Schnabeltier

  • 2 Minuten Lesezeit

Bezeichnung eines maskentragenden Polizisten als "Schnabeltier" ist nach Auffassung der Staatsanawaltschaft Darmstadt (500 Js 8433/21) keine Beleidigung im Sinne von § 185 StGB. Die Beschuldigte war bei einer Demonstration in Polizeigewahrsam genommen worden. Im Streifenwagen kam es zu einem Wortgefecht mit einem Polizisten. Im Verlauf der Diskussion fragte die Beschuldigte den Polizisten: "Wissen Sie, wie Sie aussehen?" Darauf der Polizist: "Na, wie denn?". Die Beschuldigte äußerte dann: "Wie ein Schnabeltier!". 

Eine Beleidigung in Form einer Schmähkritik liegt ersichtlich nicht vor. In der Entscheidung des BVerfG zu diesem Thema (1 BvR 444/13 vom 24.7.2013) heißt es:

„Der Begriff der Schmähkritik ist vor dem Hintergrund, dass es nach der verfassungsrechtlichen Systematik bei im Einzelfall gegenüberstehenden Grundrechtspositionen grundsätzlich einer Abwägung zwischen diesen verschiedenen Grundrechtspositionen unter Berücksichtigung aller wesentlicher konkreter Umstände bedarf, eng definiert. Eine überzogene oder gar ausfällige Kritik macht eine Äußerung für sich genommen noch nicht zur Schmähung. Hinzutreten muss vielmehr, dass bei der Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund steht. Die Äußerung muss jenseits auch polemischer und überspitzter Kritik in der persönlichen Herabsetzung bestehen. Wesentliches Merkmal der Schmähung ist mithin eine das sachliche Anliegen völlig in den Hintergrund drängende persönliche Kränkung.“

Es ist offensichtlich, dass die Beschuldigte den Polizeibeamten nicht persönlich herabgesetzt hat. 

Die Beschuldigte hat nicht gesagt, dass der Polizist ein Schnabeltier wäre, sondern, dass er mit der Maske aussähe wie ein Schnabeltier. Diese deskriptive Beschreibung fällt als Meinungsäußerung unter Art. 5 GG. Die Erwähnung des Schnabeltiers als physiologisches Pendant ist objektiv nicht als Herabsetzung zu werten, sondern war in der konkreten Situation zur Erheiterung der Streifenwagenbesatzung geeignet.

Zweifellos ist die Anmutung des Schnabeltiers mit dem Begriff der sog. „Drolligkeit“ prägend beschrieben. Flauschiges Fell, possierliche Flossen und ein kühn geschwungener Schnabel sorgen dafür, dass es in der Literatur über die Fauna vielfach abgebildet wird. Außerdem haftet dem Schnabeltier eine gehörige Exklusivität im Tierreich an, ist es doch das einzige eierlegende Säugetier.

Inwiefern der Vergleich mit einem Tier als herabsetzend zu bewerten ist, bedarf einer eindeutigen Begründung. „Herr Kommissar, Sie sind ein Fuchs“ ist keinesfalls eine Beleidigung, werden doch hier die kriminalistischen Fähigkeiten gelobt. Was an einem Schnabeltier negativ sein soll im Hinblick auf Charakter, Verhalten und Aussehen, war der Staatsanwaltschft unzugänglich.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Bernd Roloff