MPU - Jetzt schon ab 1,1 Promille?

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Das Ablegen einer medizinisch-psychologische Untersuchung (bekannt als MPU) stellt regelmäßig eine eher unangenehme Erfahrung für die Betroffenen dar, insbesondere wenn man sich die Tragweite des Ergebnisses der Untersuchung vor Augen führ. Wann es genau zu einer MPU kommt und an welche Voraussetzungen diese geknüpft ist, ist häufig gar nicht so eindeutig. Dieser Beitrag soll Klarheit schaffen und die aktuelle Rechtslage darstellen. 

Was ist eine MPU?

Die medizinisch-psychologische Untersuchung kommt etwa dann zur Anwendung, wenn jemand unter Drogen- oder Alkoholeinfluss ein Fahrzeug im Straßenverkehr geführt hat. Die Erteilung bzw. Wiedererteilung der Fahrerlaubnis hängt in gewissen Fällen von der Vorlage einer MPU, genauer gesagt eines Fahreignungsgutachtens, ab. Ist die Fahrerlaubnis einmal entzogen werden, wird sie nämlich nicht automatisch nach Ablauf der gerichtlich festgelegten Sperrfrist (wieder-)erteilt. Gut zu wissen: Die Sperrfrist beträgt regelmäßig 6 Monate bis 5 Jahre.

Betroffene sind daher angehalten, aktiv zu werden und einen entsprechenden Antrag zu stellen, um ihre Fahrerlaubnis wiederzuerlangen. Hierüber entscheidet die Führerscheinstelle im Rahmen ihres eingeräumten Ermessens.

Die MPU besteht regelmäßig aus einem Fragebogen, einem Leistungstest sowie der eigentlichen medizinischen und psychologischen Untersuchung.

Bisherige Regelung

Wann also muss eine MPU vorgelegt werden? Folgende Fallgruppen ergeben sich aus der Rechtsprechung:

Wer erstmalig eine Zuwiderhandlung im Straßenverkehr begeht und mit einer Blutalkoholkonzentration (BAK) von mindestens 1,6 Promille ein Fahrzeug führt, der muss regelmäßig eine MPU vorlegen. Unterbliebt dies, darf die Fahrerlaubnisbehörde nach Ablauf der gerichtlichen Sperrfrist dem Betroffenen keine Fahrerlaubnis erteilen. 

Bei „Wiederholungstätern“, also denjenigen, die sich also mehrfach unter Alkohol- oder Drogeneinfluss im Straßenverkehr bewegten, muss kein so hoher BAK vorliegen wie bei Ersttätern. Tatsächlich sind die Voraussetzungen einer MPU bereits erfüllt, wenn der Betroffene zwei Alkoholfahrten mit einer Alkoholisierung von jeweils mindestens 0,5 Promille begangen hat. Diese können für sich genommen auch „nur“ mit einem Bußgeldbescheid geahndet worden sein, also ein Fahrverbot oder das Zahlen einer Geldbuße als Konsequenz haben. In der Praxis geht dem Betroffenen die Aufforderung zur MPU durch die Fahrerlaubnisbehörde häufig erst Monate nach Abschluss des Ordnungswidrigkeitsverfahrens zu. 

Neuere Rechtsprechung: MPU auch ab 1,1 Promille möglich

Blicken wir einen erneuten Blick darauf, wie sich die Voraussetzungen über das Vorlegen einer MPU bei „Ersttäter“ verhalten:

Wird jemandem wegen einer erstmaligen Trunkenheitsfahrt mit einer Alkoholisierung unter 1,6 Promille die Fahrerlaubnis durch das Strafgericht entzogen, so darf die Fahrerlaubnisbehörde nicht allein deswegen für die Wiedererteilung der Erlaubnis die Vorlage einer MPU fordern, bzw. diese hiervon abhängig machen. Denn: Die regelmäßige Grenze von 1,6 Promille bei Ersttätern wird hier nicht erreicht.

Wenn jedoch weitere Tatsachen vorliegen, die die Annahme eines zukünftigen Alkoholmissbrauchs begründen, so kann die Anordnung einer MPU bereits ab einem Promillegehalt von 1,1 möglich sein. Dies entschied das Bundesverwaltungsgericht Anfang 2021 (Urt. v. 17.02.21 – Az. 3 C 3.20).

Diesem Urteil lag ein Sachverhalt zugrunde, in welchem der spätere Kläger trotz eines BAK von 1,3 Promille keine alkoholbedingten Ausfallerscheinungen zeigte. Aufgrund dieser Tatsache sei von einer außergewöhnlichen Alkoholgewöhnung auszugehen. Wenn eine solche überdurchschnittlich hohe Alkoholgewöhnung besteht, liege wiederum eine erhöhte Rückfallgefahr nahe und es sei daher zu befürchten, dass der Fahrer den Einfluss des Alkohols auf die eigene Fahrsicherheit nicht mehr realistisch einschätzen könne. Dies führte im konkreten Fall dazu, dass die Anordnung der MPU bei einem Promillegehalt von „nur“ 1,1 durch das Verwaltungsgericht bestätigt wurde. 

Zusammengefasst: Eine MPU kann in Betrachtung des Einzelfalls auch bei Ersttätern bereits ab einem Alkoholisierungsgehalt von 1,1 Promille und nicht erst ab 1,6 Promille angeordnet werden, wenn Tatsachen die Annahme zukünftigen Alkoholmissbrauchs am Steuer begründen.

Allgemein werden die finalen Konsequenzen einer Trunkenheitsfahrt häufig erst nach einigen Monaten deutlich – wenn das Bußgeldverfahren bereits abgeschlossen ist. Denn auch strafrechtlich kann eine Fahrt unter Alkohol- oder Drogeneinfluss schwerwiegende Konsequenzen haben und zu der thematisierten Entziehung der Fahrerlaubnis und einer Freiheits- oder Geldstrafe führen – zuzüglich der Verurteilung zur Beibringung einer MPU. 

Es droht der Entzug der Fahrerlaubnis – Was tun?

Wer durch eine Verkehrskontrolle zum Beschuldigten einer Trunkenheitsfahrt wird, dem drohen schwere Strafen, die die eigene Mobilität gefährden können. Geraten Sie in eine Kontrolle durch die Polizei, sollten Sie das Gebot des Schweigens beachten und sich nicht zur Sache einlassen. Denn: Sie müssen – und sollten - sich selbst nicht belasten. Für die strafrechtliche Bewertung kann außerdem das Fehlen oder Vorhandensein von alkoholbedingten Ausfallerscheinungen entscheidend sein, was sich letztlich auch durch etwaiges Verhalten Ihrerseits zeigen kann. Daher: Verhalten Sie sich so wenig wie möglich. 

Zur Gewährleistung einer sachgerechten Verteidigung Ihres Falles und möglichst frühzeitiger Abwendung tiefgreifender Sanktionen sollten Sie außerdem umgehend einen auf das Straf- und Verkehrsrecht spezialisierten Anwalt kontaktieren. Wir stehen für Ihre Rechte ein und beraten Sie umfassend zu allen rechtlichen und prozessualen Fragen. 


Foto(s): Rechtsanwaltskanzlei Laqmani

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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