Mietliegewagen vor dem Aus?

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Droht das Aus für Mietliegewagen?

Das OLG Hamm hat mit Urteil vom 24.06.2021 – 4 U 184/20 entschieden, dass ein Mietwagenunternehmer eine nach DIN EN 1865 genormte Krankentrage, die zur Verwendung in Rettungswagen (RTW) und Krankentransportwagen (KTW) bestimmt sind, nicht in Mietliegewagen verwenden darf.

Abmahnung droht

Die ersten Abmahnungen sind bereits verschickt und dürften bei den ersten Mietliegewagen-Unternehmern angekommen sein. Vor allem in Nordrhein-Westfalen sind uns zahlreiche Fälle bekannt. Dabei wurden nicht nur Unternehmer zum Unterlassen aufgefordert. Es wurden auch Behörden und Krankenkassen angeschrieben, entsprechende Krankenfahrten ohne Krankentransport-Genehmigung zu unterlassen.

Das war passiert

Ein Taxi- und Mietwagenunternehmen aus NRW führte Krankenfahrten mit Mietliegewagen durch. Dazu setzte er auch Krankenfahrtragen ein. Der Hersteller dieser Krankenfahrtrage hatte diese nur als Medizinprodukt für die Verwendung in RTW und KTW vorgesehen. Eine Einweisung der Mitarbeiter konform der Medizinproduktebetreiberverordnung hatte wohl nicht stattgefunden.

Das war einem qualifizierten Krankentransportunternehmer ein Dorn im Auge. Ihn störte die unqualifizierte Beförderung von Patienten ohne qualifiziertes und eingewiesenes Personal durch den Wettbewerber. 

Die Entscheidung

Das Oberlandesgericht Hamm gab dem Krankentransportunternehmer  Recht. Es könne nicht angehen, dass ein Mietwagenunternehmer Medizinprodukte - konkret die Fahrtrage - einsetze und damit Patienten durch nicht eingewiesenes Personal befördere. Letztlich kam es auf die fehlende Einweisung nicht einmal an. Die konkrete Krankenfahrtrage hätte per se als Medizinprodukt nicht im Mietliegewagen Verwendung finden dürfen.

Rettungsdienstrecht in NRW

Das Gericht urteilte insoweit: Medizinproduktebetreiberverordnung seien in  § 4 Abs. 1 MPBetreibV Markverhaltensregel. Ein Verstoß könne wettbewerbswidrig sein.

Der Inhalt der Entscheidung ist grundsätzlich auf die Konstellation in anderen Bundesländern außerhalb Nordrhein-Westfalens übertragbar. Dabei kommt es jedoch stets auf den Einzelfall an.

Anmerkung

Mit den Mietliegewagen haben sich Krankenfahrten anbietende Unternehmen in einen Graubereich begeben. Sie bieten vielfach (unqualifizierten) Krankentransport an und bewerben diesen auch als solchen, selbst wenn sie keine Genehmigung für den Krankentransport besitzen. Sie befördern die Patienten liegend, transportieren  Medizinprodukte, führen Infektionstransporte durch. Und das bei mangelnder Qualifikation der Mitarbeiter zudem kostengünstig.

Dass sich die Mitarbeiter selbst und ihre Patienten durch die fehlende Kompetenz im Umgang mit den Geräten gefährden oder zuweilen Fahrten ohne die erforderliche Kompetenz durchführen, nehmen manche billigend in Kauf.

Tatsächlich lässt auch das Urteil des OLG Hamm jedoch Fragen offen. Vor allem aus Sicht des Medizinprodukterechts ist die Entscheidung rechtsdogmatisch nicht gänzlich nachvollziehbar. Es werden wohl weitere Entscheidungen folgen.

Abmahnung durch Mitbewerber

Krankentransportunternehmer haben mit dem UWG und der Entscheidung des OLG Hamm jetzt eine zusätzliche, scharfe Waffe in der Hand selbst gegen die Betreiber von Mietliegewagen vorzugehen. Abzustellen ist natürlich stets auf den Einzelfall.

Doch das sind nicht die einzigen Beanstandungen dieser Branche. Schon vor Jahren wurde darauf hingewiesen, dass liegende Beförderungen von Patienten keinen Halt im PBefG, in der StVZO oder der StVO finden. Auch das Durchführen von dem Krankentransport vorbehaltenen Transporten war wiederholt Gegenstand gerichtlicher Verfahren.

Selbst haftungsrechtlich waren unqualifizierte Transporte bereits Gegenstand von Schadenersatzklagen.

Was also tun?

Mietliegewagenfahrer sollten zeitnah überlegen, selbst eine Genehmigung zur Durchführung qualifizierter Krankentransporte zu beantragen. Jedenfalls müssen sie ihr aktuelles Konzept prüfen. Für die Antragstellung sollten sie zwingend vorab einen im Rettungsdienstrecht erfahrenen Fachanwalt für Medizinrecht hinzuziehen.

Krankentransport-Genehmigung beantragen

Auch verordnende Ärzte, bestellende Krankenhäuser und Krankenkassen sollten nicht nur die eigene Verordnungspraxis, sondern gegebenenfalls die Auswahl des Durchführenden sorgfältig prüfen. 

Krankentransportunternehmer können den Wettbewerb sondieren und wettbewerbsrechtliche Schritte gegen Mitbewerber aus dem Mietliegewagenbereich prüfen. Auch hierbei sollten sie sich fachkundig durch einen im Rettungsdienstrecht versierten Anwalt beraten lassen.

Unsere Kontaktmöglichkeiten finden Sie nebenstehend. Für weitere Informationen surfen Sie weiter auf staufer.de und stauferkirsch.de


Foto(s): staufer.de

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