Mehrbedarf und Sonderbedarf beim Kindesunterhalt - was ist das überhaupt?

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Der sich aus den Sätzen der Düsseldorfer Tabelle ergebende Kindesunterhalt umfasst den notwendigen allgemeinen Lebensbedarf, den Elementarbedarf, des Kindes. Hierunter fallen z. B. Aufwendungen für Ernährung, Wohnen, Bekleidung, Bildung, Freizeit und persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens.

Wenn weitere Bedarfspositionen verlangt werden, ist zunächst zu prüfen, ob diese aus dem laufenden Unterhalt zu tragen sind, also schon von den Unterhaltssätzen gemäß der Düsseldorfer Tabelle erfasst sind. Wird dies verneint, ist weiter zu prüfen, ob es sich hierbei um Sonder- oder Mehrbedarf handelt.

Nach § 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB liegt Sonderbedarf bei einem unregelmäßigen und außergewöhnlich hohen Bedarf vor; der Bedarf ist überraschend und daher nicht mit Wahrscheinlichkeit vorauszusehen. Deshalb konnte er bei der Bemessung des laufenden Unterhalts nicht berücksichtigt werden. Beispiele: unvorhergesehene Krankheits-, Operations- und ähnliche Kosten, so z. B. kieferorthopädische Behandlungskosten, soweit nicht von der Krankenversicherung getragen, oder die Erstausstattung eines Säuglings.

Der Mehrbedarf gehört zum angemessenen Lebensbedarf. Er umfasst vorhersehbare, regelmäßig anfallende Mehraufwendungen, die die üblichen Kosten derart übersteigen, dass sie von den Tabellensätzen nicht oder nicht gänzlich erfasst werden können. Beispiele hierzu: Kindergartenbeiträge und ähnliche Aufwendungen, Nachhilfekosten, die über längere Zeit anfallenden Kosten einer psychotherapeutischen Behandlung.

Der Sonder- und auch der Mehrbedarf sind Teil des Lebensbedarfs gemäß § 1610 Abs.  2 BGB. Erfasst werden Aufwendungen zur Abdeckung notwendiger Lebensbedürfnisse, wobei die konkreten Lebensumstände stets zu berücksichtigen sind. 

Sonder- und Mehrbedarf sind gegenüber dem Regelbedarf subsidiär, d.h. nachrangig. Wenn aus dem Einkommen des Unterhaltspflichtigen der Mindestbedarf eines Kindes nicht abgedeckt werden kann, kommt eine Leistung von Mehrbedarf oder Sonderbedarf nicht in Betracht.

In einem gerichtlichen Verfahren wird der Sonderbedarf mit einem Zahlungsantrag geltend gemacht. Sonderbedarf kann gemäß § 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB auch rückwirkend für 1 Jahr geltend gemacht werden; hierüber hinaus ist allerdings eine Inverzugsetzung erforderlich. Bezüglich zukünftig anfallenden Sonderbedarfs ist es möglich, einen Feststellungsantrag an das Gericht zu richten.

Der Mehrbedarf als unselbstständiger Teil des laufenden Unterhalts kann nur mit diesem zusammen geltend gemacht werden. Wenn zum laufenden Elementarunterhalt bereits ein Titel besteht, kann der Mehrbedarf im Wege der Abänderung des bestehenden Unterhaltstitels beantragt werden.

Für den Sonder- und Mehrbedarf haften bei jeweiliger Leistungsfähigkeit beide Elternteile quotenmäßig nach ihren Einkommensverhältnissen in Form einer Geldzahlung. Vor Bildung der Quote ist bei jedem Elternteil ein Sockelbetrag in Höhe des angemessenen Selbstbehalts abzuziehen.

Rechtsanwältin Özden Weinreich

Fachanwältin für Familienrecht


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