Polen wehrt sich gegen das Mindestlohngesetz

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Mit dem Lastkraftwagen durch Deutschland, während der Aufenthaltsdauer steht dem Fahrer deutscher Mindestlohn zu? – Fragen und Diskussion zur Anwendung des Mindestlohngesetz und europäischen Nachbarn in der Transportbranche.

Die Einführung des Mindestlohngesetzes sorgt nicht nur in Deutschland für Aufruhr. Auch Ausländische Unternehmen sind davon Betroffen. Das Mindestlohngesetzt (MILOG) gilt für alle Arbeitnehmer die Ihre Tätigkeit in Deutschland ausüben. Rechtsanwältin Patrycja Mika, deutsch-polnische Mitarbeiterin der Kanzlei Dr. Schulte und Partner Rechtsanwälte mbB erläutert die rechtlichen Zusammenhänge für grenzüberschreitende Tätigkeitsbereiche wie Transportunternehmen.

Wann greift das Mindestlohngesetz, wann gilt die Ausübung der Tätigkeit in Deutschland?

Nach Art. 8 Ab. 2 Rom I VO „unterliegt der Arbeitsvertrag dem Recht des Staates, in dem oder andernfalls von dem aus der Arbeitnehmer in Erfüllung des Vertrags gewöhnlich seine Arbeit verrichtet. Der Staat, in dem die Arbeit gewöhnlich verrichtet wird, wechselt nicht, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeit vorübergehend in einem anderen Staat verrichtet.“

Nun stellt sich die Frage, wie dies in der Praxis angewendet und verstanden werden soll. Wo verrichtet der Kraftfahrer gewöhnlich seine Arbeit?

Patrycja Mika, deutsch-polnische Rechtsanwältin beobachtet die Situation in Polen: „Vor allem polnische Transportunternehmen sind von der Einführung des Mindestlohns betroffen und können die Interpretation des MILOG durch die deutschen Zollbehörden nicht nachvollziehen.“ Denn nach Auskünften des Hauptzollamts soll der Mindestlohn Kraftfahrern gezahlt werden sobald sie mit ihren Lastkraftwagen die deutsche Grenze überschreiten und während der Dauer ihres Aufenthaltes in Deutschland. Fährt der Kraftfahrer weiter nach Frankreich, kann ihm wieder der polnische Stundenlohn gezahlt werden. Dies gelte sowohl für Kabotage als auch Transit.

Was bedeutet das für ausländische Transportunternehmen? Wie gestaltet sich die Praxis?

Ausländische Transportunternehmen müssen ihre Kraftfahrer, die sie künftig in Deutschland einsetzen werden, zuvor bei der Bundesfinanzdirektion auf einem entsprechenden Formularbogen anmelden. Zudem werden die Unternehmen verpflichtet, eine ausführliche Dokumentation über die Tätigkeit der Kraftfahrer in Deutschland anzufertigen und aufzubewahren um diese bei einer Kontrolle der Zollämter vorzulegen. Aus der Dokumentation muss sich ergeben, dass der Kraftfahrer in der Zeit in der er in Deutschland seine Arbeit verrichtet hat, nach dem deutschen Mindestlohn vergütet wurde.

Die polnischen Transportunternehmen sind empört: dies bedeutet nicht nur die Erhöhung der Kosten aber auch einen verstärkten bürokratischen Aufwand. „Nunmehr werden nicht nur Ruhe- und Fahrtzeiten dokumentiert sondern auch Zeiten in Deutschland und Außerhalb“, erläutert Rechtsanwältin Mika die Stimmung in ihrem Heimatland.

Polen als Marktführer

Mit 25% Marktanteil im Güterkraftverkehr ist Polen der Marktführer in der Europäischen Union. Gefolgt von Spanien und Deutschland. Im Jahr 2014 beschäftigten sich 30.000 polnische Unternehmen mit dem Güterkraftverkehr auf Grundlage einer EU-Lizenz und setzten dabei 164.500 Kraftfahrzeuge ein. Es wird geschätzt dass 90% der Unternehmen auf den westlichen Märkten aktiv tätig ist. Explizit mit dem deutschen Markt sollen 27.000 Unternehmen verbunden sein.

Die Abwehr der polnischen Regierung

Das polnische Ministerium für Infrastruktur hält die Interpretation des MILOG durch die deutschen Zollbehörden für zu weit. Die Ministerin Maria Wasiak äußerte ihre Bedenken den zuständigen Organen der Bundesregierung und den zuständigen EU-Kommissaren gegenüber. Hierin forderte die Ministerin Wasiak eine Aufklärung ob das neue deutsche Gesetz mit dem EU-Recht vereinbar ist. Die polnische Regierung weist auf eine Kollision mit den Grundprinzipien der EU- die Dienstleistungsfreiheit und der Warenverkehrsfreiheit hin. Rechtsanwältin Mika: „Bei einer Transitfahrt nutzt der Kraftfahrer nur die Kommunikationswege in Deutschland, es ist verständlich, dass für polnische Unternehmen die Anwendung des MILOG hier völlig abwegig erscheint. Allerdings soll die unbegrenzte Geltung der MILOG auch für polnische Kraftfahrer wiederum die Konkurrenzfähigkeit der deutschen Unternehmen schützen und Wege zur Umgehung des Gesetzes versperren. Mit Spannung wird auf die ersten Stellungnahmen der EU- Kommission gewartet.“


Pressekontakt/ViSdP:

Dr. Schulte und Partner Rechtsanwälte mbB

vertreten durch die Partner

Dr. Thomas Schulte, Dr. Sven Tintemann, Kim Oliver Klevenhagen



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