Online-Mitgliederversammlungen und schriftliche Umlaufverfahren im Verein

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Die Corona-Pandemie hat das Vereinsleben auf die Probe gestellt. Das Ehrenamt lebt von persönlichen Kontakten und Begegnungen. Beschlüsse in einer Präsenzveranstaltung zu fassen, war bis vor der Pandemie eine Selbstverständlichkeit. Deshalb ist in den wenigsten Vereinssatzungen eine Regelung enthalten, die eine virtuelle Mitgliederversammlung oder ein schriftliches Umlaufverfahren ermöglicht.

Seit Beginn der Pandemie justiert der Gesetzgeber regelmäßig nach, um die Vereine handlungsfähig zu halten. Der Bundestag hat kürzlich die zeitliche Verlängerung des sog. Covid-19-Maßnahmegesetzes („Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie“) bis zum 31.08.2022 beschlossen. Der § 5 Covid-19-Maßnahmegesetz ermöglicht es Vereinen, ohne Satzungsregelung unbürokratisch und ohne Präsenz der Mitglieder an einem Ort Beschlüsse der Mitgliederversammlung herbeizuführen. In diesem Beitrag werden die Übergangsregelungen zusammengefasst, die Vereinsvorstände unbedingt kennen sollten:

1. Ewigkeitsklausel

Bis zum Ablauf des 31.08.2022 ist der Verein nach Ablauf der Amtszeit nicht gezwungen, einen neuen Vorstand zu wählen. Hintergrund ist § 5 Abs. 1 Covid-19-Maßnahmegesetz, wonach ein Vorstandsmitglied eines Vereins auch nach Ablauf seiner Amtszeit bis zu seiner Abberufung oder bis zur Bestellung seines Nachfolgers im Amt bleibt.

2. Absehen von einer Mitgliederversammlung

Der Vorstand ist bis zum Ablauf des 31.08.2022 nicht verpflichtet, die turnusmäßige ordentliche Mitgliederversammlung einzuberufen, solange die Mitglieder sich nicht in Präsenz versammeln dürfen und die Durchführung einer virtuellen Mitgliedersammlung für den Verein oder die Vereinsmitglieder nicht zumutbar ist.

3. Möglichkeiten der Beschlussfassung der Mitgliederversammlung auch ohne Satzungsregelung

a) Virtuelle Mitgliederversammlung (gültig bis 31.08.2022)

Eine virtuelle Mitgliederversammlung kann beispielsweise durch eine Video- oder Telefonkonferenz durchgeführt werden. Diese Form der Beschlussfassung hat den Vorteil, eine Diskussion zu den Tagesordnungspunkten zu ermöglichen. D. h. der Verein lädt satzungskonform zur Mitgliederversammlung unter Angabe eines Versammlungsortes und einer Versammlungszeit ein. Gleichzeitig teilt der Vorstand mit, dass eine physische Anwesenheit der Mitglieder am Versammlungsort aufgrund der Pandemie nicht erwünscht ist und gibt die Einwahldaten samt Passwort zur virtuellen Mitgliederversammlung bekannt. Im Nachgang erhalten alle Mitglieder das Beschlussprotokoll.

b) Schriftliches Beschlussverfahren (gültig bis 31.08.2022)

Ziel des schriftlichen Beschlussverfahrens ist es, schnell und unkompliziert einen Beschluss der Mitgliederversammlung herbeizuführen. Eine Diskussion über den Abstimmungsgegenstand ist hier aber leider nicht möglich. Eine wirksame Beschlussfassung setzt voraus, dass mindestens 50 % aller Mitglieder ihre Stimme bis zu einem bestimmten Termin abgegeben haben. Sollte sich eine zu geringe Stimmbeteiligung abzeichnen, bietet es sich an, die Mitglieder kurz vor Fristablauf an die Stimmabgabe zu erinnern. Es empfiehlt sich, die Stimmen im 4-Augen-Prinzip auszuzählen und dies im Beschlussprotokoll entsprechend anzugeben.

c) Kombinierte Mitgliederversammlung (gültig bis 31.08.2022)

Auch eine kombinierte Mitgliederversammlung ist ohne Satzungsgrundlage bis zum Ablauf des 31.08.2022 möglich. D. h. der Vorstand ist frei in der Wahl, die Art der Durchführung der Mitgliederversammlung zu kombinieren: Präsenzveranstaltung und/oder mit einer Video- oder Telefonkonferenz und/oder mit einem Umlaufverfahren in Textform (nicht: schriftliches Beschlussverfahren unter c)).

Der Verein führt eine klassische Mitgliederversammlung als Präsenzveranstaltung durch und ergänzt diese entweder durch einen passwortgeschützten Livestream im Internet, eine Telefonkonferenz oder/und ein Umlaufverfahren, d. h. die Mitglieder müssen bis zu einem bestimmten Zeitpunkt ihre Stimme abgegeben haben. Ebenso kann eine virtuelle Mitgliederversammlung durch die Ergänzung eines Umlaufverfahrens durchgeführt werden.

Der Gesetzgeber hat hier wichtige Erleichterungen für Vereine geschaffen, damit diese auch in Krisenzeiten handlungsfähig bleiben. Welcher Verfahrensweg der passende für Ihren Verein ist, hängt von der Vereinsstruktur ab. Da Kontakteinschränkungen auch in nächster Zukunft sehr wahrscheinlich ein gegenwärtiges Thema bleiben werden, ist es empfehlenswert, die verschiedenen Möglichkeiten der Durchführung einer Mitgliederversammlung direkt in der Satzung zu regeln, um nicht auf vorübergehende gesetzliche Erleichterungen angewiesen zu sein.

Wenden Sie sich jederzeit gern an uns, wir unterstützen Sie bei allen Fragen rund um das Vereinsrecht!


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