Offenbarungsobliegenheit bei Versicherungsschäden auch ohne gezielte Nachfrage des Versicherers

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Der BGH v. 19.05.2011, Az. IV ZR 254/10 hat eine diskutierte Entscheidung getroffen zur Frage, ob und wieweit es initiativ vom Versicherungsnehmer in einem Schadenfall eine sog. „spontane Offenbarungsobliegenheit" von Umständen außerhalb der „anerkannten Fälle des offensichtlichen Aufklärungsinteresses" gibt.

Nach der Rechtsprechung des BGH ist anerkannt, dass der Versicherungsnehmer auf Nachfrage des Versicherers nach einem Schadenseintritt relevante hin alle Umstände mitteilen muss und Auskünfte zu geben hat, die für die Schadenaufklärung relevant sind. Ebenso bestätigt er in dem Beschluss vom 19.05.2011, Az. IV ZR 254/10 nochmals, dass in engen Ausnahmefällen der Versicherungsnehmer auch eine sogenannte „spontane Offenbarungsobliegenheit" haben kann. Dies ist eine Offenbarungspflicht von Mitteilungen und Auskünften zu Umständen und Fakten, die ohne gesonderte Nachfrage des Versicherers für diesen erkennbar und offensichtlich von Aufklärungsinteresse sind, so dass der Versicherungsnehmer sie im Schadenfall von sich aus ungefragt dem Versicherer offenbaren muss. Dies seien Fälle, in denen es um Dinge geht, die für jedermann erkennbar das Aufklärungsinteresse des Versicherers in ganz elementarer Weise betreffen und deren Bedeutung daher für den Versicherungsnehmer auf der Hand liegen.

Offenbart der Versicherungsnehmer diese Umstände bei „offensichtlich von Aufklärungsinteresse" nicht ungefragt, und beruft sich dann später auf ein nicht erfolgtes Auskunftsverlangen des Versicherers, so widerspricht er mit diesem Berufen auf ein vorheriges Auskunftsverlangen dem Grundsatz von Treu und Glauben und damit wird der Versicherer von der Leistung im Schadensfall frei.
Im Streitfall führte die unterbliebene initiative Meldung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens ein knappes halbes Jahr zuvor ohne zur Verletzung dieser Obliegenheit gemäß § 6 Abs. 3 VVG a.F. und zur Leistungsfreiheit der Beklagten führt. Dies u.a. deshalb, weil der Versicherer nun u.U. einer neuen erneuten Leistungsanforderung gefahrenmäßig ausgesetzt wird und sich dagegen zur Wehr setzen muss.

In dieser Entscheidung stellt der BGH nun ausdrücklich klar, dass die auf jeweils die speziellen Umstände des Einzelfalles gestützten Rechtsgrundsätze eben gerade nicht einer „weiteren abstrakt-generellen Präzisierung" zugänglich sind.

Was bedeutet das für den Versicherungsnehmer und seinen Versicherungsmakler/-berater im Schadenfall?

Wichtig ist, alle diejenigen Umstände ungefragt bei der Schadenregulierung dem Versicherer auch ungefragt zu offenbaren, von welchen der Versicherungsnehmer erkennbar ausgehen muss, dass sie für das Versicherungsunternehmen von Bedeutung sein können bei der Beurteilung des Schadenfalls und der Eintrittspflicht zur Leistung. Welche dies im Einzelfall konkret sind, stellt der BGH nicht klar, sondern betont ausdrücklich, dass man dies nicht „generell-abstrakt" präzisieren kann.

Damit wird keine Rechtssicherheit für den Anwender und Versicherungsnehmer zur Verfügung gestellt.

Der Versicherungsnehmer sollte daher im Zweifel bei in Betracht kommenden mitzuteilenden relevanten Umständen zum einen die bisherige Rechtsprechung zu den Fallgruppen der bisherigen Aufklärungspflichten zu Rate ziehen oder ziehen lassen, aber sich darauf allein nicht verlassen, da der BGH die Aufklärungspflichten gerade nicht nur auf bisher bestehende Fallgruppen beschränkt. Der jeweilige Einzelfall muss zum Versicherungsvertragsgebiet hin „abgeklopft" werden, ob aus Sicht eines Versicherungsunternehmens hier berechtigte Informationsinteressen berührt sein könnten.

Die fehlende Rechtssicherheit und -klarheit bergen hier für beide Seiten im Einzelfall - Versicherungsnehmer und seinem Versicherungsmakler / Versicherungsberater wie auch für den Versicherer - Risiken für gerichtliches Streitpotential und dessen Prozessausgang und ist sorgfältige Prüfung in jedem Einzelfall zu empfehlen.

Rechtsanwältin Iris Schuback

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