Notfallordner für das Unternehmen (Notfallkoffer/Notfallhandbuch/Notfallmappe)

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I. Zweck des Notfallordners

Der Chef hat im Unternehmen alles im Griff, kennt Kunden, Lieferanten, Mitarbeiter, Zahlen und Verträge. Nur was passiert, wenn der Chef plötzlich kurzfristig oder langfristig ausfällt? Wer führt in der Krise den Betrieb weiter, wer übernimmt wichtige betriebliche Aufgaben? Wer hat Zugang zu Bankkonten, Schlüsseln und Passwörtern? Handlungsunfähigkeit im Notfall kann das Unternehmen lahmlegen und im schlimmsten Fall zu dessen Aus führen.

Der Notfallordner soll Vorsorge für genau diesen Fall treffen, indem die darin enthaltenen Festlegungen und Informationen die ordnungsgemäße Fortführung des Unternehmens ermöglichen, wenn der Chef unvermittelt ausfällt.

II. Anlage eines Notfallordners

Ein Unternehmer sollte sich frühzeitig entschließen, einen betrieblichen Notfallordner anzulegen, damit das Unternehmen im Notfall abgesichert ist. Praktisch kann wie folgt vorgegangen werden:

  • im ersten Schritt können die wichtigsten Fragen für den Notfall geklärt werden (siehe dazu unter III.), und
  • im zweiten Schritt kann ein Ordner samt Register mit dem für den Notfall wichtigsten Inhalt angelegt werden (siehe dazu unter IV.).

Personen, die in die Notfallpläne eingebunden sind (z.B. leitende Angestellte), sollten bei der Aufstellung des Notfallordners beteiligt werden. Zur Ausgestaltung und Prüfung sollten ein Rechtsanwalt sowie der Steuerberater des Unternehmens hinzugezogen werden. Dabei ist es wichtig, dass die zentralen Verträge des Unternehmers - Ehevertrag, Testament/Erbvertrag und Gesellschaftsvertrag - bezüglich des Notfalls aufeinander abgestimmt sind.

Der Notfallordner sollte an einem im Notfall für die relevanten Personen zugänglichen Ort hinterlegt werden (d.h. nicht im Safe, dessen Code nur der Chef selbst kennt).

Einmal angelegt, sollte der Notfallordner im besten Fall regelmäßig (z.B. jährlich) durchgesehen und bei Bedarf aktualisiert werden.

III. Klärung wichtiger Fragen

Bei Anlage des Notfallordners sollten z.B. folgende Fragen geklärt werden:

  • Wer kann im Ernstfall das Unternehmen kurzfristig fortführen?
  • Steht bereits ein langfristiger Nachfolger fest, ist dieser schon eingearbeitet oder muss das Unternehmen in der Übergangszeit durch einen Dritten weitergeführt werden?
  • Wer weiß über die wichtigsten betrieblichen Abläufe Bescheid, z.B. Beschaffung, Produktion, Aufträge, Kunden, Personalführung, Finanzen? 
  • Wer hat Zugang zu Bankkonten, Schlüsseln und Passwörtern?
  • Soll im Notfall die Organisation des Unternehmens angepasst werden, insbesondere Wechsel der Rechtsform (z.B. vom Einzelunternehmen in eine GmbH) oder Einsetzung eines Beirats etc.?
  • Sind Lebenspartner und Kinder des Unternehmers ausreichend versorgt?
  • Im Erbfall: Wie soll das Vermögen aufgeteilt werden? Wer soll das Unternehmen erhalten? Können weichende Erben aus anderem Vermögen abgefunden werden bzw. ist ausreichend Vermögen vorhanden, um Pflichtteilsansprüche zu bedienen? Wie hoch ist die anfallende Erbschaftsteuer? 

IV. Inhalt des Notfallordners

Die folgenden Punkte sollen einen kurzen Überblick über den wichtigsten Inhalt eines betrieblichen Notfallordners geben, der an die jeweiligen Bedürfnisse eines Unternehmens anzupassen ist:

1. Vertretungsregelungen und Unternehmensnachfolge 

Welche Personen sollen im Notfall benachrichtigt werden, insbesondere Familie, leitende Mitarbeiter, Rechtsanwalt, Steuerberater etc.?

Welche Person oder welche Personen führen das Unternehmen kurzfristig fort und wer übernimmt welche Aufgaben (z.B. Beschaffung, Produktion, Verkauf, Zahlungsverkehr, Personal etc.)? Ggf. sind entsprechende Vollmachten auszustellen.

Wer trifft die Eigentümerentscheidungen, übt z.B. Stimmrechte in der Gesellschaft aus und fasst notwendige Gesellschafterbeschlüsse? Ggf. ist eine entsprechende Vollmacht aufzusetzen.

Soll im Notfall die Organisation des Unternehmens angepasst werden, z.B. Wechsel der Rechtsform, Einsetzung eines Beirats?

Gibt es einen Nachfolger, der das Unternehmen langfristig fortführen soll?

2. Finanzen und Versicherungen

Die wichtigsten finanziellen Informationen des Unternehmens sollten hinterlegt werden, z.B. Bankverbindungen, Beteiligungen,  Jahresabschluss, Finanzierungen, Versicherungen, Wertpapiere etc.

3. Verträge und Urkunden

Wichtige Verträge und Urkunden des Betriebs sollten beigefügt werden, z.B. Gesellschaftsvertrag, Vollmachten/Prokuren, Handelsregisterauszüge, Grundbuchauszüge, öffentliche Genehmigungen, Miet-/Pacht-/Leasingverträge, Arbeitsverträge, Marken/Patente etc.

4. Mitgliedschaften

Relevante Mitgliedschaften in Kammern, Innungen und Berufsverbänden etc. einschließlich Kontaktpersonen können notiert werden.

5. Betriebliche Daten

Weitere sensible betriebliche Daten, z.B. Kontaktdaten von wichtigen Lieferanten und Kunden, Kalkulationen, Buchhaltungsunterlagen etc., können hinterlegt werden.

6. Schlüssel und Passwörter

Der Aufbewahrungsort wichtiger Schlüssel und die wichtigsten Passwörter (bzw. deren Aufbewahrungsort) können notiert werden.

V. Fazit

Ein Notfallordner kann die ordnungsgemäße Fortführung des Unternehmens ermöglichen, wenn der Chef plötzlich ausfällt, und damit den Fortbestand des Unternehmens sichern.


Gerne unterstütze ich Sie bei der Erstellung eines Notfallordners für Ihr Unternehmen.

Mit besten Grüßen, RA Dr. Rainer Freudenberg, LL.M.

Foto(s): Freudenberg Law


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