Neues zum Widerruf von Darlehensverträgen

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In den vergangenen Jahren wurde in einer Vielzahl von Veröffentlichungen auf die Thematik im Zusammenhang mit dem Widerruf von Darlehensverträgen hingewiesen. Meist stand im Zentrum dieser Veröffentlichungen der Gedanke aus Sicht des Verbrauchers, dass es ihm wegen einer rechtlich fehlerhaften Widerrufsbelehrung möglich sei, einen unter Umständen bereits laufenden Darlehensvertrag mit der Folge zu widerrufen, dass er keine Vorfälligkeitsentschädigung schuldet. Auf diesem Wege könne er durch eine Umschuldung von inzwischen wesentlich günstigeren Darlehenszinsen profitieren und damit einen quasi teuren Darlehensvertrag in einen deutlich preiswerteren tauschen.

In diesem Beitrag soll auf einen anderen Aspekt des Widerrufs eines Darlehensvertrags eingegangen werden. Der wirksame Widerruf eines Darlehensvertrags führt dazu, dass sich das ursprüngliche Darlehensverhältnis in ein gesetzliches Rückabwicklungsverhältnis wandelt. Danach hat der Darlehenskunde dem Bankinstitut die ihm gewährte Darlehensvaluta und das Bankinstitut dem Kunden sämtliche Zahlungen auf Zinsen und Tilgungen zu erstatten. Darüber hinaus sind die Vertragsparteien jedoch verpflichtet, sich gegenseitig die Nutzungen, die sie aus den Zahlungen der anderen Vertragspartei gezogen haben, herauszugeben. Diese gegenseitigen Ansprüche und die gegenseitige Nutzungsherausgabe verdienen eine nähere Betrachtung.

Der Nutzungsherausgabeanspruch des Bankinstitutes gegenüber seinem Kunden bedeutet zunächst unstreitig, dass im Grundsatz der Bankkunde dem Bankinstitut die Bezahlung einer Verzinsung in Höhe des vertraglich vereinbarten Zinssatzes schuldet. Allerdings hat der Bankkunde die gesetzliche Möglichkeit, nachzuweisen, dass der vertraglich vereinbarte Zinssatz über dem zum Zeitpunkt des Abschlusses des Darlehensvertrags marktüblichen Zinssatz lag und er deshalb die Zahlung einer geringeren Verzinsung als in Höhe des Vertragszinses schuldet. Hat der Bankkunde also ein vergleichsweise zinsmäßig überteuertes Darlehen abgeschlossen, kann er hier die Herausgabe seiner überhöhten Zinszahlungen von der Bank verlangen, andererseits an die Bank jedoch eine geringere Verzinsung entrichten, sodass er hier, bezogen auf die gegenseitigen Verzinsungsansprüche, ein positives Saldo erzielt.

Was den Anspruch des Bankkunden anbelangt, dass das Bankinstitut ihm seine Zins- und Tilgungszahlungen im Sinne einer Nutzungsherausgabe verzinst erstattet, hatte der Bundesgerichtshof in seiner viel zitierten Entscheidung vom 24.04.2007 zum Az.: XI ZR 17/06 entschieden, dass eine tatsächliche Vermutung dafür bestehe, dass die Bank Nutzungen im Wert des gesetzlichen Verzugszinses in Höhe von fünf Prozentpunkten jährlich über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB gezogen habe.

Diese Entscheidung hat zu der irrigen Auffassung geführt, wonach etwa im Falle des Widerrufs von Immobiliendarlehensverträgen das Bankinstitut in dieser gravierenden Höhe eine Verzinsung der Tilgungs- und Zinsleistungen des Bankkunden im Zuge der Rückabwicklung schulde. In Anbetracht des Umstands, dass Immobiliendarlehensverträge oftmals ein erhebliches Darlehensvolumen und dementsprechend hohe Tilgungs- und Zinsleistungen des Kunden oft über mehrere Jahre aufweisen, führte dieses zu optimistischen Veröffentlichungen, wonach dem Bankkunden erhebliche, meist fünf- oder sechsstellige Zahlungsansprüche gegenüber dem Bankinstitut entstehen.

