Prämiensparverträge: Ein Überblick über die aktuelle Rechtslage zu Kündigung und Zinsanpassungsklauseln

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Viele Sparkassen und Banken versuchen seit Jahren, attraktive ältere Prämiensparverträge aufgrund der anhaltenden Niedrigzinsphase zu kündigen. Doch viele Kündigungen sind rechtswidrig. Vielen Sparern stehen zudem höhere Zinsen zu, wie kürzlich u.a. das OLG Dresden entschied. Der nachfolgende Beitrag gibt Sparern einen Überblick über die Rechtslage zur Kündbarkeit von Sparverträgen und zur Nachzahlung im Rahmen rechtswidriger Zinsanpassungsklauseln.

Prämiensparverträge waren lange Zeit ein lukratives Produkt. Zusätzlich zum Grundzins erhält der Sparer eine jährliche Prämie, die mit der Laufzeit ansteigt. In Zeiten niedriger Zinsen wird die versprochene Prämie für die Banken zur Belastung. Viele Banken und Sparkassen kündigten deswegen die Verträge. Neben der Frage der Wirksamkeit solcher Kündigung ist auch die Praxis der Zinsanpassung zuletzt zugunsten der Verbraucher entschieden worden.

Kündigung alter Sparverträge frühestens bei Erreichen der höchsten Prämienstufe 

Im Grundsatz dürfen Sparkassen Prämiensparverträge frühestens kündigen, wenn die höchste Prämienstufe erreicht ist. So hat es der Bundesgerichtshof in letzter Instanz am 14. Mai 2019 entschieden. Bis dahin ist das Recht der Sparkasse zur Kündigung regelmäßig ausgeschlossen. Die betreffenden Produkte laufen unter Bezeichnungen wie „Prämiensparen flexibel“, „Prämiensparvertrag“, „Vermögensplan“ oder „Vorsorgesparen“.

Laut BGH sind Kündigungen nach Erreichen der höchsten Prämienstufe wirksam, wenn keine andere Laufzeit vereinbart war. Das ist regelmäßig nach 15 Jahren der Fall. Gemäß der allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) dürfen Banken nur bei Vorliegen eines „sachgerechten Grundes“ den Vertrag kündigen. Ein solcher Grund könne das niedrige Zinsniveau sein. Zwar fanden sich in den Werbeprospekten von Sparkassen oft Musterrechnungen über sehr lange Zeiträume von bis zu 25 Jahren oder mehr. In den Worten des BGH ist solch eine Berechnung aber nur ein „Rechenbeispiel, mit dem keine verbindliche Aussage zur tatsächlichen Laufzeit des Vertrags verbunden ist“. Diese ergebe sich vielmehr aus den „Vertragsantragsformularen“, die Kunden zu Beginn erhielten.

Zinsanpassung ist oft intransparent

Ungeachtet der Frage der Wirksamkeit einer Kündigung müssen die Banken die Zinsanpassungen fair, berechenbar und nachprüfbar machen. 

Typische Zinsanpassungsklauseln lauten z.B.:

„Die Spareinlage wird variabel, z.Zt. mit ... % verzinst“ - [Sparkasse Leipzig]

„Die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz, z. Zt. ...%, ..." oder „Die Spareinlage wird variabel, z. Zt. mit ...% verzinst“ - [Erzgebirgssparkasse]

 „Die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz, z. Zt. ...%, am Ende eines Kalenderjahres [...]." oder „Die Spareinlage wird variabel, z.Zt. mit ... % p. a. verzinst“ - [Sparkasse Zwickau]

„Die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz, z.Zt. …%, am Ende eines Kalenderjahres […]." oder "Die Spareinlage wird variabel, zur Zt. mit …% p.a. verzinst" [Sparkasse Vogtland]

 „Die Spareinlage wird variabel, z. Zt. mit.... % verzinst“ - [Sparkasse Meissen]

 „Die Spareinlage wird variabel, z. Zt. mit ...% verzinst" oder „Die Spareinlage wird variabel, z. Zt. mit ...% p.a. verzinst" - [Sparkasse Muldental]

Den Zinsanpassungsklauseln vieler Banken und Sparkassen schob der Bundesgerichtshof (BGH) bereits im Jahr 2004 einen Riegel vor und hat seitdem in mehreren Urteilen unbestimmte Vertragsklauseln zur Zinsanpassung für unzulässig erklärt. Vielmehr müssen Banken und Sparkassen Zinserhöhungen und -senkungen nach festen Regeln und anhand eines unabhängigen Referenzzinses vornehmen.

