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Lüge bei Schadensanzeige lohnt sich nicht!

  • 3 Minuten Lesezeit
Sandra Voigt anwalt.de-Redaktion

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So ärgerlich ein Verkehrsunfall auch ist, so nervenaufreibend kann manchmal der darauffolgende Streit mit der eigenen Versicherung sein, wenn die den entstandenen Schaden bezahlen soll. Das von ihr zugesandte Schadensformular sollte dennoch immer wahrheitsgemäß ausgefüllt werden – wird später nämlich bekannt, dass der Versicherungsnehmer falsche Angaben gemacht hat, könnte das zur (teilweisen) Leistungsfreiheit beim Versicherer führen.

Nachtrunk oder Alkoholfahrt?

Ein Mann war mit dem Pkw seines Vaters unterwegs, als er von der Fahrbahn abkam. Er informierte die Vollkaskoversicherung von dem Unfall, die prompt ein Schadensformular zusandte. Darin mussten unter anderem Angaben dazu gemacht werden, ob der Fahrer Alkohol zu sich genommen hatte. Ausgefüllt und unterschrieben wurde die Schadensanzeige nicht vom Kfz-Eigentümer bzw. Versicherungsnehmer, sondern vom Unfallfahrer. Der erklärte, keinen Alkohol getrunken zu haben, und verneinte die Frage nach der Entnahme einer Blutprobe.

Tatsächlich hatte die nach dem Unfall herbeigerufene Polizei noch vor Ort einen Atemtest (0,61 Promille) und später einen Bluttest gemacht, mit dem eine Blutalkoholkonzentration von 1,20 Promille festgestellt wurde. Der Autofahrer erklärte daraufhin, sieben bis acht Stunden vor dem Unfall Bier und unmittelbar danach eine Flasche Alkohol getrunken zu haben.

Die Versicherung verweigerte nun jegliche Leistung. Schließlich habe der Unfallfahrer die Schadensanzeige vorsätzlich falsch ausgefüllt und arglistig gehandelt, was seinem Vater als Versicherungsnehmer zuzurechnen sei. Der Sohn habe den Alkoholkonsum verschwiegen, um das Geld von der Versicherung „zu kassieren“. Der Versicherungsnehmer erklärte jedoch, bezüglich des Alkoholkonsums seines Sohns genauso viel bzw. wenig zu wissen wie die Versicherung – die Angaben seines Sprösslings könnten ihm daher nicht zugerechnet werden. Der Streit endete vor Gericht.

Versicherer muss nicht leisten

Das Oberlandesgericht (OLG) Köln wies sämtliche Ansprüche des Versicherungsnehmers zurück und verneinte eine Einstandspflicht des Versicherers.

So muss ein Versicherter nach einem Unfall alle Umstände wahrheitsgemäß angeben, die bedeutsam sind für die Fragen nach dem Unfallhergang, ob eine Einstandspflicht der Versicherung wirklich besteht bzw. ob es Gründe für eine Minderung des Schadens gibt. Welche Umstände die Versicherung als relevant erachtet, ergibt sich unter anderem aus dem Schadensformular. Vorliegend wurde darin explizit nachgefragt, ob der Fahrer Alkohol zu sich genommen hatte und ob eine Blutprobe entnommen worden war. Grund dafür ist, dass die Versicherung von der Leistung grundsätzlich frei wird, wenn der Alkoholkonsum kausal für den Unfall war. Wenn jedoch arglistig erklärt wird, dass beim Unfall kein Alkohol im Spiel war, würde die Versicherung den Schaden regulieren, obwohl sie dazu gar nicht verpflichtet ist. Daher war die Frage nach Alkoholkonsum bedeutsam für die Feststellung, ob die Versicherung einstandspflichtig ist oder nicht.

Der Unfallfahrer hat jedoch vorsätzlich und arglistig bekundet, keinen Alkohol getrunken zu haben, obwohl ein Bluttest zweifelsfrei das Gegenteil bewies. Dabei spielte es keine Rolle, ob er bereits betrunken Auto gefahren ist oder sich erst nach dem Unfall betrunken hat – sog. Nachtrunk. Denn auch ein Nachtrunk kann eine zuverlässige Blutalkoholbestimmung zum Unfallzeitpunkt verfälschen und unter Umständen zu einer nicht gebotenen Schadensregulierung seitens der Versicherung führen. Das Gericht war ferner der Ansicht, dass der Unfallfahrer sich bewusst war, welche Folgen seine falschen Angaben im Schadensformular haben können, anderenfalls hätte er die Fragen wahrheitsgemäß beantwortet.

Letztendlich musste sich der Vater die Falschangaben seines Sohnes auch zurechnen lassen. Denn eigentlich hätte er als Versicherungsnehmer die Schadensanzeige selbst ausfüllen und unterschreiben müssen. Stattdessen hat er diese Aufgabe seinem Sohn überlassen, sodass der Vater für dessen Verhalten „geradestehen“ muss. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 28 III 1 VVG (Versicherungsvertragsgesetz). Danach bleibt die Versicherung grundsätzlich einstandspflichtig, sofern die Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers keinen Einfluss auf z. B. den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalls hatte. Diese Regelung greift jedoch nicht, wenn – wie vorliegend – arglistig gegen die Obliegenheit verstoßen wurde, vgl. § 28 III 2 VVG.

(OLG Köln, Urteil v. 15.07.2014, Az.: 9 U 204/13)

(VOI)

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