Plausibilitätsprüfungen aufgrund von Patientenidentitäten

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Immer wieder werden Plausibilitätsprüfungsverfahren nach § 106d SGB V iVm. § 10 Abs. 2 der Abrechnungsprüfungs-Richtlinie nicht wegen der Überschreitung der Zeitbudgets, sondern aufgrund zu hoher Patientenidentitäten eingeleitet.


Aufgreifkriterium Überschreitung der Grenzwerte

Das Aufgreifkriterium für eine erste Prüfung ist erfüllt, wenn fachgruppengleiche Praxen mehr als 20% und fachgruppenungleiche Praxen mehr als 30 % identische Patienten aufweisen.

Da es durchaus üblich und in aller Regel auch sinnvoll ist, dass sich Praxen einer Praxisgemeinschaft in Fällen von urlaubs- oder krankheitsbedingter Abwesenheit gegenseitig vertreten, kommt es immer wieder dazu, dass die vorgegebenen Grenzwerte überschritten werden.

In den dann eingeleiteten Prüfverfahren werden nicht nur die zunächst auffälligen Quartale untersucht, sondern auch bis zu acht Vorquartale, so dass die Einleitung eines solchen Verfahrens häufig mit erheblichen Regressandrohungen einhergeht.


Vertretungsfälle

Da erfahrungsgemäß  der überwiegende Teil der Patientenidentitäten aus Vertretungsfällen resultiert, ist es für die betroffenen Praxen wichtig, nachzuweisen, dass es sich bei den abgerechneten Vertretungsfällen um „echte“ Vertretungen handelt, also die Vorgaben des § 32 der Zulassungsverordnung Ärzte erfüllt sind. Dies ist u.a. der Fall, wenn die jeweils andere Praxis aufgrund von Krankheit, Urlaub etc., geschlossen war und es sich bei der Behandlung um eine Akutbehandlung handelte, ein Aufschub also nicht möglich war.


Praxisgemeinschaften

Vor allem in Praxisgemeinschaften sollte darauf geachtet werden, den Patienten gegenüber geplante Abwesenheitszeiten deutlich zu kommunizieren und Vorkehrungen zu treffen, um weitestgehend zu vermeiden, dass z.B. Rezeptabholungen während der Abwesenheit der zuständigen Praxis erfolgen. 

Zudem sind die Vertretungen auf die in der Zulassungsverordnung genannten Sachverhalte zu begrenzen. Eine stundenweise Abwesenheit oder die Vereinbarung, dass die eine Praxis immer am Mittwochnachmittag und die andere Praxis immer am Freitagnachmittag geschlossen ist, fallen nicht hierunter.


Räumlich verschiedene Praxen

Nachdem über viele Jahre hinweg solche Prüfungen im Wesentlichen in Bezug auf Praxisgemeinschaften stattgefunden haben, ist bspw. die KVWL in den vergangenen Jahren vermehrt dazu übergegangen, Patientenidentitäten auch dann zu prüfen, wenn die Praxen in unterschiedlichen Räumlichkeiten tätig sind. Dies hat dazu geführt, dass sich auch Praxen im Rahmen eines Plausibilitätsprüfungsverfahrens rechtfertigen müssen, welche weder in denselben Räumlichkeiten arbeiten, noch Einfluss auf die Öffnungs- bzw. Schließzeiten der jeweils anderen Praxis nehmen können.


Verhalten im Plausibilitätsprüfungsverfahren / Stellungnahme / Praxisbesonderheiten

Sollte ein solches Prüfverfahren eingeleitet werden, empfiehlt es sich, zunächst Akteneinsicht zu nehmen und insbesondere den Fehlzeitenkalender zu prüfen.

Zudem muss kontrolliert werden, ob die in der Vieteljahreserklärung angegebenen Fehlzeiten tatsächlich korrekt sind, oder ob hier ggfls. Zeiten vergessen wurden.

Sodann sollte eine dezidierte Stellungnahme erfolgen, in deren Rahmen nicht nur die getroffenen Vorkehrungen zur Vermeidung der Patientenidentitäten dargestellt, sondern auch auf bestehende Praxisbesonderheiten  und -umstände einzugehen ist. 

Wichtig ist es, geeignete Nachweise zu erbringen.  Der Sachvortrag muss so erfolgen, dass die KV die vorgebrachten Argumente nachvollziehen und anhand der vorgelegten Nachweise auch nachprüfen kann. Je nach Sachlage kann es sinnvoll sein,  Karteikartenausdrucke vorzulegen oder beispielhaft für ein Prüfquartal die stattgefundenen Patientenidentitäten sorgfältig aufzubereiten und darzulegen.

Häufig können durch eine fundierte Stellungnahme die Verfahren erfolgreich beendet und ein Regress abgewendet werden.


Termin bei der KV - Unterstützung mitnehmen

Immer wieder wird von Seiten der KV vorgeschlagen, ein "kollegiales Gespräch" in den Räumlichkeiten der KV durchzuführen, um das Prüfverfahren zu erörtern. Hiergegen ist prinzipiell auch nichts einzuwenden. Es ist jedoch nicht ratsam, einen solchen Termin alleine wahrzunehmen. 

Es ist absolut üblich und angemessen, sich von einer Begleitperson unterstützen zu lassen. Da von Seiten der KV in der Regel mehrere Personen an einer solchen Besprechung teilnehmen, kann es ansonsten zu einem Ungleichgewicht kommen, welches durch die ungewohnte Situation und einen drohenden Regress noch verstärkt wird.


Sollten Sie hierzu Fragen haben oder eine Beratung benötigen, kontaktieren Sie mich gerne!

Rechtanwältin Sabine Warnebier

Fachanwältin für Medizinrecht

Mediatorin

warnebier@voss-medizinrecht.de

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Foto(s): Voß.Partner Medizinrecht


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