Scheinverkäufe beim türkischen Erbrecht

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Sind Sie Erbe/Erbin eines Bekannten und sich auch sicher, dass diese Person zu seinen Lebzeiten Eigentum besaß, Ihnen aber nach dessen Tod gesagt wird, dass der Verstorbene über kein Eigentum verfügt, so lassen Sie die zuständigen Banken und das Grundbuchamt durch das Nachlassgericht prüfen. Es ist bei Erbschaftsklagen nicht unüblich, dass der Verstorbene kurz vor seinem Tod einem anderen Erben oder Dritten sein Eigentum verkauft hat, wir dieses Vorgehen jedoch annullieren konnten. Der Grund für solch ein Vorgehen besteht darin, dass der Verstorbene durch den lebzeitigen Verkauf die Verheimlichung seines Eigentums und eine geheime Spende/ ein geheimes Schenken beabsichtigt. Dies wird meistens für die Vernichtung des Pflichtteils anderer Erben erzielt. 

Art.506 türk. ZGB definiert den Pflichtteil. Nach dieser Vorschrift ist der Pflichtteil der Abstammung die Hälfte des gesetzlichen Erbanteils. Der Pflichtteil der Eltern ist ein Viertel ihres gesetzlichen Erbanteils. Für Ehegatte wurde aber der Pflichtteil anders geregelt. Ehegatte erhält seinen kompletten Erbanteil als Pflichtteil, wenn er mit Abstammung oder mit Eltern zusammen erbt. In anderen Fällen bekommt das Ehegatte drei Vierteil seines gesetzlichen Erbanteils als Pflichtteil.

Der Scheinverkauf des Verstorbenen ist so zu begründen, dass das Erbe den Erben begünstigen soll. Jedoch greift das Recht in solchen Fällen nicht ein und speziell die Pflichtteile der anderen Erben können in keiner Art und Weise abgewendet werden. Verkauft der Verstorbene kurz vor seinem Tod sein Eigentum, ohne dies aus finanziellen Gründen nötig zu haben und auch keine berechtigten, ernsten oder vernünftigen Gründe ersichtlich sind, werden die getätigten Verkäufe als ein „Scheinverkauf" angesehen und durch das Gericht annulliert. Insbesondere wenn der Verstorbene einen Teil seines Erbes an die Person mit der er zusammenlebt überträgt, aber auf dem Konto des Verstorbenen kein entsprechender Gewinn zu verzeichnen ist, wird auch dieses Vorgehen als Betrug angesehen und annulliert. Der türkische Kassationshof wurde solche erbrechtlichen Geschäfte in der Gesamtheit als nichtig erklärt. Hierzu besteht viele vielfältigen Rechtsprechungen.

Eine weitere Besonderheit dieser Übertragungen ist, dass bei den Verkäufen beim Grundbuchamt der angegebene Preis weit unter dem realen Preis des Verkaufsobjekts liegt. Dies kann vom Gerichtsgutachter leicht nachgewiesen werden. Des Weiteren klärt das Gericht auch den Grund, warum der Verstorbene kurz vor seinem Tod einen Verkauf getätigt hat. Hat diese Handlung des Verstorbenen keinen berechtigten, ernsten oder vernünftigen Grund vorzuweisen, so wird dieser Verkauf als einen Scheinverkauf anerkannt und gerichtlich annulliert. Auch die anderen Erben können, hier liegt keine Verjährungsfrist vor, die Verkäufe annullieren lassen und die Eintragung ihres gesetzlichen Erbanteils im Grundbuch fordern.


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