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Neues Wahlrecht verstößt gegen die Verfassung

  • 2 Minuten Lesezeit
Christian Günther anwalt.de-Redaktion

[image]Erneuter Anlauf, erneut gescheitert. Die schwarz-gelbe Koalition kassiert für das im Alleingang gegen den Willen der Opposition 2011 reformierte Recht zur Wahl des Deutschen Bundestags eine Niederlage vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Geklagt hatten neben den Bundestagsfraktionen der SPD und Bündnis90/Die Grünen über 3000 Bürger.

Wahlrecht nach Urteil aus 2008 wiederum verfassungswidrig

Die vorherige Reform machte ein bereits 2008 ergangenes Urteil aus Karlsruhe nötig. Damals ging es um die Überhangmandate. Diese ergeben sich, wenn eine Partei in einem Bundesland mehr Parlamentssitze über die Erststimmen für ihre Direktkandidaten als über die Zweitstimmen für ihre Listenkandidaten erringt. Überwiegen die Erststimmen können Parteien dadurch zusätzliche Sitze gewinnen. Von diesem System profitieren nur die großen Parteien. Normalerweise bestimmt sich die Zusammensetzung des Bundestages jedoch nach den Zweitstimmen. Grund ist das der Bundestagswahl zugrunde liegende System der Verhältniswahl, das lediglich um eine personalisierte Komponente erweitert ist. Das Verfassungsgericht hatte deshalb 2008 festgestellt, dass andere Parteien bei einem Ausufern der Überhangmandate Sitze verlieren können. Als Folge dieses negativen Stimmgewichts ergibt sich ein nicht mit der Verfassung zu vereinbarendes demokratisches Ungleichgewicht. Der 2005 gewählte Bundestag wurde dennoch nicht aufgelöst, da das Interesse an seinem Bestand im Vertrauen auf die Verfassungsmäßigkeit des geltenden Wahlrechts überwog.

Gleichheit der Wahl und Chancengleichheit der Parteien verletzt

Auch das neue Wahlrecht verletzt die Grundsätze der Gleichheit und Unmittelbarkeit der Wahl sowie die ebenfalls im Grundgesetz verankerte Chancengleichheit der Parteien. Grund sind wiederum, aber nicht ausschließlich, die Überhangmandate. Auf diese Weise hatte die CDU/CSU-Koalition bei der letzten Bundestagswahl 2009 24 zusätzliche Sitze errungen. Die Gefahr des negativen Stimmgewichts ist durch das reformierte Wahlrecht nicht gebannt, eine Verbesserung nicht eingetreten. Im Gegenteil wird der Grundcharakter der Verhältniswahl weiter aufgeweicht, da nun auch über die sogenannte Reststimmenverwertung Zusatzmandate errungen werden können. Laut der Verfassungsrichter sollte eine Zahl von 15 Überhangmandaten künftig nicht überschritten werden. Anders als 2008 setzten sie diesmal zudem keine dreijährige Übergangsfrist, sondern erklärten Teile des neuen Wahlrechts ab sofort für unwirksam. Bis zur Bundestagswahl im Herbst 2013 muss deshalb erneut das Wahlrecht überarbeitet werden.

(BVerfG, Urteil v. 25.07.2012, Az.: 2 BvE 9/11)

(GUE)

Foto(s): ©Fotolia.com

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