Das Landgericht Dresden urteilte im September 2020 zu der von der Sparkasse Leipzig verwendeten Klausel, dass diese unwirksam ist und die daraus entstandene Lücke im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen ist. Das Gericht wies zudem ausdrücklich darauf hin, dass der beklagten Sparkasse die Rechtsprechung des BGH zur unwirksamen Zinsklauseln seit 2004 bekannt war. Zudem wies es darauf hin, dass die Verjährung der Ansprüche frühestens mit dem Ende des Sparvertrages beginnt und nicht 3 Jahre nach der jeweiligen Abrechnung.

Sparer haben nach zuletzt verbraucherfreundlichen Entscheidungen oft Anspruch auf hohe Nachforderungen. Die Sparkassen verweigern dennoch regelmäßig die Nachberechnung bzw. die Nachzahlungen. Die Verbraucherzentralen von Baden-Württemberg, Bayern und Sachsen sowie der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) haben gegen etliche Sparkassen entweder auf Unterlassung oder auf Musterfeststellung geklagt.

Wenn die Sparkasse die Zinsen nicht von sich aus angepasst hat, steht Prämiensparern ein Zinsnachschlag zu. Nicht selten geht es um vierstellige Beträge. Die Nachberechnung ist mitunter aufwendig. Betroffene sollten deshalb einen im Bankrecht spezialisierten Rechtsanwalt konsultieren und mögliche Ansprüche auf Nachzahlung prüfen lassen.

Zeitpunkt der Verjährung der Ansprüche auf Nachzahlung ist umstritten

Der beste Anspruch nützt nichts, wenn er wegen Zeitablauf nicht mehr durchsetzbar ist. Juristen sprechen in diesem Zusammenhang von Verjährung. Höchst umstritten ist die Frage, wann Ansprüche aus der unzulässigen Zinsanpassung verjähren.

Die Banken argumentieren, dass eine Zinsanpassung rückwirkend nur für 3 Jahre vorzunehmen sei.

Das OLG Dresden hat in seinem Urteil vom 22.04.2020 (Az. 5 MK 1/19) zur Frage der Verjährung (Rz. 87 ff.) ausführlich Stellung genommen. Das Gericht ist der Auffassung, dass die Verjährung frühestens mit Vertragsende beginnt. Endete ein Vertrag z.B. im Jahr 2018, dann ist der Eintritt der Verjährung nicht vor Ablauf des 31.12.2021. Endete er im Jahr 2017, dann ist er mit Ablauf des Jahres 2020 verjährt, wenn nicht die Verjährung gehemmt wurde.

Das hat zur Folge, dass die Zinsneuberechnung bis zum Vertragsbeginn vorzunehmen ist. Oftmals sind damit mehrere Tausend Euro an Nachverzinsung möglich.

Das Urteil des OLG Dresden ist noch nicht rechtskräftig.

Fazit: Die jüngste Rechtsprechung zu Prämiensparverträgen macht deutlich, dass Sparer regelmäßig im Rahmen der Zinsanpassung Ansprüche auf Nachzahlungen von nicht selten mehreren Tausend Euro beanspruchen können. Auch bei wirksam beendeten Sparverträgen sollten die Ansprüche zur Vermeidung der Verjährung von einem im Bankrecht spezialisierten Rechtsanwalt geprüft werden.

Rechtsanwalt Markus Mehlig ist im Schwerpunkt im Bankrecht tätig und vertritt eine Vielzahl  von Sparern bundesweit gegen die Kündigung langfristiger Prämiensparverträge und bei Nachforderungen im Zusammenhang mit unwirksamen Zinsanpassungsklauseln. Gerne steht er auch Ihnen im Rahmen eines kostenfreien Erstgesprächs zur Verfügung.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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