OLG Nürnberg: bestehendes Widerrufsrecht bei unzureichender Hervorhebung der Widerrufsinformation

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Eine aktuelle Entscheidung über das Widerrufsrecht könnte zahlreichen Darlehensnehmern, die zwischen dem 11. Juni 2010 und dem 20. März 2016 Darlehensverträge abgeschlossen haben, Hoffnung auf einen erfolgreichen Widerruf machen. Das Oberlandesgericht Nürnberg hat am 1. August 2016 einem Darlehensnehmer Recht gegeben, da die Widerrufsbelehrung des beklagten Kreditinstitutes fehlerhaft war (Az.: 14 U 1780/15). Allerdings hielt sich die Beklagte strikt an das gesetzliche Muster vom 11. Juni 2010, sodass die Widerrufsbelehrung inhaltlich keine Abweichungen aufwies. Das OLG war der Auffassung, dass trotz des eingehaltenen Musters die Widerrufsbelehrung optisch nicht ausreichend hervorgehoben wurde und demnach leicht verkannt werden konnte.

Im oben genannten Fall schlossen die Kläger mehrere Darlehensverträge mit dem beklagten Kreditinstitut in den Jahren 2003, 2007 und 2008 ab. Im Jahr 2014 erklärten die Kläger wirksam ihren Widerruf. Die beklagte Bank vertrat die Ansicht, dass kein Widerrufsrecht mehr bestehe aufgrund der bereits abgelaufenen Widerrufsfrist und erkannte auch keine inhaltlichen Fehler in der Widerrufsbelehrung. Das Oberlandesgericht stellte Fehler in der Widerrufsbelehrung fest, trotz des übernommenen gesetzlichen Musters. Die Beklagte habe nach Auffassung des Gerichts die Widerrufsbelehrung unzureichend hervorgehoben, sodass diese sich optisch beim Lesen nicht vom weiteren Vertragsinhalt unterschied. Darüber hinaus erkannte das Oberlandesgericht inhaltliche Fehler am gesetzlichen Muster. Das Gericht verurteilte die beklagte Bank zur Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung nebst Zinsen. Das Oberlandesgericht Nürnberg zitierte auszugsweise aus der von der Bank übernommenen Widerrufsbelehrung:

„Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angaben von Gründen in Textform (z. B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag nachdem Ihnen

  • eine Ausfertigung dieser Widerrufsbelehrung und
  • die Vertragsurkunde, der schriftliche Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Vertragsantrags

Zur Verfügung gestellt wurden. […] „

Das vom Gesetzgeber vorgegebene Muster knüpft für den Beginn der Widerrufsfrist an den Erhalt der sog. Pflichtangaben, die im gesetzlichen Muster beispielhaft aufgezählt sind. Das Gericht begründet ein weiterhin bestehendes Widerrufsrecht für die Kläger, aufgrund der fehlerhaften Widerrufsbelehrung, mit der mangelnden Zumutbarkeit eines Verbrauchers sich selbstständig und fachkundig die weiteren bestehenden Pflichtangaben über die Gesetzesnormen erschließen zu können.

In den aktuelleren Darlehensverträgen, besonders zwischen dem 11. Juni 2010 und dem 20. März 2016, halten sich die Banken strikter an die gesetzlichen Vorgaben als in den Vorjahren. Dennoch nehmen zahlreiche Kreditinstitute häufig Änderungen an der Widerrufsinformation vor und passen diese an. Jede kleinste Abweichung vom gesetzlichen Muster kann die Gesetzlichkeitsfiktion aufheben, sodass sich Darlehensnehmer eben auf diese unzureichende Belehrung berufen können, ungeachtet der genannten Pflichtangaben durch das Kreditinstitut. Hinsichtlich der Entscheidung des Oberlandesgerichts Nürnberg können sich Verbraucher kostspielige Vorfälligkeitsentschädigung sparen, sofern die Bank als Vertragspartner seiner Pflicht der ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung nicht nachgekommen ist.

Rechtliche Möglichkeiten

Sie haben die Möglichkeit Ihren Darlehensvertrag durch einen Anwalt überprüfen zu lassen und bei einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung Ihren nach dem 10. Juni 2010 geschlossenen Vertrag zu widerrufen. Haben Sie Ihren zwischen dem 2. November 2002 und dem 10. Juni 2010 geschlossenen Darlehensvertrag bereits selbst widerrufen und eine zurückweisende Antwort Ihrer Bank erhalten, sollten Sie sich ebenfalls beraten lassen. Erfahrungsgemäß akzeptieren Banken den Widerruf eines Darlehensvertrags oft nicht ohne weiteres.

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