Dies ist leider unzutreffend. Die Nutzungsherausgabe ist grundsätzlich anhand des konkreten Darlehensgeschäfts zu berechnen. Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 19.09.2006 zum Az.: XI ZR 242/05 hervorgehoben, dass im Falle eines Realkredites – also etwa des typischen, grundpfandrechtlich gesicherten Immobiliendarlehens – nicht ohne Weiteres von einem Zinssatz in Höhe des gesetzlichen Verzugszinses ausgegangen werden könne.

Das Thüringische Oberlandesgericht hat sich in seinem Urteil vom 19.10.2010 zum Az.: 5 U 821/08 mit der Frage der Berechnung des Nutzungsvorteils des Bankinstituts aus Tilgungs- und Zinsleistungen im Rahmen eines Immobiliendarlehens näher befasst und unter Zuhilfenahme eines finanzmathematischen Gutachtens herausgearbeitet, dass letztendlich der sogenannte Margenbarwert die Größenordnung des Nutzungsherausgabeanspruchs des Bankkunden gegenüber dem Bankinstitut hinsichtlich der Nutzungen seiner Tilgungs- und Zinsleistungen bestimmt. Der Margenbarwert sei geeignet, die Rendite des Bankinstituts aus dem Darlehensgeschäft zu beziffern. Bankinstitute seien schließlich ebenfalls gehalten, sich hinsichtlich der Vergabe von Darlehen zu refinanzieren und zwar in der Regel durch Begebung von Hypothekenbriefen. Oftmals ist die Rendite des Bankinstitutes bei einem derartigen Immobiliendarlehen äußerst gering. Es ist nicht ungewöhnlich, dass sich die Rendite eines Bankinstituts aus einem langfristigen Immobiliendarlehen in einer Größenordnung von 0,15 bis 0,30 % darstellt.

An dieser Stelle sei aber betont, dass die tatsächliche Vermutung, die der Bundesgerichtshof in Höhe des gesetzlichen Verzugszinssatzes in seiner vorgenannten Entscheidung aufstellte, für sogenannte Personalkredite, also z. B. typische Konsumentenkredite, nach wie vor Gültigkeit hat, nicht jedoch für Immobiliendarlehen. Die aktuelle Rechtsprechung insbesondere des Landgerichts Frankfurt am Main und des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main lassen die Tendenz erkennen, dass Bankkunden bei der Rückabwicklung von Immobiliendarlehensverträgen auf einen derart geringen Nutzungsherausgabeanspruch hinsichtlich ihrer Zins- und Tilgungsleistungen verwiesen sind. Die Rechtsprechung dieser Gerichte in Frankfurt beeinflusst die allgemeine Rechtsprechung nicht unerheblich, weil in ihrem Gerichtsbezirk eine Vielzahl von Bankinstituten ihren Sitz hat.

Fazit: Abschließend kann also festgehalten werden, dass der wirksame Widerruf eines Immobiliendarlehensvertrags grundsätzlich – nach wie vor – für den Verbraucher angesichts der aktuell äußerst günstigen Kapitalmarktzinsen den gravierenden Vorteil einer günstigen Umschuldung und des Wegfalls einer Vorfälligkeitsentschädigung hat. Allerdings ist es eine Illusion, wenn unter dem vorstehend dargestellten Gesichtspunkt der Nutzungen der Tilgungs- und Zinsleistungen des Kunden dieser erhebliche Zahlungsansprüche gegenüber dem Bankinstitut realisieren kann.

RA Arno Wolf 

RA Arno Wolf, Fachanwalt für Erbrecht, Tätigkeitsschwerpunkt Bank- und Kapitalmarktrecht, Tel. (0351) 80 71 8-80, wolf@dresdner-fachanwaelte.de

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