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Mietrecht Spezial II: Tipps für den Mietalltag

  • 7 Minuten Lesezeit
Esther Wellhöfer anwalt.de-Redaktion

Alltägliche Kleinigkeiten können für reichlich Streit sorgen. Auch Mieter und Vermieter sind gegen solche Konflikte nicht gefeit. Und weil solche Streitigkeiten immer wieder vor Gericht landen, befasst sich der zweite Teil des Mietrecht Spezial mit aktuellen Gerichtsfällen zu Alltagsproblemen, die möglicherweise in einem Mietverhältnis auftauchen. Vom knarrenden Fußboden bis zur Taube auf dem Dach können sich viele juristische Fragen und Probleme ergeben. Wie die Gerichte dazu entscheiden, berichtet die Redaktion von anwalt.de.

[image]anwalt.de-Tipp: Tauben sind nicht nur für Venedig typisch

Von Tauben fühlte sich die Mieterin einer Großstadtwohnung belästigt. Weil die Tiere ihren Balkon verschmutzten und immer wieder versuchten, sich dort einzunisten, minderte sie die Miete. Als sich der Rückstand schließlich auf 620 Euro belief, zog ihre Vermieterin vor das Amtsgericht München. Ihre Klage hatte Erfolg. Denn Tauben sind in Großstädten ein typisches Phänomen. Eine Mietminderung müsste die Vermieterin nur hinnehmen, wenn sie selbst die Ursache für den Taubenbefall gesetzt hat. Im vorliegenden Fall entsprach der Taubenbefall jedoch dem allgemeinen Lebensrisiko. Das Münchner Gericht verglich den Taubenbefall in der Innenstadtwohnung mit alltäglichen Situationen, beispielsweise, wenn Stechmücken im Sommer vermehrt aufkommen oder ein mitangemieteter Garten von Maulwürfen umgegraben wird. Bei allen diesen Vorfällen liegt erkennbar kein Mietmangel vor, so der Richter. Werden also Wohnungen in der Innenstadt vermietet, kann der Vermieter für den Taubenbefall nicht verantwortlich gemacht werden.

(Amtsgericht München, Urteil v. 11.06.2010, Az.: 461 C 19454/09)

anwalt.de-Tipp: Vermieter darf Hundehaltung trotz anderer Hunde verweigern

In den meisten Mietverträgen ist vereinbart, dass Haustiere - insbesondere Hunde und Katzen - nur mit Einwilligung des Vermieters gehalten werden dürfen. Dabei ist es umstritten, ob und wann der Vermieter eine Zustimmung verweigern kann. Streng zeigte sich diesbezüglich das Landgericht (LG) Köln. In einer Wohnanlage hatte der Vermieter bereits mehreren Mietern die Haltung von Hunden oder Katzen erlaubt. Ohne den Vermieter zu fragen, schaffte sich ein weiterer Mieter einen Mischlingshund an. Der Vermieter forderte, dass der Mieter den Hund abschafft, und zog schließlich vor Gericht. Die Richter gaben ihm Recht, denn ihrer Meinung nach steht es dem Vermieter frei, die Hundehaltung zu genehmigen, selbst wenn er bereits mehrere Hunde in seinem Mietshaus geduldet hat. Gerade wenn in einer Wohnanlage schon mehrere Hunde und Katzen gehalten werden, kann es zu Problemen und Streitigkeiten kommen, wenn weitere Tiere hinzukommen.

(LG Köln, Urteil v. 04.02.2010, Az.: 6 S 269/09)

