Radler vs. Fußgänger: Wer haftet bei Unfall auf dem Radweg?
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Verkehrsteilnehmer müssen stets darauf achten, dass sie mit ihrem Verhalten niemanden gefährden. Doch meistens genügt bereits eine Sekunde Unachtsamkeit, und schon ist der Unfall passiert – der Beginn eines erbitterten Streits um Schadenersatz. Denn nicht immer ist die Rechtslage so klar, wie man denkt. Läuft etwa ein Fußgänger blindlings auf einen Radweg und kollidiert dort mit einem Radler, bedeutet das nicht automatisch auch eine 100-prozentige Haftung des Passanten, wie das Urteil des Kammergerichts (KG) Berlin zeigt.
Kollision an der Bushaltestelle
Eine Fahrradfahrerin war auf einem entsprechend beschilderten Radweg unterwegs, als sie sich einer Bushaltestelle näherte. Dort schwenkte der markierte Radweg etwas nach links, sodass der für Fußgänger reservierte Haltestellenbereich, der zwischen der Bushaltestelle und dem Radweg verlief, relativ schmal war. Als die Radlerin gerade die Haltestelle passieren wollte, hielt ein Bus und ließ einige Fahrgäste aussteigen. Einer der Fahrgäste lief blindlings über den Bürgersteig auf den Radweg und stieß dort mit der Radlerin zusammen, die sich bei der Kollision schwer verletzte. Sie zog daher vor Gericht und verlangte Schadenersatz.
Mithaftung der Radlerin
Das KG Berlin bejahte dem Grunde nach zwar eine Haftung des Fußgängers. Schließlich hat er gegen § 25 III 1 StVO (Straßenverkehrsordnung) verstoßen, als er blindlings auf den Radweg lief, ohne sich zuvor zu vergewissern, ob sich ein Radler auf dem Radweg nähert. Dieses Verhalten war auch ursächlich für den Unfall.
Allerdings war auch der Radlerin gemäß § 254 I BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) ein Mitverschulden an dem Zusammenstoß anzulasten. Nach § 20 II StVO hätte sie nämlich höchstens mit Schrittgeschwindigkeit an der Haltestelle vorbeifahren dürfen, sofern eine Gefährdung der aussteigenden Fahrgäste auszuschließen ist. Ein Verstoß gegen diese Sorgfaltspflicht wiegt besonders schwer – bezweckt die Norm doch den Schutz von Fahrgästen, die häufig auf eine Fahrbahn aussteigen müssen und daher dem Straßenverkehr ausgesetzt sind, bevor sie den „rettenden“ Bürgersteig betreten können.
Eine ähnliche Situation liegt vor, wenn die Fahrgäste – wie im vorliegenden Fall – zwar zunächst auf einem für Fußgänger reservierten Bereich aussteigen, dann jedoch einen Radweg betreten müssen, um ihn wieder verlassen zu können. Zumeist ist dieser Haltestellenbereich zu schmal, als dass alle Fahrgäste nach dem Aussteigen Platz darauf finden. Stattdessen werden die ersten aussteigenden Fahrgäste oft durch die nachrückenden weiter nach vorne – und damit in Richtung Radweg – gedrängt. In dieser Situation kann es deshalb schnell zu einem Zusammenstoß mit einem Radler kommen, sodass die aussteigenden Fahrgäste auch hier besonders schutzbedürftig sind.
Den Verstoß der Radlerin gegen § 20 II StVO wertete das Gericht schwerer als den Verstoß des Fußgängers. Es hielt daher eine Mithaftungsquote von 80 Prozent zulasten der Radlerin für angemessen.
(KG Berlin, Beschluss v. 15.01.2015, Az.: 29 U 18/14)
(VOI)
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