bieten sich auch aus dem Bereich des Gesellschaftsrechts durch entsprechende Gründungen einer Lizenz-Tochtergesellschaft.
Eine weitere Möglichkeit ist die Verlagerung der Lizenz in Länder, die inzwischen Lizenzen insolvenzfest ausgestaltet haben, z.B. USA oder Japan. Dass diese Lösung faktisch zu einer Flucht von Know-how ins Ausland führen kann, hat inzwischen auch der deutsche Gesetzgeber bemerkt. Ein Regierungsentwurf aus dem Jahr 2007 sieht die Regelung der Insolvenzfestigkeit von Lizenzen vor: Gemäß dem neu in die Insolvenzordnung einzufügenden § 108a InsO sollen Lizenznehmer von den Folgen des § 103 InsO ausgenommen werden (BT-Drs 16/7416). Solche Ausnahmetatbestände gibt es bereits, z.B. für Miet- und Leasingverträge. Allerdings bleibt abzuwarten, ob die Reform der Insolvenzordnung noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet wird. Im Sinne der Rechtssicherheit wäre dies allemal wünschenswert.
Ungeachtet wie es rechtlich mit dieser Problematik weiter geht, ist die Einholung anwaltlichen Rats bei Lizenzverträgen dringend empfohlen. Schließlich handelt es sich um ein komplexes Rechtsthema, für das derzeit noch keine Standard-Lösung existiert. Vielmehr müssen individuell juristische Wege gefunden werden, damit beide Vertragsparteien ihre Position optimal absichern.
(WEL)
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