anwalt.de-Tipp: Trittschallschutz nach DIN-Vorschriften

Mieter von Mehrfamilienhäusern können manchmal genau hören, welche Wege ihr Nachbar in der Wohnung über ihnen gerade zurücklegt. Aus baulicher Sicht muss eine Mietwohnung einen gewissen Standard an Trittschallschutz gewährleisten. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich vor Kurzem dazu geäußert, welche Anforderungen beim Trittschallschutz zu erfüllen sind. Weil er von seiner Wohnung aus genau mithören konnte, wohin der Nachbar in der darüber liegenden gerade läuft, machte ein Mieter aus Bonn eine Mietminderung geltend und kürzte die Miete anteilig um zehn Prozent. Sein Vermieter klagte auf Zahlung des Minderungsbetrages. Das Amtsgericht gab seiner Klage statt, doch die Mieter legten erfolgreich Berufung ein. Ein Sachverständigengutachten hatte ergeben, dass der Schallschutz in der Mietwohnung zwar die DIN-Voraussetzungen erfüllte. Allerdings handelte es sich dabei nach Ansicht des Landgerichts Bonn nur um einen reinen Norm-Schallschutz, der nicht der mittleren Art und Güte entspreche. Schließlich musste sich der VIII. Senat mit dem Fall befassen. Er gab dem Vermieter Recht. Ein Mieter darf nicht davon ausgehen, dass eine Mietwohnung einen höheren Schallschutz aufweist, als es die DIN-Normen zur Zeit der Errichtung des Gebäudes vorschreiben. Soll dies der Fall sein, muss das ausdrücklich zwischen Mieter und Vermieter vertraglich vereinbart werden.

(BGH, Urteil v. 07.07.2010, Az.: VIII ZR 85/09)

anwalt.de-Tipp: Satellitenanlage kann Parabolantenne ersetzen

Ausländische Mieter können verlangen, dass der Vermieter die Installation einer Parabolantenne duldet, damit sie Fernsehprogramme aus dem Ausland empfangen können. Allerdings kann der Vermieter die Erlaubnis für die Parabolantenne widerrufen, wenn er eine Satellitengemeinschaftsanlage für das Haus eingerichtet hat und damit mehrere Heimatsender empfangen werden können. Das entschied das Landgericht Krefeld. Der Mieter muss es auch hinnehmen, wenn wegen der Gemeinschaftsanlage in der Wohnung auf mehreren Fernsehern unterschiedliche Programme zu empfangen sind. Hierdurch wird der Mieter nicht in seiner grundgesetzlichen Informationsfreiheit beeinträchtigt, da die Situation alle Mieter gleichermaßen betrifft, unabhängig von Herkunft und Nationalität. Einige Tage später hat das Amtsgericht Frankfurt am Main ein entsprechendes Widerrufsrecht des Vermieters bei einem verbesserten Breitbandkabelangebot bejaht, mit dem acht Heimatsender zu empfangen sind (Urteil v. 18.03.2010, Az.: 33 C 3756/09).

(LG Krefeld, Urteil v. 10.03.2010, Az.: 2 S 68/09)

anwalt.de-Tipp: Keine Minderung wegen moderner Fenster im Altbau

Nach einer Wohnungsmodernisierung kam es zwischen einem Mieter und einem Vermieter zum Streit, weil in die Altbauwohnung moderne Fenster eingebaut worden waren. Weil sich wegen der neuen Fenster sein Heiz- und Lüftungsbedarf erhöht hatte und weil das Risiko anstieg, dass sich in der Wohnung Schimmel bildet, wollte der Mieter die Miete mindern. Doch das Amtsgericht (AG) Nürtingen wies seine Klage ab. Werden neue Fenster in einen Altbau eingebaut, so muss sich der Mieter damit arrangieren. Der Vermieter muss nicht extra darauf hinweisen, dass wegen der neuen Fenster die Wohnung regelmäßig gelüftet und beheizt sein muss, damit sich kein Schimmel bildet. Dies ist allgemein bekannt, so der Richter. Entsteht wegen der schlechten Beheizung und Lüftung Schimmel in der Wohnung, handelt der Mieter fahrlässig und muss dem Vermieter Schadensersatz leisten.

(AG Nürtingen, Urteil v. 09.06.2010, Az.: 42 C 1905/09)

anwalt.de-Tipp: Mieter muss zusätzlichen Heizkostenzähler hinnehmen

Energiesparen ist auch für Immobilien ein wichtiges Thema. Viele Vermieter versuchen, ihr Haus oder ihre Wohnung immer auf dem neuesten energetischen Stand zu halten. Was Wärme und Warmwasser angeht, sind sie als Gebäudeeigentümer gemäß § 4 Heizkostenverordnung dazu verpflichtet, den anteiligen Verbrauch der Nutzer zu erfassen. Der Mieter hat daher einen Anspruch gegenüber dem Vermieter, dass seine Wohnung mit geeigneten Zählern ausgestattet ist. Umgekehrt muss der Mieter Maßnahmen des Vermieters für den Einbau der Zähler dulden und Zutritt zu der Wohnung gewähren. Das gilt laut einer aktuellen Entscheidung des Bundesgerichtshofes jedenfalls, wenn in einer Mietwohnung ein zusätzliches Gerät zur Wärme- und Warmwassererfassung eingebaut und ein bereits vorhandener Zähler umprogrammiert werden soll.

