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PIN und Passwort für Polizei & Co. - weiterhin leichter Zugriff auf Telekommunikationsdaten

  • 2 Minuten Lesezeit
Christian Günther anwalt.de-Redaktion
[image]Überwachungsgesetz zweiter Versuch: Der Bundestag hat mit den Stimmen der Regierungskoalition und der SPD mit leichten Änderungen erneut die sogenannte Neuregelung der Bestandsdatenauskunft beschlossen. Diese soll vor allem das Telekommunikationsgesetz und die Strafprozessordnung ändern.

Verfassungsgericht hatte Nachbesserung gefordert

Die erste Version des Gesetzes war 2012 vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) gescheitert (BVerfG, Beschluss v. 24.1.2012, Az.: 1 BvR 1299/05). Die Richter sahen durch die Zuordnung der dynamischen IP-Adresse einen verfassungswidrigen Eingriff in das Fernmeldegeheimnis. Eine Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung wurde in der einfachen Abfragemöglichkeit von Telekommunikationsnummern gesehen - dazu zählen etwa die Rufnummer oder die Endgerätenummer IMEI, über die jedes Mobilfunkgerät verfügt. Für eine Nachbesserung gaben sie dem Gesetzgeber bis Juni 2013 Zeit. Die ist nun zwar beschlossen. Entgegen der Kritik von Sachverständigen und Datenschützern und Netzaktivisten kam es jedoch nur zu geringen Anpassungen.

Denn auch die neue Version ermöglicht Ermittlungsbehörden den relativ leichten Zugriff auf Kundendaten, die bei Anbietern von Telekommunikationsdiensten gespeichert sind. Neben Name, Anschrift und Geburtsdatum gehören dazu auch Passwörter, PIN, PUK und Informationen über Dienste, die etwa ein Handybesitzer nutzt. Passwörter könnten dabei den Zugriff auf E-Mail und Cloud-Dienste des Providers ermöglichen. Ebenso heikel, nach dem Gesetz soll weiterhin die dynamische IP-Adresse dazu gehören. Damit ließe sich das Nutzungsverhalten jedes Smartphone-Besitzers detailliert nachvollziehen.

Neuregelung weiterhin problematisch

Eine Abfrage soll nun zwar nur noch möglich sein, wenn eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abgewehrt oder eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit im Einzelfall verfolgt werden soll bzw. die Abfrage der Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der jeweiligen Ermittlungsbehörde dient. Klare Grenzen, wie sie etwa eine Bezugnahme auf konkrete Straftatbestände gezogen hätte, zeigt die Formulierung jedoch nicht auf. Außerdem ermöglicht der Einbezug jedweder Ordnungswidrigkeiten selbst bei Verstößen im Bagatellbereich einen Zugriff. Immerhin ist nun eine nachträgliche Benachrichtigung von Betroffenen vorgesehen, insoweit die Ermittlungen dadurch nicht gefährdet werden. Das war vorher nicht der Fall. Grundsätzlich soll über Auskunftsersuchen und -erteilung jedoch weiterhin Stillschweigen herrschen.

Eingriffsmöglichkeiten immer noch zu weit

Auch ein Richtervorbehalt für das Einholen besonders sensibler Daten wie PIN, PUK, Passwörter und IP-Adressen ist nun wenigstens im Gesetz vorhanden. Wollen Geheimdienste derartige Informationen, muss die G-10 Kontrollkommission des Parlaments zustimmen. Kritiker bemängeln, dass Ermittlungsrichter oft nur wenig Zeit für ihre Entscheidung hätten, die eine ausgiebige Prüfung erschwert. Für viele geht die jetzige Regelung daher immer noch zu weit. Insbesondere auch, weil Provider mit mehr als 100.000 Kunden unverändert eine Schnittstelle zur schnellen Abfrage für Strafverfolgungsbehörden einrichten müssen. Eine solche Schnittstelle hat das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich für zulässig erachtet. Gegner befürchten einen weiteren Schritt hin zum gläsernen Bürger.

Ob das Gesetz, dem der Bundesrat noch zustimmen muss, so in Kraft tritt, ist gut möglich. Denn die Opposition hat in der Länderkammer zwar eine Mehrheit, um es in den Vermittlungsausschuss zu bringen. Die SPD-Fraktion im Bundestag hat dem Gesetz jedoch zugestimmt. So bleibt abzuwarten, ob eventuell das Bundesverfassungsgericht nochmals darüber entscheiden muss. Eine neue Klage gegen das Gesetz ist jedenfalls bereits angekündigt.

(GUE)

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