Rückschnitt bei Überhang eines Baumes

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Anspruch auf Rückschnitt gegen den Nachbar

Wenn Zweige und Äste eines Baumes vom benachbarten Grundstück herüberragen, so hat der beeinträchtigte Nachbar grundsätzlich einen Anspruch aus § 1004 BGB gegen den Besitzer des benachbarten Grundstücks auf Rückschnitt des Überhangs jedenfalls dann, sofern der Überhang mit einer nicht unerheblichen Beeinträchtigung des Grundstücks einhergeht (z.B. durch Laub-, Nadel-, Zapfenabfall, usw.). Noch nicht abschließend beurteilt hat der BGH, ob der Anspruch ausgeschlossen ist, wenn die Beeinträchtigung durch den Überhang nur sehr geringfügig bzw. unerheblich ist.

Verjährung

Problematisch ist in der Praxis in derartigen Fällen häufig, dass der Überhang vom beeinträchtigten Eigentümer erst Jahre später als störend wahrgenommen oder überhaupt bemerkt wird, da die Beeinträchtigung mit der Zeit immer weiter zunimmt. Der Eigentümer des Baumes beruft sich mit dem Argument, dass der Überhang des Baumes schon seit etlichen Jahren bestehe, auf die Verjährung des Anspruchs.

Insoweit gilt, dass der Anspruch des beeinträchtigten Nachbars auf Rückschnitt des Überhangs in der regelmäßigen Verjährungsfrist von 3 Jahren verjährt. Der BGH hat entschieden, dass die Verjährung beginnt, sobald eine Eigentumsbeeinträchtigung infolge des Wachstums der Äste einsetzt.

Insoweit vertritt das OLG München mit überzeugender Begründung die Auffassung, dass nicht der erste Zentimeter Überwuchs maßgeblich sein kann für den Beginn der Verjährungsfrist, da beim ersten Zentimeter Überwuchs üblicherweise noch gar keine Beeinträchtigung des Grundstücks gegeben ist. Entscheidend ist nach dieser Rechtsprechung der Beginn der (nicht unerheblichen) Beeinträchtigung, da dem Eigentümer nicht zugemutet werden kann, eine wegen der Gefahr der Verjährung frühzeitig erhobene Klage zu verlieren, weil noch gar keine (erhebliche) Beeinträchtigung im Zeitpunkt der Klageerhebung vorgelegen hat.

Darüber hinaus ist zu beachten, dass die regelmäßige Verjährungsfrist von 3 Jahren erst ab Kenntnis bzw. grob fahrlässiger Unkenntnis von der Eigentumsbeeinträchtigung beginnt. Ohne Rücksicht auf die Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis verjährt der Anspruch spätestens nach 10 Jahren von seiner Entstehung an.

Fazit: Somit dürfte nach dem Dargelegten klar sein, dass in solchen Überhang-Fällen der Beginn der der Verjährung in der Praxis vielfach nicht (tag-)genau zu klären ist. Darlegungs- und beweisbelastet für eine Verjährung ist der Nachbar, der sich auf die Verjährung beruft und der als Störer für den Überhang verantwortlich ist. Zweifel an den Voraussetzungen einer Verjährung gehen damit zu Lasten desjenigen, der sich auf die Verjährung beruft.

Selbsthilferecht

Der Grundstückseigentümer des beeinträchtigten Grundstücks ist jedoch auch im Falle einer unzweifelhaften Verjährung des Anspruchs gegen den benachbarten Besitzer nicht rechtlos gestellt. Neben dem Anspruch auf Beseitigung gegen den Nachbar, der für den Überhang verantwortlich ist, hat der beeinträchtige Nachbar nämlich auch ein unverjährbares Selbsthilferecht. Nach § 910 BGB kann der Eigentümer des beeinträchtigen Grundstücks herüberhängende Zweige selbst abschneiden, wenn er dem benachbarten Besitzer des Grundstücks eine angemessene Frist zur Beseitigung gesetzt hat und die Beseitigung nicht innerhalb der Frist erfolgt ist. Voraussetzung ist insoweit grundsätzlich lediglich, dass das Grundstück durch den Überhang beeinträchtigt wird. Das Selbsthilferecht gilt nach der Rechtsprechung des BGH sogar dann, wenn der Baum droht durch den Rückschnitt von Zweigen seine Standfestigkeit zu verlieren und abzusterben.

Hinsichtlich der Beseitigungskosten gilt zu beachten, dass der beeinträchtige Eigentümer, der von seinem Selbsthilferecht Gebrauch gemacht hat, diese Kosten vom Nachbar nur ersetzt verlangen kann, wenn der Anspruch aus § 1004 BGB auf Rückschnitt gegen den Nachbarn im Zeitpunkt der Selbstvornahme noch nicht verjährt gewesen ist.

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