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Mehrfamilienhaus und die Pflicht zum Abschließen der Haustür

  • 2 Minuten Lesezeit
Christian Günther anwalt.de-Redaktion

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Kann man Bewohner per Hausordnung verpflichten, dass sie nachts die Eingangstür verschließen müssen? Klare gesetzliche Regeln gibt es jedenfalls nicht. Und auch die Gerichte scheinen uneins darin zu sein, was wichtiger ist: der Schutz vor Einbrechern oder der Schutz im Brandfall?

Seit Jahren bundesweit steigende Einbruchszahlen verzeichnet

Jahr für Jahr steigt bundesweit die Zahl an Wohnungseinbrüchen. Mehr als 152.000 Vorfälle verzeichneten das Bundeskriminalamt und die Landeskriminalämter im Jahr 2014. 2006 waren es noch knapp 106.000 Wohnungseinbrüche. Am stärksten betroffen sind Menschen in Bremen mit 541, Hamburg mit 429 und Berlin mit 355 Einbrüchen pro 100.000 Einwohner. In den Flächenländern führt Nordrhein-Westfalen mit 300, gefolgt von Schleswig-Holstein mit 267 und dem Saarland mit 251 Einbrüchen pro 100.000 Einwohner. Relativ betrachtet ist es in Baden-Württemberg mit 127 und in Bayern mit 65 sicherer. Die beiden Länder verzeichneten 2014 im Vergleich zum Vorjahr mit 19,4 und 28,6 Prozent allerdings den stärksten Anstieg. Nur 15,5 Prozent der Einbrüche werden im bundesweiten Schnitt aufgeklärt.

„Tür ist von 22 Uhr bis 6 Uhr abzuschließen“ erfordert Interessenabwägung

Angesichts dieser Zahlen verwundert es kaum, wenn Vermieter und Wohnungseigentümergemeinschaften beschließen, dass die Eingangstür per Hausordnung nachts zu verschließen ist oder machen dies zumindest durch entsprechende Schilder klar. Während einige Mieter und Wohnungseigentümer das befürworten, sind andere dagegen, kann das Abschließen der Tür im Brandfall zur Todesfalle werden.

Aufgrund einer entsprechenden Interessenabwägung kippte zuletzt auch das Landgericht (LG) Frankfurt/Main den Beschluss einer Eigentümerversammlung die Haustür des Nachts verschlossen zu halten. Die Fluchtmöglichkeiten würden im Brandfalle erheblich eingeschränkt. In der entstehenden Panik durch Feuer und Rauch könnten Bewohner ihren Schlüssel vergessen. Die abgeschlossene Haustür könnte sich als tödliches Hindernis erweisen. Der Beschluss zum Abschließen entspräche nicht mehr einer ordnungsmäßigen, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer entsprechenden Verwaltung (LG Frankfurt/Main, Urteil v. 12.05.2015, Az.: 2-13 S 127/12).

Auch Vermieter sind zu einer solchen Interessenabwägung zwischen Einbruchsschutz und Brandschutz ihren Mietern gegenüber verpflichtet. Insofern kommt es auf die konkreten Umstände an. Ausschlaggebend sind beispielsweise Kriterien wie die lokale Einbruchsrate und das Vorhandensein anderer Rettungswege. Entscheidend können dabei auch baurechtliche Vorschriften sein, wenn sich für Betroffene daraus ein Schutzrecht ableiten lässt. Im Streitfall müssen die Gerichte entscheiden. Angesichts der kaum vorhanden Rechtsprechung zu „Tür auf oder Tür zu“-Streitigkeiten war das noch nicht allzu oft der Fall. Laut einer umstrittenen Entscheidung des LG Köln war sogar eine Mietvertragsklausel wirksam, die Erdgeschossmieter verpflichtete, nachts das Abschließen der Haustür zu besorgen (LG Köln, Urteil v. 25.07.2013, Az.: 1 S 201/12). Unabhängig davon dürfte eine fristlose Kündigung von Mietern, die sich nichtsdestotrotz weigern, die Tür abzuschließen, dennoch ausgeschlossen sein (LG Trier, Urteil v. 25.08.1992, Az.: 1 S 77/92).

Fluchttüren lassen sich auch verschlossen von innen öffnen

Eine Lösung kann zudem der Einbau einer sogenannten „Notausgangstür“ sein. Diese Art von Türen sollen gewährleisten, dass sie sich in Gefahrensituationen mit nur einer einzigen Betätigung nach außen öffnen lassen, unabhängig davon, ob sich die Tür im abgeschlossenen Zustand befindet oder nur durch die Falle verschlossen ist.

(GUE)

Foto(s): ©Fotolia.com

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