Sachverständiger haftet für fehlerhaftes Gutachten auf Schadensersatz

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Schadensersatzklage gegen Sachverständigen

Sachverständige sind primär dazu da, dem Gericht bei komplizierten und komplexen Sachverhaltsgestaltungen mit ihrer besonderen Sachkunde zu helfen. Liegt ein ärztlicher Behandlungsfehler vor? Wie viel ist das beschädigte Fahrzeug noch wert? Ist das Haus mit einem Baumangel behaftet? Solche oder ähnliche Fragen sollen Sachverständige beantworten und auf diese Weise mit über das Bestehen oder Nichtbestehen von Ansprüchen entscheiden. Doch wer als Sachverständige ein unrichtiges Gutachten erstellt, riskiert selbst eine Inanspruchnahme. Nach § 839a Abs. 1 BGB haftet ein gerichtlich ernannter Sachverständiger nämlich bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Erstattung eines unrichtigen Gutachtens für den Schaden, der einem Verfahrensbeteiligten durch eine gerichtliche Entscheidung entstehen, die auf diesem Gutachten beruht.

Zentrale Voraussetzung: Fehlerhaftes des Gutachtens

Entscheidender Anknüpfungspunkt für einen solchen Ersatzanspruch ist also ein unrichtiges Gutachten. Unrichtig ist ein Gutachten insbesondere dann, wenn es von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgeht, etwa aufgrund einer fehlerhaften oder unvollständigen Befunderhebung. Außerdem, wenn es aus dem Sachverhalt die falschen Schlüsse zieht. Zur besseren Verständlichkeit einige Beispielsfälle:

  • Ein ärztlicher Sachverständiger missachtet bei der Erstellung seines Gutachtens einschlägige medizinische Leitlinien und lehnt einen Behandlungsfehler fälschlicher Weise ab.
  • Mangels ausreichender Recherche stuft ein Kfz-Sachverständiger den Wert eines Unfallwagens deutlich zu niedrig ein (vgl. LG Gießen, Urteil vom 04.07.2001, 1 S 357/00).
  • Ohne das Haus selbst in Augenschein genommen zu haben, geht der Sachverständige von einem Baumangel an einem Gebäude aus.

Weitere Voraussetzungen der Haftung des Sachverständigen

Doch ein unrichtiges Gutachten genügt noch nicht, um einen Anspruch aus § 839a Abs. 1 BGB zu begründen. Vielmehr müssen noch weitere Voraussetzungen vorliegen.

Zunächst muss der Sachverständige vom Gericht bestellt worden sein. Wird der Sachverständige dagegen lediglich als Helfer der Verwaltung bzw. einer Behörde tätig, richtet sich der Anspruch nicht gegen den Sachverständigen, sondern nur gegen die Behörde. Man spricht dann von einem Amtshaftungsanspruch, welcher sich aus § 839 Abs. 1 BGB ergibt. Anzuwenden ist diese Norm etwa dann, wenn ein vom Jugendamt beauftragter Gutachter zu Unrecht von einer Kindesmisshandlung ausgegangen ist.

Darüber hinaus muss dem Sachverständigen ein Verschulden nachgewiesen werden können. Dieser muss das Gutachten also vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig unrichtig erstattet haben.

Zudem muss es durch das Gutachten zu einer gerichtlichen Entscheidung gekommen sein, die beim jeweiligen Verfahrensbeteiligten zu einem Schaden geführt hat. Zu denken ist dabei beispielsweise an eine Klageabweisung, eine Verurteilung zu Freiheits- oder Geldstrafe oder einen sonstigen Vermögensschaden.

Zuletzt darf der Anspruch nicht nach § 839a Abs. 2 BGB ausgeschlossen sein. Dies ist der Fall, wenn der durch das Gutachten Geschädigte vor der Inanspruchnahme des Gutachters nicht alle zur Verfügung stehenden Rechtsmittel erfolglos ausgeschöpft hat. Insbesondere muss zuvor jede mögliche Instanz durchlaufen und immer wieder beantragt werden, den Sachverständigen zur Erläuterung seines Gutachtens zu laden.

Ablauf der Schadensersatzklage gegen den gerichtlich bestellten Sachverständigen

Sind sodann sämtliche Rechtsmittel (Befangenheitsantrag, Antrag auf Einholung eines neuen Gutachtens) ausgeschöpft worden, kann der Sachverständige schriftlich und unter Fristsetzung aufgefordert werden, alle erlittenen Schäden zu begleichen. Tut er dies nicht, steht der Klageweg offen.

Um die Erfolgsaussichten zu erhöhen, sollte vor der Kontaktaufnahme mit dem Sachverständigen die eigene Ansicht von der Unrichtigkeit des Gutachtens untermauert werden. In Betracht kommen die Einholung eines Privatgutachtens zur Streitfrage sowie die Suche nach widersprechenden Leitlinien, Studien und sonstigen Literaturquellen.

Außerdem sollte – sofern eine Rechtsschutzversicherung vorhanden ist – von dieser zuvor eine Deckungszusage bezüglich der Kosten des Rechtsstreits (Prozesskosten, Kosten für das Privatgutachten etc.) eingeholt werden.



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