Prüfungsrecht: Plagiat bei Diplomarbeit

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Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat sich (Urteil vom 09.02.2015; gerichtliches Aktenzeichen 9 S 327/14) mit der Frage befasst, was zu den Grundanforderungen des selbständigen wissenschaftlichen Arbeitens gehört und ob diese auch für Diplomarbeiten gelten.

Nach § 26 Abs. 1 Satz 2 der einschlägigen Studien- und Prüfungsordnung der beklagten Hochschule soll die Diplomarbeit zeigen, dass innerhalb einer vorgegebenen Frist ein Problem aus dem Fach selbständig nach wissenschaftlichen Methoden bearbeitet werden kann.

Damit stellte sich die Frage, was die Grundanforderungen an das selbständige wissenschaftliche Arbeiten sind. Der VGH hatte diese Grundanforderungen im Rahmen eines Verfahrens wegen der Entziehung eines Doktorgrades herausgearbeitet und stellte nun klar, dass diese auch auf den vorliegenden Fall zu anzuwenden wären. Denn die dort dargestellten Grundanforderungen betreffen die Befähigung zum selbständigen wissenschaftlichen Arbeiten, die hier wie dort nachgewiesen werden mussten.

Der VGH stimmte daher den Ausführungen des Verwaltungsgerichts Sigmaringen in der Vorinstanz zu, als es ausführte, dass zu diesen Grundanforderungen gehöre, dass alle verwendeten Quellen und Hilfsmittel der Arbeit offengelegt werden müssen.

Es führte ferner aus, dass die wörtliche oder sinngemäße Übernahme von zusammenhängenden Textpassagen aus fremden Werken ohne (ausreichendes) Zitat gegen grundlegende Maßstäbe des wissenschaftlichen Arbeitens verstoße und eine Täuschung über die Selbständigkeit der erbrachten wissenschaftlichen Leistung beinhalte. Dies sei insbesondere dann anzunehmen, wenn die Übernahme fremden Gedankengutes nicht nur vereinzelt, sondern systematisch und planmäßig erfolge, etwa wenn sich solche Plagiate an mehreren Stellen der Arbeit finden und Passagen von verschiedenen Fremdautoren betreffen würden. Dabei lasse die wörtliche Wiederholung von Vorlagentexten einschließlich ihrer sprachlichen Eigentümlichkeiten jedenfalls den Schluss zu, dass diese Passagen unmittelbar abgeschrieben wurden. Das gelte auch dann, wenn kleinere Änderungen – etwa in Form von Umgruppierungen wiederum fast wörtlich übernommener Passagen – vorgenommen würden.

Selbständiges wissenschaftliches Arbeiten setze die Entwicklung einer eigenständigen Gedankenführung voraus, was bei Vorliegen der genannten Umstände nicht gegeben wäre. Es läge dann eine Täuschung darüber vor, dass die wissenschaftliche Leistung tatsächlich von einem anderen und nicht vom Autor selbst stammt.

Fazit:

Bei Plagiatsverdacht bzw. im Raum stehenden Täuschungen kann Betroffenen aufgrund der stets maßgeblichen Einzelfallumstände eine möglichst frühzeitige anwaltliche Beratung durch einen auf das Prüfungsrecht spezialisierten Rechtsanwalt angeraten werden.

Bitte beachten Sie, dass dieser Beitrag – für den wir keine Haftung übernehmen – eine Beratung im Einzelfall nicht ersetzen kann.

Alexander Seltmann

Rechtsanwalt und

Fachanwalt für Sozialrecht

Fachanwalt für Verwaltungsrecht

Anwaltskanzlei Gaßmann & Seidel, Stuttgart


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