Veröffentlicht von:

Scheinselbstständigkeit bei freien Mitarbeitern, Honorarkräften etc.

  • 3 Minuten Lesezeit

Freie Mitarbeit rechnet sich. Scheinbar. Für den Einsatz freier Mitarbeiter sprechen ein flexibler Arbeitseinsatz nach Auftragslage sowie niedrigere Fixkosten. Der Mitarbeiter hat ebenfalls zeitliche Gestaltungsmöglichkeiten. Die Kehrseite ist die Gefahr der Scheinselbstständigkeit. Die Sozialversicherungsträger prüfen zunehmend die Beschäftigungsverhältnisse sog. „freier Mitarbeiter“ und stellen Beitragspflicht fest. Grund genug, alles auf den Prüfstand zu stellen.

Freie Mitarbeit oder freier Beruf?

Die Bezeichnung „freier Mitarbeiter“ besagt gar nichts. Der „freie Mitarbeiter“ ist kein Beruf. Insbesondere darf man den „freien Mitarbeiter“ nicht mit einem „Freiberufler“ verwechseln. Man kann der Sozialversicherungspflicht auch nicht durch die Wahl einer Bezeichnung und die Gestaltung eines entsprechenden Vertrags entgehen. Es ist rechtlich belanglos, ob man eine Tätigkeit als „freie Mitarbeit“, oder „Tätigkeit auf Honorarbasis“ etc. bezeichnet. Die Sozialversicherungsträger betrachten im Rahmen ihrer Prüfungen immer die tatsächliche Ausgestaltung einer Tätigkeit. Nicht anders die Sozialgerichte im Streitfall.

Gefahr der Solo-Selbstständigkeit

In den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass bestimmte Formen der Solo-Selbstständigkeit von den Versicherungsträgern nicht mehr toleriert werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich die Eingliederung des „Freien Mitarbeiters“ in den Betrieb nicht von den Beschäftigungsverhältnissen der fest angestellten Arbeitnehmer unterscheidet.

Ausgangspunkt der sozialversicherungsrechtlichen Bewertung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Diese Bestimmung gilt für alle Zweige der gesetzlichen Sozialversicherung. Danach ist Beschäftigung, die nicht selbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Zur weiteren Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und Selbstständigkeit hat das BSG eine Formel entwickelt, die von den Sozialgerichten – soweit ersichtlich – bundesweit einheitlich angewendet wird. Eine Beschäftigung setzt demnach voraus „dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte und eigener Betriebsmittel, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im wesentlichen freigestellte Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben letztere den Ausschlag.“

Die Sozialgerichte prüfen im Streitfall zunächst, wie das Vertragsverhältnis ausgestaltet ist. In einem zweiten Schritt wird kontrolliert, ob die tatsächlichen Verhältnisse mit den vertraglichen Vereinbarungen übereinstimmen. Wird der Vertrag tatsächlich gelebt oder weichen die konkreten Verhältnisse am Ort des Geschehens von den Vertragsbedingungen ab? Ein weiteres wichtiges Kriterium ist das Unternehmerrisiko. Besteht dieses nicht, ist eine abhängige Beschäftigung gegeben. Außerdem ist zu beachten, wie der freie Mitarbeiter nach außen auftritt. Wird er von der Außenwelt als Teil des Unternehmens wahrgenommen oder ist er auch nach außen als Selbstständiger zu erkennen?

Angesichts der Risiken empfiehlt es sich daher grundsätzlich, sämtliche Verträge mit freien Mitarbeitern zu prüfen und ggf. Korrekturen vorzunehmen. Dies gilt auch dann, wenn diese Verträge im Rahmen früherer Betriebsprüfungen nicht beanstandet worden sind. Denn ein Prüfbescheid gewährt grundsätzlich keinen Vertrauensschutz dahingehend, dass die Selbstständigkeit anerkannt worden ist, es sei denn, der Bescheid enthält eine ausdrückliche Feststellung, dass für die betreffenden Mitarbeiter keine Sozialversicherungspflicht besteht oder die Clearingstelle oder die Einzugsstelle der gesetzlichen Krankenversicherung haben durch Bescheid festgestellt, dass die Tätigkeit nicht im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wird.

 

Dieser Beitrag dient zur allgemeinen Information und entspricht dem Kenntnisstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung. Eine individuelle Beratung wird dadurch nicht ersetzt. Jeder einzelne Fall erfordert fachbezogenen Rat unter Berücksichtigung seiner konkreten Umstände. Ohne detaillierte Beratung kann keine Haftung für die Richtigkeit übernommen werden. Vervielfältigung und Verbreitung nur mit schriftlicher Genehmigung des Verfassers.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Peter Koch

Beiträge zum Thema