Nichtigkeit von Verträgen über die Kündigung und Rückabwicklung von Lebensversicherungsverträgen

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Der BGH hat die Verträge über die Kündigung und Rückabwicklung vom Lebens- und Rentenversicherungsverträgen mit der Proconcept/ dem LV-Doktor für nichtig erklärt.

„Wussten Sie, dass Ihnen möglicherweise noch viel Geld zusteht? Nahezu täglich geschehen in Deutschland Ungerechtigkeiten, doch fast keiner wehrt sich dagegen, weil oft die Kosten höher wären als der Nutzen. Fast keiner? Stimmt nicht: Wir treten dafür ein, dass Sie Ihr Geld zurückbekommen!“

Vollmundig verspricht ProConcept seinen Kunden mit diesem Slogan eine Optimierung des Rückkaufswertes und einen reibungslosen Ablauf bei der Abwicklung von Verträgen. Doch das Angebot der ProConcept ist nicht legal, denn es verstößt gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der angebotene Service der ProConcept AG als Rechtsberatung einzustufen und damit erlaubnispflichtig ist. Die ProConcept ist aber nicht zur Rechtsberatung zugelassen.

Die auf Rückabwicklung gerichteten Verträge mit der ProConcept sind daher nach den Vorgaben des BGH nichtig.

Was bedeutet das für Kunden der ProConzept AG?

Kunden müssen keine Vergütung an ProConcept bezahlen, weil die zugrunde liegenden Verträge „Geld-zurück!-Auftrag“ nichtig sind. Eine bereits geleistete Vergütung kann in der Regel zurückverlangt werden.

Was bedeutet dies für den Versicherer?

Die Vereinbarung „Geld-zurück!-Auftrag“, die sich aus einem Abtretungsvertrag und einer Kündigungserklärung bzw. -vollmacht zusammensetzt, ist laut BGH nichtig. Auch der Versicherer kann daher keine Rechte daraus herleiten. Wenn der Versicherer Zahlungen an ProConcept geleistet hat, so erfolgte dies ohne Rechtsgrund und ohne Erfüllungswirkung.

Das heißt im Klartext: Der Kunde kann von der Versicherung in der Regel die volle Zahlung verlangen, auch wenn bereits an ProConcept geleistet worden ist.

Das gilt für die Fälle, in denen die ProConcept die Rückabwicklung mit dem „Geld zurück!-Auftrag“ gearbeitet hat, könnte aber auch in anderen Fällen einschlägig sein.

Warum sind die Verträge mit der ProConcept nichtig?

Der BGH (IV. Zivilsenat, Urteil vom 11.12.2013, IV ZR 46/13) hat entschieden, dass diese Vereinbarung wegen Verstoßes gegen § 134 BGB, § 2 Abs. 2 Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG), § 3 RDG nichtig ist. Im Tenor des BGH-Urteils heißt es:

„Bei der Abtretung von Rechten aus einer Kapitallebensversicherung an ein Unternehmen, das sich geschäftsmäßig mit der Kündigung und Rückabwicklung solcher Versicherungsverträge befasst, ist für die Abgrenzung einer nach § 2 Abs. 2 und § 3 RDG unter Erlaubnisvorbehalt stehenden Inkassodienstleistung zum (erlaubnisfreien) echten Forderungskauf entscheidend, ob eine einzuziehende Forderung endgültig auf den Erwerber übertragen wird und dieser das volle wirtschaftliche Risiko der Beitreibung der Forderung übernimmt.“

Das bedeutet, dass bei einer echten, vollwertige Abtretung bzw. einem Verkauf der Forderung aus dem Lebensversicherungsvertrag an ein Unternehmen eine gewerbliche Rechtsberatung vorliegt, die einer Erlaubnis nach dem Recht Dienstleistungsgesetz bedarf. Liegt eine solche Erlaubnis nicht vor (was regelmäßig der Fall ist), dann ist die zugrunde liegende Vereinbarung nichtig.

Der BGH (IV. Zivilsenat, Urteil vom 11.12.2013, IV ZR 46/13) begründet das wie folgt: „Die Einziehung wird von der Klägerin auch als eigenständiges Geschäft i.S. von § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG betrieben. … Die Einziehung von Forderungen aus Versicherungsverträgen bildet das Hauptgeschäft der Klägerin, die sich als „LV-Doktor“ bezeichnet. …

Da eine Erlaubnisfreiheit nach den §§ 5 bis 8 RDG nicht in Betracht kommt und die Klägerin nicht über eine Registrierung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG verfügt, ist die Abtretung der Klageforderung wegen Verstoßes gegen § 2 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 i.V.m. § 3 RDG gemäß § 134 BGB nichtig. Die Nichtigkeit erfasst sowohl schuldrechtliche als auch Verfügungsverträge wie die Forderungsabtretung, wenn diese auf eine nicht erlaubte Rechtsdienstleistung zielen (BGH, Urteile vom 5. März 2013 - VI ZR 245/11, VersR 2013, 730 Rn. 11; vom 30. Oktober 2012 - XI ZR 324/11, WM 2012, 2322 Rn. 34-36 m.w.N.).“

Vergütungsansprüche können aus einer solchen Vereinbarung nicht hergeleitet werden.

Der Versicherer kann aufgrund einer solchen Abtretungsvereinbarung nicht mit befreiender Wirkung an das Unternehmen leisten, weil wegen Nichtigkeit des Vertrages der Versicherungsnehmer weiter Inhaber der Forderung bleibt. Wenn der Versicherer also ein anderes Unternehmen in dem Vertrauen darauf bezahlt hat, dass die Vereinbarung wirksam ist, dann kann der Kunde sich dennoch darauf berufen, dass die Leistung nicht mit schuldbefreiender Wirkung erfolgt ist und vom Versicherer nochmals die gleiche Zahlung verlangen. Er muss sich nicht darauf verweisen lassen, Erstattung von dem Unternehmen – seinem Vertragspartner – zu verlangen.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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