Soziale Erhaltungsverordnung für Hamburg-St.Georg hält Normenkontrolle stand

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Das Hanseatische Oberverwaltungsgericht hat eine Normenkontrollklage gegen die Soziale Erhaltungssatzung für den Hamburger Stadtteil St. Georg von 2012 in einer kürzlich veröffentlichten Entscheidung des 2. Senats vom 09.07.2014 (Az. 2 E 3/13 N) abgewiesen. Das OVG hatte festgestellt, dass die Erhaltungsziele einer sozialen Erhaltungssatzung gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB mit den zugehörigen Versagungsgründen nach Absatz 4 dieser Norm korrespondieren.

Die Eigentümerin eines viergeschossigen Mietshauses aus dem Jahre 1875 hatte gegen die Soziale Erhaltungssatzung für den Hamburger Stadtteil St.Georg geklagt, da sie sich durch die Satzung nach § benachteiligt fühlte, nachdem sie ihr Haus mit hohem finanziellen Aufwand denkmalgerecht saniert hatte. Sie trug vor, dass einkommensschwache Mieter bereits aus dem Stadtteil verdrängt worden seien und die Ziele einer solchen Satzung daher nicht mehr zu erreichen seien. Die Sanierungen seien dort abgeschlossen und der vom Verordnungsgeber vorgesehene Schutz vor Verdrängung gehe ins Leere, weil die zu schützende einkommensschwache Wohnbevölkerung dort nicht mehr lebe. Zudem kritisierte sie die von der Behörde zugrunde gelegte Datenerhebung als unzureichend. Die Erhaltungsverordnung stelle demnach einen unzulässigen Eingriff in ihr durch Art. 14 Abs. 1 GG geschütztes Grundeigentum dar.

Eine Soziale Erhaltungssatzung (oft auch Soziale Erhaltungs- oder Erhaltensverordnung) ist ein bauplanungsrechtliches Instrument, mit dem städtebaulich v.a. sog. "Gentrifizierungsentwicklungen" entgegengewirkt werden soll. Nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 4 BauGB kann eine Gemeinde in einem Bebauungsplan oder durch eine sonstige Satzung Gebiete bezeichnen, in denen zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung (sog. "Milieuschutz") der Rückbau, die Änderung oder die Nutzungsänderung baulicher Anlagen der Genehmigung bedürfen. Auf diese Weise können bestimmte Auflagen für bauliche Änderungen und Nutzungsänderungen an Gebäuden festgesetzt werden, wie z. B. die Genehmigungsbedürftigkeit der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen. Die Landesregierungen werden nach § 172 Abs. 1 Satz 2 BauGB ermächtigt, für die Grundstücke in Gebieten einer (Erhaltungs-)Satzung durch Rechtsverordnung mit einer Geltungsdauer von höchstens fünf Jahren zu bestimmen, dass die Begründung von Wohnungseigentum oder Teileigentum (§ 1 WEG) an Gebäuden, die ganz oder teilweise Wohnzwecken zu dienen bestimmt sind, nicht ohne Genehmigung erfolgen darf.

Die Genehmigung darf versagt werden, wenn die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung aus besonderen städtebaulichen Gründen erhalten werden soll. Sie ist u. a. dann zu erteilen, wenn auch unter Berücksichtigung des Allgemeinwohls die Erhaltung der baulichen Anlage oder ein Absehen von der Begründung von Wohnungseigentum oder Teileigentum wirtschaftlich nicht mehr zumutbar ist, die Änderung einer baulichen Anlage der Herstellung des zeitgemäßen Ausstattungszustands einer durchschnittlichen Wohnung unter Berücksichtigung der bauordnungsrechtlichen Mindestanforderungen oder der Anpassung an die baulichen oder anlagentechnischen Mindestanforderungen der Energieeinsparverordnung dient, das Wohnungseigentum oder Teileigentum zur eigenen Nutzung an Familienangehörige des Eigentümers veräußert werden soll, das Gebäude im Zeitpunkt der Antragstellung zur Begründung von Wohnungseigentum oder Teileigentum nicht zu Wohnzwecken genutzt wird.

Das Hanseatische OVG trat in seinem Urteil der Auffassung der Klägerin entgegen und stellte klar, dass im Erhaltungsgebiet noch deutliches Aufwertungspotenzial bestehe, so dass es durchaus zu weiteren Verdrängungsszenarien führen könne. Das Ziel der Verordnung sei nicht der Schutz ärmerer Bevölkerungsschichten, sondern der Erhalt der sozialen Zusammensetzung eines Stadtteils. Das Gesetz stelle an die Art der Wohnbevölkerung, deren Zusammensetzung durch eine Erhaltungssatzung gewahrt werden soll, keine besonderen Anforderungen. Schutzwürdig sei deshalb ein Gebiet mit grundsätzlich jeder Art von Wohnbevölkerung, soweit deren Zusammensetzung aus besonderen städtebaulichen Gründen erhalten werden soll. Die Soziale Erhaltenssatzung für den zentral an Hauptbahnhof und Außenalster gelegenen Stadtteil St.Georg, der neben dem Bahnhofsviertel und zahlreichen Hotels und Restaurants auch Museen, Theater und die Fachhochschule beherbergt und in den vergangenen Jahren eine stetige Aufwertung aber auch Gentrifizierung erfahren hat, sei daher nicht nur zulässig, sondern auch ein geeignetes Mittel, um Verdrängungsprozesse zu verhindern. Dies war nicht zuletzt auch für den ebenfalls mit einer derartigen Konstruktion geschützten Stadtteil St.Pauli in Frage wiederholt gestellt worden. Für mehrere (insbesondere innenstadtnahe) Stadtteile der Erlass weiterer Erhaltungsverordnungen geprüft.

Das OVG stellte in seiner Entscheidung weitergehend klar, dass die Gemeinde bei der Aufstellung konkret zu bestimmen hat, wie sich die zu schützende Wohnbevölkerung zusammensetzt, und die räumliche Abgrenzung des Erhaltungsgebiets so vorzunehmen hat, dass das Schutzziel in wesentlichen Teilen des Gebietes erreicht werden kann. Es müsse die abstrakte Gefahr bestehen, dass im Erhaltungsgebiet infolge baulicher Maßnahmen eine unerwünschte Veränderung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung eintritt, und diese Veränderung zu negativen städtebaulichen Folgen führt.



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