(BGH, Urteil v. 12.05.2010, Az.: VIII ZR 170/09)

anwalt.de-Tipp: „Ca.“ zählt nicht bei Flächenabweichung ab 10 Prozent

Immer wieder müssen sich die Gerichte mit Mietminderungen wegen abweichender Wohnungsgrößen beschäftigen - so auch der BGH. Im März dieses Jahres hatte der für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Senat zunächst entschieden, dass bei einer Wohnflächenabweichung von mehr als 10 Prozent eine „Ca.“-Angabe im Mietvertrag zur Wohnungsgröße keine Rolle spielt (Urteil v. 10.03.2010, VIII ZR 144/09). Jetzt haben die Karlsruher Richter erneut über eine Minderung wegen einer Wohnflächenangabe entschieden: Auch wenn im schriftlichen Mietvertrag gar keine Angaben zur Wohnfläche enthalten sind, kann ein Minderungsanspruch bestehen. Im vorliegenden Fall hatte nämlich eine Maklerin die Wohnung in einer Annonce mit ca. 76 Quadratmetern beworben. Vor Abschluss des Mietvertrages händigte sie dem späteren Mieter eine Skizze der Wohnung und eine Wohnflächenberechnung gemäß der Zweiten Berechnungsverordnung aus. Laut BGH reichen die Wohnflächenangaben in dem Inserat und die Wohnflächenberechnung aus, um einen Minderungsanspruch des Mieters zu begründen, wenn die tatsächliche Wohnfläche die angegebene Wohnfläche um mehr als 10 Prozent unterschreitet.

(BGH, Urteil v. 23.06.2010, Az.: VIII ZR 256/09)

anwalt.de-Tipp: Vermieter haftet bei „kalter“ Wohnungsräumung

Mietnomaden und verschollene Mieter sind für den Vermieter ein Ärgernis. Um die Wohnung schnell weitervermieten zu können, möchten viele Vermieter sie schnell räumen. Doch hier ist Vorsicht geboten. Denn der Vermieter darf die verlassene Wohnung nicht einfach eigenmächtig räumen. Das bestätigte kürzlich der BGH. Ein Mieter war für mehrere Monate verschwunden und als vermisst gemeldet. Nachdem zwei Monate keine Miete bezahlt wurde, kündigte der Vermieter fristlos. Im Folgemonat entsorgte er einen Teil der Wohnungseinrichtung. Einige Sachen, die er in der Wohnung vorgefunden hatte, lagerte er bei sich ein. Als der Mieter wieder auftauchte, forderte er Schadensersatz wegen der Gegenstände, die bei der Räumung abhandengekommen, verschmutzt oder beschädigt worden waren. Ein vom Mieter beauftragter Sachverständiger schätzte den Schaden auf rund 62.000 Euro. Der VIII. Senat gab jetzt dem Mieter Recht. Räumt der Vermieter eine Wohnung ohne gerichtlichen Titel, stellt dies eine unerlaubte Selbsthilfe gemäß § 229 BGB dar. Das gilt auch, wenn der Aufenthaltsort des Mieters unbekannt ist und er eigentlich wegen der Kündigung kein vertragliches Besitzrecht mehr an der Mietwohnung hat. Räumt der Vermieter die Wohnung aus, haftet er für den daraus entstehenden Schaden gemäß § 231 BGB - und zwar unabhängig davon, ob ihn daran ein Verschulden trifft oder nicht.

(BGH, Urteil v. 14.07.2010, Az.: VIII ZR 45/09)

Für weitere Informationen lesen Sie bitte den ersten Teil des Mietrecht Spezial: Tipps rund ums Geld, in dem die Redaktion von anwalt.de über aktuelle Urteile zu Miete, Mieterhöhung und Nebenkostenabrechnung informiert.

(WEL)

Foto(s): ©iStockphoto.com

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